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Doppeltes Spiel (German Edition)

Doppeltes Spiel (German Edition)

Titel: Doppeltes Spiel (German Edition)
Autoren: Franziska Hille
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Plastikmöbeln wenig einladend aussah. Dennoch flüchtete sie sich hinein, bestellte einen Café und einen Pastis und setzte sich in die vom Fenster am weitesten entfernte Ecke.
    Sie ignorierte, so gut es ging, den über der Theke laufenden Fernseher und holte ihr Smartphone aus der Tasche. Margos Anschluss war besetzt, und sie hörte nur die Ansage der Mailbox. Ohne etwas darauf zu sprechen, legte sie auf und trank ihren Pastis. Das Durcheinander ihrer Gedanken und Gefühle begann sich ein wenig zu beruhigen. Sie sichtete den Inhalt ihrer Handtasche, fand zu ihrer großen Erleichterung ihre Kreditkarte und ihren Personalausweis - was hätte sie nur getan, wenn beides in ihrer Reisetasche geblieben wäre? - und bezahlte ihre Rechnung.
    »Können Sie mir ein Taxi rufen?«, fragte sie den Wirt. Der schob seine Zigarette von einem Mundwinkel in den anderen, nickte mürrisch und griff nach dem Telefonhörer.
    Die Fahrt durch Avignon verlief wie im Nebel. Am Bahnhof kaufte sie eine Fahrkarte nach Hamburg und setzte sich dann auf den Bahnsteig. Ihr Zug nach Paris fuhr erst vierzig Minuten später, und die ganze Zeit saß sie wie versteinert auf der Bank und wagte nicht aufzublicken oder sich zu bewegen. Sie fühlte sich wie ein Wild auf der Flucht, das jeden Moment seinem Jäger vor die Flinte laufen konnte. Als der Zug einfuhr, stürzte sie zur nächstgelegenen Tür und drängelte sich ohne Rücksicht auf die aussteigenden Reisenden ins Innere des Zuge. Schimpfen und empörte Ausrufe folgten ihr, aber sie beachtete sie nicht.
    Mit zitternden Knien sank sie in einen freien Sitz, und erst, als der Zug anfuhr, wagte sie es, sich zu entspannen.

12. Kapitel
    »B ist du nicht traurig?« Lysettes Kollegin Angelika drehte sich in dem leeren Zimmer um die eigene Achse und machte eine alles umfassende Bewegung mit den Armen. »So eine schöne Wohnung kriegst du zu dem Preis hier nie wieder. Die Mieten sind hier im letzten Jahr explodiert!«
    Lysette stopfte zwei Tischtücher in einen der Bücherkartons und schüttelte den Kopf. »Ich komme bestimmt nicht nach Hamburg zurück. Das ist vorbei.«
    Angelika stemmte die Hände in die Hüften - eine typische Geste für eine jugendliche Naive, dachte Lysette ironisch. »Also, das ist nur eine vorübergehende Laune«, diagnostizierte sie altklug. »Du hast Liebeskummer, da sieht die Welt immer rabenschwarz und trüb aus. Warte ab, bis der nächste schöne Mann vorbeikommt. Lajos hatte in der letzten Zeit schon ganz schön Bauch angesetzt, findest du nicht?«
    Lajos. Lysette musste einen Moment nachdenken, bis sie wieder wusste, wer Lajos war. »Angelika, ich habe mit ihm vor paar Monaten Schluss gemacht. Nicht umgekehrt«, sagte sie geduldig. »Ich habe keinen Liebeskummer, schon gar nicht wegen Lajos!«
    »So«, sagte Angelika spitz, »das klang im Sommer aber noch ganz anders.« Sie ging zum Fenster und schaute hinaus. »Es regnet«, sagte sie trübsinnig. »Meine Güte, was für ein scheußlicher Januar. Und der Dezember war auch nicht viel besser. Ich könnte so meine Koffer packen und in den Süden fliegen.«
    Lysette hörte nicht zu. Sie schloss den letzten Karton und sah sich zufrieden um. »Das war's«, sagte sie. »Die Spedition kann kommen. Wolltest du das Bett jetzt übernehmen oder nicht?«
    Lysette hatte sich entschieden, Hamburg schon drei Wochen eher den Rücken zu kehren und noch eine Weile in Margos momentan unbewohnter Maisonette in Düsseldorf zu bleiben, ehe sie ihren neuen Lebensabschnitt in der Ortenau begann.
    Margo wohnte jetzt beinahe ständig in Rom bei ihrem Ettore, wenn sie nicht gerade mit ihm auf seiner Jacht war oder in seinem schicken Penthouse in New York oder auf einer der unzähligen Modemessen. Das war ein Leben, das wie gemacht war für ihre rastlose Schwester.
    Lysette hatte seit dem desaströsen Provence-Intermezzo nur noch zweimal mit Margo gesprochen, beide Male am Telefon. Ihr Bericht über ihre kopflose Flucht aus Avignon hatte Margo zu einem Lachanfall veranlasst, der minutenlang jedes vernünftige Gespräch verhindert hatte.
    »Lys, du bist unbezahlbar«, keuchte Margo schließlich und fuhr fort: »Warte, ich muss mir einen Drink holen.« Dann hatte sie sich alles noch einmal haarklein erzählen lassen.
    Gut, der Scheck, der ein wenig später bei ihr eintraf, war deutlich höher ausgefallen als sie vorher vereinbart hatten. Das sollte sie wohl ein bisschen für den ausgestandenen Schrecken entschädigen. Lysette war es recht. Sie hatte weder
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