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Donovans Gehirn

Donovans Gehirn

Titel: Donovans Gehirn
Autoren: Curd Siodmak
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aufhören, das Hirn zu ernähren. Er hat Furcht bekommen! Er möchte es sterben lassen – aber es ist zu spät. Ich muß mich weigern.
    Wie konnte ich zustimmen, wenn es vielleicht um mein eigenes Leben ging, wenn es vielleicht über meine Macht ging, seinen Wunsch zu erfüllen? Wenn das Hirn seine telepathische Kraft mir aufzwingt und nicht mehr Patrick, so muß ich seine Befehle ausfuhren.
    Ich habe immer nach dem verborgenen Sinn des Lebens getastet, und jetzt weiß ich! Das Leben hat mich auf diese Aufgabe vorbereitet. Ich denke jetzt so klar, wie ich nie zuvor gedacht. Meine Jahre sind nicht verschwendet. Ich glaube an keine einzelne Religion, sondern ich glaube an sie alle, denn das Gottsuchen ist eine persönliche Aufgabe.
    Eines Tages wird Patrick wissen und – verstehen, aus einer Weisheit heraus, die von innen kommt.
    Ich weiß – ich verstehe!
     

Fünfzehnter Mai
     
    Ich habe die Möglichkeit verpaßt, es zu töten!
    Heute ist ein Mann in das Laboratorium eingebrochen, er versuchte, das Hirn mit einem Schraubenschlüssel anzugreifen. Der plötzliche Angriff zerstreute seine Wachsamkeit. Das wäre die Zeit für mich gewesen, es zu töten! Es muß etwas Gewaltsames geschehen – nur dann kann es zerstört werden.
    Ich bin froh, daß ich nicht vorschnell versuchte, es zu berühren. Es hätte mich ebenso ermordet wie den Fremden. Es kann Leben zerstören, indem es einem Menschen einfach zu sterben befiehlt. Sein Herzschlag stockte auf telepathisches Kommando.
    Der Enzephalograph registrierte die Erregung des Hirns. Die Federstriche waren weit auseinandergezogen, als bewege sich das Hirn in seinem Glasgefäß.
    Ich rief Patrick an, aber er wollte nicht verstehen. Zu ihm sprechen war nicht anders, als zum Hirn selbst sprechen!
    Wenn ich wieder diese Macht-Explosionen herstellen und nicht auf mich selbst lenken könnte ... das wäre der Augenblick! Ich kann ihn nicht verfehlen!
     

Siebzehnter Mai
     
    Ich darf nicht wagen, den Toten aus dem Hause zu nehmen oder das Krankenhaus oder die Leichenkammer anzurufen. Ich fürchte, das Hirn würde mich daran hindern, und das darf ich nicht riskieren.
    Zwei Nächte habe ich nicht geschlafen. Ich darf die Augen nicht schließen – denn ich könnte den Augenblick verpassen. Und der nagende Zweifel, ob ich Erfolg haben werde, untergräbt meinen Mut.
    Patrick hat mir in seiner bewundernswerten intellektuellen Ehrlichkeit oft gesagt, daß ich ein Versager sei. Nun bin ich nicht mehr so ganz überzeugt davon. Manchmal braucht ein Mensch sein ganzes Leben dazu, eine einzige Wahrheit zu lernen, und hier ist die Wahrheit und die Lehre, die ich zurücklasse:
    Versuche Gott nicht in deinem Laboratorium zu finden, Patrick! Suche ihn unter Menschen – dort wirst du ihm begegnen!
    Hier bricht der Bericht ab.
     

Einundzwanzigster Mai
     
    Schratt war tot, als wir in Washington Junction ankamen.
    Janice und ich hatten auf unserer schnellen Fahrt über zweihundertfünfzig Meilen Chaussee nicht von ihm gesprochen. Wir wußten, was uns erwartete.
    Sie saß dicht neben mir, so daß ich die Nähe ihres Körpers fühlte. Mit jedem Atemzug, den sie tat, wurde mir ihre Gegenwart bewußter. Ich brauchte nur in ihr Gesicht zu blicken – ruhig in seinem Vorauswissen – und alle Furcht, Donovan könne zurückkehren, wich aus meinem Herzen.
    Als wir vor unserm Haus in Washington Junction hielten, kam Tuttle aus seinem Laden zu uns gelaufen. Er war erleichtert, daß ich kam. Er und Phillips hatten sich schon Sorgen um Schratt gemacht. Sie hatten gerade ein Gespräch nach dem Roosevelt-Hotel angemeldet. Schratt hatte meine Adresse bei Tuttle deponiert, im Falle man ihn drei Tage nicht sehen sollte, hatte ihnen aber ausdrücklich verboten, das Haus zu betreten.
    Ich dankte Tuttle und schickte ihn in seinen Laden zurück, mit der Versicherung, ich würde ihn rufen, falls ich ihn brauchte. Er ging zögernd und hielt auf halbem Wege auf der Straße an, um mich auf meinen Hof treten zu sehen.
    Wir gingen zusammen durch den hinteren Garten. Ich fürchtete mich, das Laboratorium zu betreten. Um mich auf den unvermeidlichen Schock vorzubereiten, wollte ich zuerst einen Blick durchs Fenster werfen.
    In der Einfahrt stand ein neues Cadillac-Coupé, vermutlich das Yocums.
    Eines der Laborfenster war eingedrückt, aber die Vorhänge waren zugezogen. Innen brannte das Licht, und es summte fortgesetzt.
    Ich schloß die Hintertür auf und bat Janice, draußen zu bleiben, bis ich sie rief. Ich wollte ihr
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