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Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter
Autoren: Josephine Pennicott
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würde sagen, jemand vom Festland. Die fahren hier immer wie die Verrückten. Das hat sie nie verwunden. Ihr Mann ist ein Jahr später mit der Tochter des Postlers durchgebrannt. Es muss der Schock gewesen sein. Ein junges Ding, gerade mal zwanzig und ein Gesicht wie ein Schaf. Also die war wirklich keine Schönheit, aber Mr Pennyquick muss irgendwas in ihr gesehen haben. Mrs Pennyquick blieb hier, backte Kuchen und führt inzwischen das Geschäft besser, als er es je getan hat, der Depp. Das Letzte, was ich gehört habe, war, dass er in Hobart lebt und zwei weitere Kinder hat. Männer sind seltsame Tiere, nicht wahr? Ich bin stets dankbar, dass ich Maxwell hatte. Er war so anders als der übliche schwächliche Typ Mann, dem man für gewöhnlich so begegnet. Viele Männer scheinen sich nur für Weiber, Pferderennen und Alkohol zu interessieren. Haben Sie das Brot von dort schon mal probiert? Die Leute kommen am Wochenende sogar aus Launceton, um Mrs Pennyquicks Kuchen und Brote zu kaufen. Vielleicht verleiht all die Trauer und der Verlust, den sie erlitten hat, den Sachen einen besonderen Geschmack, ihrem Backen eine intensivere Energie? Traurigkeit und Sorgen, gesprenkelt mit Sesam und Körnern … Die Menschen versuchen heutzutage so sehr, glücklich zu sein, nicht wahr? Arme Trottel mit ihren Selbsthilfebüchern und Fernsehshows. Als ich jung war, haben die Leute das Leben viel mehr akzeptiert. Man hat einfach weitergemacht. Ich bin sicher, es ist das Fernsehen, das diese unerreichbaren Erwartungen schafft.«
    »Welche Dinge hat Pearl nicht gerne loslassen wollen?«, fragte Sadie im Versuch, die Unterhaltung wieder zurück aufs Thema zu lenken.
    Birdie warf ihr einen schelmischen Blick zu. »Nun, vor allem Maxwell. Er sagte Pearl schon Monate vor ihrem Tod, dass er sie verlassen wollte. Sie hat es sehr schlecht aufgenommen. Für sie war es schwierig, zu begreifen, dass er wirklich absolut genug von all ihren Faxen hatte und sie nicht mehr liebte. Pearl glaubte, es sei ihr gottgegebenes Recht, dass die Leute sich vor ihrem Altar verneigten – sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie es mit jemandem zu weit treiben konnte. Seltsam, wie die Menschen mitunter so clever auf manchen Gebieten und so dumm auf anderen sein können. Ich schätze mal, wir sind eben komplexe Wesen.«
    »Maxwell wollte sie verlassen, weil er sich in Sie verliebt hatte«, wagte Sadie einzuwerfen. »Das muss für meine Großmutter ziemlich hart gewesen sein.«
    »Es hat ihr nicht gefallen, nein. Aber Pearl hatte ihre eigenen Liebeleien. Ich kann Ihnen ehrlich sagen, dass sie sich, als Maxwell gehen wollte, keine grauen Haare hat wachsen lassen.«
    »Haben Sie irgendeine Vorstellung davon, wer meine Großmutter umgebracht hat?«, fragte Sadie.
    Birdie klopfte sich an die Schläfe. »Da oben war sie schwach«, sagte sie. »Heute würde man das vermutlich als bipolare Störung oder als Zwangsneurose bezeichnen und medikamentös behandeln. Damals wusste man wenig über psychische Krankheiten und hatte auch nicht viel Mitgefühl. Wir wussten, dass viele der Männer, die aus dem Krieg zurückkamen, nicht ganz richtig im Kopf waren, aber das nahmen alle eben so hin – da gab es keine Therapie und keine Medikamente. Diese Männer haben ihre Launen möglicherweise an ihren Frauen und Familien ausgelassen, aber auch das akzeptierte man. Ihre Generation ist viel empfindlicher. Zu meiner Zeit tolerierten die Leute exzentrisches Verhalten einfach – wie Madge Bunnings Sohn. Er war immer ein sehr seltsamer Junge. Hatte so einen gewissen unsteten Blick, wenn Sie verstehen, was ich meine. Wenn man versuchte, mit ihm zu reden, kicherte er nur, grunzte wie ein Schwein oder tat so, als sei er ein deutscher Soldat, oder irgendein Unfug dieser Art. Eines Tages zog er alle seine Kleider aus, marschierte mit einem Gewehr die High Street hinunter und brüllte, die Würmer würden seine Innereien fressen und seine Augäpfel würden brennen. Hat alle Passanten verschreckt. Bald darauf hat man ihn nach New Norfolk geschickt. Madge hatte noch acht weitere Kinder und wohnte in einem winzigen Cottage in der Earl Street, bevor es abgebrannt ist. Zweifellos war es für sie ein Segen, als man Errol weggeschickt hat. O meine Liebe, ich bin schon wieder abgeschweift.«
    »Was hat Pearl gemacht, dass Sie glauben, sie sei psychisch krank gewesen?«
    »Was sie gemacht hat? Viel zu viel, um darauf in dieser kurzen Unterhaltung einzugehen!« Birdie stand mühsam auf, lehnte aber
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