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DoppelherzTOD

DoppelherzTOD

Titel: DoppelherzTOD
Autoren: Henner Kotte
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Bruno oft genug in den Ohren gelegen, mit seiner freien Zeit sinnvoll etwas anzufangen. Und Kreuzworträtsel waren ja wirklich keine Alternative.
    »Na, was? Wir schreiben auf, was uns passiert ist. Ich erinnere mich an den zerstückelten Vater auf den Feldern von Störmthal. Den zerstochenen Jungen im Bauschutt. Die gefesselte Hure in der Südvorstadt. Und unsere Fälle aus Dresden. Ganz Sachsen, wenn wir die Kollegen fragen.«
    »Da bindet uns die Schweigepflicht, Frieder.«
    »Die Fälle sind geklärt und verjährt. Zumindest die meisten. Endlos könnte ich erzählen, und du kannst das auch, Bruno. Wir könnten’s ihnen zeigen, dass wir keine Deppen waren.« Ehrlicher reagierte nicht. Und Hosfeld war mit seiner Argumentation noch nicht am Ende. »Los, Bruno, dich haben sie doch auch aus dem Dienst rausgeekelt.«
    »Woher willst du das denn wissen? Ich bin ganz normal in Rente gegangen.« Ehrlichers Stimme klang aggressiver als beabsichtigt.
    Hosfeld spielte den Jovialen. »Man trifft sich, man hört einander zu. Und die Neue kommt aus einer schwäbischen Kleinstadt. Schabowski, glaube ich, mit Namen. Jetzt rühren sie in der Scheiße. Selbst Schuld.«
    »Davon weiß ich nichts und will ich nichts wissen.«
    »Bruno, dir sieht man deine Wut noch immer an. Du hättest doch weitergemacht, wenn sie dich nur gelassen hätten. Du stirbst noch an einem Tatort, haben die Kollegen gelästert. Und sie hatten recht.«
    Dazu sagte Ehrlicher nichts. Es stimmte, dass sein Abgang aus dem Polizeidienst nicht ganz freiwillig gewesen war. Dass Hosfeld ihm zur Seite sprang, war nachvollziehbar. Ihm hatte der neue deutsche Staat eine Chance in seinem Berufsleben erst gar nicht gestattet. Als alle Strukturen nach bundesdeutschen Maßstäben etabliert und zementiert waren, gab es keinen Major Frieder Hosfeld mehr. Der war da Frühpensionär. Und jetzt wollte Hosfeld Memoiren schreiben, um es denen heimzuzahlen. Für solche Retourkutsche war sich Ehrlicher einfach zu schade. Da machte er nicht mit.
    Hosfeld hatte sich in Begeisterung geredet. »Einen Verlag finden wir schon, wenn ihn unsere Gerichtsmediziner gefunden haben…« Der alte Major sprach von neuer Karriere und Auflagenhöhe, er hatte sich bereits erkundigt und ein erstes Expose eingereicht. Die Antwort müsste in den nächsten Tagen kommen, und abschlägig konnte die keinesfalls sein. Hosfeld hatte Hoffnung. »Ich sehe den Titel schon vor mir. Leipziger Leichen.«
    »Leipziger Lerchen war besser.« Walters Scherz war keiner, doch offensichtlich folgte er noch immer ihrem Gespräch, auch Frederike und Kain schauten nicht desinteressiert.
    Nein, Ehrlicher würde sich nicht zu diesem privaten Rachefeldzug eines Herrn Hosfeld hergeben. Das würde er nicht. »Was ich schreibe, geht keinen was an.«
    »Ach, was? Bruno, du warst der Rezitator auf all unseren Polizeifesten. Selbst Gedichtetes hast du vorgetragen. Mit viel Erfolg. Beifall gab’s ohne Ende.« Die Runde war bass vor Erstaunen. »Bruno, gedichtet?« Das war Frederike neu.
    »Ja, natürlich. Und nicht einmal schlecht.«
    »Nein!«, schrien sie am Tisch, nur Walter guckte mit einem seligen Lächeln ins Bierglas. »Nein, Bruno!«
    »Kann ich mich echt nicht erinnern. Das ist ein Irrtum, der Thümmler war immer gut drauf, der ist das gewesen.« Ehrlicher konnte nichts mehr verhindern. Natürlich war es nicht der Hauptmann Thümmler gewesen. Hosfeld hatte ganz recht, er, Bruno Ehrlicher, hatte vor versammelter Mannschaft sein eigenes Geschreibsel vorgetragen. Im Überschwang von Lob, erfolgreichem Fußballspiel (sie waren die beste Polizistenmannschaft im ganzen Bezirk) und Geburtstag des Chefs hatte Ehrlicher erstmals gedichtet. Den Kollegen gefiel’s. Und so gehörten seine gedrechselten Verslein fortan zu jeder Fete dazu. Sogar im Brigadetagebuch hatte man sie abgeheftet. Hosfeld hatte doch nicht etwa… Er hatte und entfaltete kopiertes Papier mit lila Schrift.
    »Frieder, ich bitte dich!« Ehrlicher war aufgesprungen. Hosfeld ignorierte seine ausgestreckte Hand. Die gemütliche Runde wollte sowieso hören, alles wollte sie hören, was Ehrlicher gedichtet hatte. Nur Walter lächelte in sein fast leeres Bierglas, als ginge ihn das nichts an.
    Hosfeld stand auf, bat um Ruhe und begann zu rezitieren: »Tätigkeitsmerkmale eines Kriminalisten von Bruno Ehrlicher.«
    »Frieder! Nein!«, schrie Ehrlicher und versuchte, Hosfeld das Papier zu entreißen. Frederike zog ihn mit Macht zurück auf seinen Stuhl. Die Runde
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