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Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre
Autoren: Jefferson Bass
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irgendeine Gefahr darzustellen – simulierte die Kontamination der Leiche. Sobald sie fertig waren mit Abwaschen, überprüfte der Techniker mit dem Geigerzähler das Knie noch einmal. Diesmal zeigte das langsame Ticken des Geräts nur die normale Umgebungsstrahlung an. Auf ein Zeichen des Leiters hin wurde die Leiche aus dem Zelt gerollt und zu dem Hänger mit den anderen vierzehn Leichen gebracht, die bereits einer ähnlichen Untersuchung und Dekontamierung unterzogen worden waren.
    Eine nach der anderen spülten sich die Gestalten in den Tyvek-Anzügen unter der kältesten Dusche der Welt ab: einem Sprühnebel aus Seifenwasser, dem wegen der Frosttemperaturen an diesem Tag in letzter Minute noch Alkohol zugesetzt worden war. Die Kontamination des Teams war, wie die der Leichen, nur simuliert, doch es ging darum, die Übung so realistisch wie möglich zu gestalten, wobei die bittere Kälte die Sache erheblich erschwerte. Erst nach dem Duschen wurden die Schutzbrillen und Atemmasken abgelegt. Einem der weißen Anzüge entstieg meine rotgelockte, sommersprossige Forschungsassistentin Miranda Lovelady, einem anderen kurz darauf Art Bohanan, der ortsansässige Fingerabdruckexperte bei der Polizei von Knoxville. Der Teamleiter war der Strahlenschutzexperte Hank Strickland. Hank arbeitete in einer Einrichtung in Oak Ridge namens REAC/TS – dem Notfall- und Ausbildungszentrum für Strahlungsunfälle –, die medizinische Einsatztruppen in alle Ecken der Welt schickte, um bei Strahlenunfällen zu helfen.
    Doch Hank war, genau wie Miranda und Art, heute als freiwilliges Mitglied von DMORT hier, dem Disaster Mortuary Operational Response Team. DMORT war in den 1990er-Jahren gegründet worden, um bei Katastrophen mit einer großen Zahl von Todesopfern wie Flugzeugunglücken oder Wirbelstürmen bei der Identifikation der Opfer zu helfen. Es war zwar Teil des öffentlichen Gesundheitswesens der USA, doch die Teams setzten sich aus Freiwilligen mit spezialisierten und zuweilen auch recht makabren Fähigkeiten zusammen. In ihren Reihen fanden sich Bestattungsunternehmer, Leichenbestatter, Ärzte, forensische Anthropologen, Polizeibeamte und Feuerwehrleute, Menschen, die den Umgang mit Leichen und Knochen gewohnt waren. DMORT-Freiwillige, darunter auch Studenten von mir, hatten auf Ground Zero nach dem Terrorangriff auf das World Trade Center heroische Arbeit geleistet und nach der Zerstörung von New Orleans und der Golfküste durch den Wirbelsturm Katrina im Jahr 2005 dort zwei Monate lang Leichen geborgen und identifiziert.
    Art selbst war nach Katrina sechs Wochen lang in Louisiana gewesen, um aufgeblähten, halb verwesten Leichen Finger- und Handabdrücke abzunehmen. In einem Fall hatten sie es mit der Leiche eines Mannes zu tun gehabt, der vom steigenden Wasser auf einem Speicher gefangen worden war. Mehr als hundert Tage, nachdem der Mann auf dem Speicher ertrunken war – was man wirklich nur als Ironie des Schicksals bezeichnen kann –, hatten Art und ein Kollege einen Abdruck abnehmen und ihn identifizieren können.
    DMORT-Teams waren mit Tod und Verwesung vertraut. Doch diese Übung heute stand für eine schreckliche, neue Wende in der Arbeit von DMORT, eine Reaktion auf den Albtraum vom 11. September 2001. Kurz nach 9/11 war speziell für den Einsatz bei Katastrophen durch Massenvernichtungswaffen das WMD-Team von DMORT gebildet worden – in bitterer Anerkennung der Tatsache, dass Terroristen, die zivile Flugzeuge zu fliegenden Bomben umfunktionieren, auch chemische, biologische und atomare Terroranschläge von gigantischem Ausmaß unternehmen könnten. Die Kontamination der Opfer bei solchen Anschlägen würde bei der Bergung und Identifizierung der Leichen einzigartige Probleme aufwerfen. Die Übung des WMD-Teams hier auf der Body Farm war ein erster Schritt, um Verfahrensweisen für den Umgang mit radioaktiv verseuchten Leichen zu entwickeln und zu testen – Kontaminationen, wie sie zum Beispiel ausgelöst würden, wenn im Hafen von New York eine radiologische oder »schmutzige« Bombe explodieren würde.
    Obwohl es mich bekümmerte, dass Pläne für den nuklearen Katastrophenfall entwickelt werden mussten, erfüllte es mich mit Stolz, dass meine Forschungseinrichtung ihren Beitrag dazu leisten konnte. Die Body Farm war der einzige Ort in der Welt, wo eine Katastrophe mit einer großen Zahl von Todesopfern realistisch mit zahllosen Leichen simuliert werden konnte. Obwohl fünfzehn nur ein winziger Bruchteil
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