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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie
Autoren: Alfred Bekker
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eine Gestalt am Gegenwarts-Ende des Schicksalsteppichs aufragte, die dem trunkenen Schicksalsgott in nahezu jedem Detail glich. Ein eher schwacher Feuerstoß drang aus seinem Maul, was sogleich dazu führte, dass Ghuurrhaan beim Fliegen etwas ins Trudeln geriet. Anscheinend war auch mit einem seiner Flügel nicht alles in Ordnung, sodass er sich ganz darauf konzentrieren musste, selbst unter den im wahrsten Sinn des Wortes erleichterten Bedingungen des Jademonds in der Luft zu bleiben.
    Komm ruhig her!, versuchte ihn Rajin zu beruhigen, woraufhin Ghuurrhaan einen grollenden Laut hören ließ, der an ein heraufziehendes Unwetter erinnerte.
    Wenig später landete er in unmittelbarer Nähe. Einige der Webergesellen konnten sich aufgrund der geringen Fallgeschwindigkeit, die auf dem Jademond herrschte, gerade noch vor dem niedergehenden Koloss in Sicherheit bringen, denn der setzte deutlich ungeschickter als sonst auf dem Boden auf. Zweifellos waren auch dafür die Blessuren verantwortlich, die er durch Groenjyrs Wurf davongetragen hatte.
    Ganz ruhig, Ghuurrhaan!, wandte sich Rajin in Gedanken an den Drachen. Er wusste nicht mehr, wie viel Zeit seit dem Einsturz des Kuppelbaus vergangen war, und er hatte auch das Gefühl, dass die Zeit an sich außer Kraft gesetzt war und keine Bedeutung mehr hatte.
    Inzwischen waren am Himmel nur noch verwirrende Lichtspuren zu sehen. Bis zum Horizont hatte Brajdyr den Teppich des Schicksals auflösen lassen, und geblieben war nur ein Chaos aus beseelten Fäden, von denen manche schon damit begannen, sich selbst zu netzartigen Gebilden zusammenzuschließen, die von Webergesellen erneut getrennt werden mussten.
    Dann gebot Brajdyr der weiteren Auflösung des Schicksalsteppichs Einhalt, und die Weber begannen wieder mit ihrer üblichen Arbeit, das Schicksal zu weben, auch wenn ihre Arbeit aufgrund der überall herumliegenden Fäden deutlich schwieriger war als sonst.
    Durch Rajin ging plötzlich ein Ruck, dann bestieg er Ghuurrhaans Rücken. Auf geht‘s, alter Freund – auch wenn dir die Knochen wehtun mögen!, sandte er seinem Reittier, was Ghuurrhaan mit einem dumpfen Laut quittierte, der wohl so etwas wie Verwunderung ausdrücken sollte.
    „Was hast du vor?“, rief Kallfaer, der mindestens so verwundert war wie Ghuurrhaan.
    „Ich will das Leben deiner Tochter und deines Enkels retten!“, rief der letzte Drachenkaiser. „Sonst wäre für mich alles umsonst gewesen. Komm mit, wenn du willst, oder bleib hier, ganz wonach dir der Sinn steht!“
    Kallfaer überlegte nicht lange, und er hatte Ghuurrhaans Rücken noch nicht ganz erklommen, da erhob sich der Drache bereits wieder taumelnd in die Lüfte. Kallfaer musste sich an einem der Riemen des Drachengeschirrs festhalten, um nicht herunterzufallen. Schließlich nahm er keuchend im Sattel Platz und rief: „Was soll der überstürzte Aufbruch?“
    „Die Weber knüpfen das letzte Stück des Schicksalsteppichs neu, und ich will Nyas Faden finden“, erklärte Rajin, „ihre Spuren im Muster – und auch die von Kojan II.“
    Im Tiefflug lenkte Rajin den Drachen zu jener Stelle, bis zu der der Teppich auf breiter Front aufgelöst worden war.
    „Du scheinst überzeugt davon, dass so etwas möglich ist“, sagte Kallfaer, wobei deutlicher Zweifel in seinen Worten mitschwang. „Ich bin ein einfacher Schmied und Seemammutjäger, der mehr von den Göttern und der Natur des Polyversums gesehen hat, als ihm lieb ist. Aber ich gehe deshalb nicht so weit zu behaupten, dass ich irgendetwas davon verstünde.“
    „Da geht es mir wie dir“, erwiderte Rajin.
    Mit einem energischen Gedanken trieb er Ghuurrhaan zu größerer Eile an, und der Drache stieß aufgebracht eine Wolke aus heißem Atem und Rauch aus, gehorchte aber.
    Endlich erreichten sie den Teil des Teppichs, den Brajdyr nicht von den Webern hatte auflösen lassen. Rajin ließ Ghuurrhaan so tief, wie es eben ging, darüber schweben und starrte auf die Muster. Irgendwo dort musste Nyas Schicksal seinen Anfang genommen haben.
    Das Muster verwandelte sich bei längerem Hinsehen, und Gesichter, Personen, absonderlich erscheinende Geschöpfe und Landschaften, die Rajin nie zuvor gesehen hatte, wurden sichtbar.
    „Bist du dir sicher, was von alledem tatsächlich stattgefundene Ereignisse sind und nicht nur Widerspiegelungen deiner eigenen Wünsche?“, vernahm er die Gedankenstimme Komrodors. Rajin versuchte ihn zu ignorieren. „Hörst du mich nicht? Ich rede mit dir, und du solltest mir
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