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DoppelherzTOD

DoppelherzTOD

Titel: DoppelherzTOD
Autoren: Henner Kotte
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gesehen.« Ihren verletzten Finger reckte sie wie zum Beweis.
    Walter sprach wie ein Professor vor uneinsichtigen Studenten. »Fakt ist: Annetta Loepki ist verschwunden. Fakt ist: Ich habe Annettas Blutspuren im Schlafzimmer der Mutter gefunden. Mehr sage ich dazu nicht. Habe sowieso schon zu viel erzählt.«
    »Mord, Walter, du sprichst hier von Mord! Keine Mutter bringt ihre Kinder einfach um, um dem Vater damit eins auszuwischen.«
    »Medea ließ den Vater sogar die eigenen Kinder verspeisen.«
    »Die Neue setzt dich wohl unter Druck? Du vermiest einem ja den ganzen Tag mit deiner Laune.« Frederikes Tonfall hätte das Bier gefrieren lassen können. »Wegen eines verlorenen Portemonnaies verdächtige ich doch nicht rechtschaffene Leute des Mordes.«
    Kain sprach im Tonfall eines Unterstufenlehrers. »Mensch, Walter, die Loepki sitzt jeden Tag hier und guckt, als verstünde sie die Welt nicht mehr. Diese Frau möchte nur ihr Kind zurück. Sie sitzt hier und wartet und wartet. Du sagst doch selbst, es klingt plausibel, dass der Vater das Kind entführt hat.«
    »Ich sage gar nichts, ich trink noch ein Bier.« Frederike zuckte die Schultern und gab auf, schob aber ein weiteres Glas unter den Hahn. Kain wurde zu neuen Gästen gerufen, blieb aber noch an der Theke stehen.
    Frederike hielt ihren Finger unter den Wasserhahn. »Jetzt redet ihr schon wieder nur über die Arbeit, und ich hatte gehofft, das sei vorbei.« Frederike stellte Walter das volle Glas hin. Kain ging kurz zu den Gästen.
    »Es ist ohne Ehrlicher und den Kain nichts mehr so, wie es war. Und die Neue, die kannste vergessen.«
    »Du wirst dich an sie gewöhnen, mein Lieber.« Frederike trocknete ihre Hände, und Kain sagte seine Bestellungen an. Die Wirtin füllte die Gläser.
    »Na, wie gefällt dir der Job hier? Ist Frederike eine strenge Chefin? Auf mich jedenfalls macht sie so einen Eindruck.« Walter redete, wohl um überhaupt etwas zu sagen.
    Kain sah noch mehr Gäste den Waschsalon betreten. Es wurde voll. Für Gespräche hatte er keine Zeit. Aber Walter hielt ihn am Ärmel fest. »Da steckt mehr dahinter, sage ich dir. Die richtigen Fragen hat der Loepki noch keiner gestellt.«
    »Ich werde sie ihr auch nicht stellen. Ich habe meinen Dienst quittiert.«
    »Du kannst doch die Dame einfach mal so nebenbei fragen. Vielleicht antwortet sie dir. Der Neuen auf Brunos Stuhl könnte einer mal ihre Grenzen zeigen. Nicht nur ich tat mich freuen.«
    »Walter, du willst die Chefin aus dem Westen mobben? Das gehört sich nicht.«
    »Nein, ich will einen Fall aufklären.«
    »Dafür bin ich nicht dein williges Werkzeug. Walter, du verrennst dich total.«
    »Mein Gott, fragen kannst du die Loepki doch mal. Wer soll dich denn daran hindern? So als Privatmann, schließlich bist du doch Kriminalist.«
    »War, Walter, war.«
    »Mensch, wer einmal Kriminalist war, der bleibt es. Dein Berufsethos kann dir doch nicht so schnell abhanden gekommen sein. Einmal Bulle, immer Bulle.«
    »Ich habe nie mit illegalen Methoden gearbeitet. Und dazu willst du mich augenscheinlich gerade überreden.«
    »Aber die Fälle hast du geklärt.« Walter nahm einen Schluck. »So wie es aussieht, kommt der Fall Loepki ungelöst zu den Akten. Die Staatsanwältin hat auch keinen Zweifel an dieser Entführungsgeschichte. Du könntest doch mal so als guter Bekannter…«
    »Nein. Ich kenne Rebecca Loepki nicht, und ich spiele für euch nicht den Romeo und verführe einsame Herzen. Das sind Stasi-Methoden.«
    »Du sollst Rebecca Loepki nichts vorspielen. Sie soll dir die Wahrheit sagen. Ganz einfach.«
    »Nur weil du diese Schabowski nicht magst…«
    »Ich bin Polizist, ich rieche, wenn etwas faul ist. Und hier ist etwas faul, Kain, und du bist auch Polizist. Und ein guter.« Walter stürzte sein Bier hinunter.
    »Schluss jetzt!« Frederike schob Kain fünf volle Biergläser und einen Tomatensaft entgegen. Die eingetretene Kundschaft rief bereits nach dem Herrn Ober. Erst nach Minuten hatte Kain Zeit zu verschnaufen. Walter saß vor einem neuen Bier, Kain hatte nicht mitgezählt, bei dem wievielten er inzwischen war. Dann hörte er eine unangenehme Stimme, die er schon aus der Zeit seiner Ausbildung kannte: leicht näselnd, hoch, autoritär.
    Die Stimme keuchte, war laut. Zu laut. Der ganze Saal drehte sich zu ihnen um. »Habe ich euch doch gleich erkannt. Na, das Leben noch frisch?« Walter und Kain blickten einem fremden Mann ins ungesund rote Gesicht. Der lachte sie an. »Ich bin’s, der
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