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Donnerstags im Park - Roman

Donnerstags im Park - Roman

Titel: Donnerstags im Park - Roman
Autoren: Hilary Boyd
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ihren faulen Schwiegersohn. »Ich muss das auch«, konterte sie.
    »Du musst nicht.«
    »Nicht aus finanziellen Gründen, sondern für mich.« Tränen traten ihr in die Augen. »Dein Vater scheint uns abgeschrieben zu haben, Chanty. Ich bin nicht alt; vielleicht stehe ich nicht mehr in der Blüte des Lebens, aber diese Zitrone hat durchaus noch Saft.«
    Chanty lächelte. »Klar, Mum«, versicherte sie ohne rechte Überzeugung. »Du siehst viel jünger aus, als du bist. Ein Umzug aufs Land käme keinem Todesurteil gleich. Viele Leute sind dort ganz glücklich, weißt du.«
    »Ja, ja, und es gibt sogar Golfplätze.«
    Ihre Tochter sah sie fragend an. »Wir dachten alle, dir wäre es recht, mal einen Gang zurückzuschalten.«
    Da klingelte es an der Tür, und im ersten Stock begann Ellie zu weinen.
    »Ich hole sie.« Jeanie stand von dem Liegestuhl auf und ging hinauf zu ihrer Enkelin.
    Plötzlich nahm der Laden eine völlig neue Bedeutung für Jeanie an. Als sie am Dienstag nach Ostern die Tür öffnete, betrachtete sie die Schachteln mit Weizenkeimlingen und Spinat, die sich davor stapelten, mit ebenso liebevollem Blick wie die Pfütze vor der Kühlvitrine, die Cocktailtomaten, die über Nacht weich geworden waren, und die endlosen Verfallsdaten, die sie überprüfen musste. Und als Jola ihr mitteilte, dass die neue Mitarbeiterin schon wieder verschwunden war, bevor sie richtig angefangen hatte, blinzelte sie nicht einmal. Ja, vieles an dem Geschäft fand sie nervtötend, aber trotzdem liebte sie es. Es war ihr Lebensinhalt, und sie führte es gut.
    Den Rest des Ostertages hatte sie sich geweigert, mit George zu reden. Das Essen war toll gewesen, das Lamm perfekt, das Dessert ein Triumph, und Alex’ Freund und seine Frau hatte sie dafür, dass sie mit Alex befreundet waren, erstaunlich charmant gefunden. Alex selbst wirkte in ihrer Gesellschaft weniger nervös. Trotzdem hatte Jeanie nur so tun können, als fühlte sie sich wohl. Bestimmt war das – außer ihrem immer auf Schwächen anderer lauernden Schwiegersohn – niemandem aufgefallen, denn das gehörte zu den Vorteilen des Alters: Man hatte gelernt, sich zu verstellen.
    Am Dienstag nach den freien Ostertagen ging es im Laden hektisch zu, und Jeanie und Jola kamen bis zum Nachmittag kaum zum Luftholen. Obwohl Jeanie lächelnd mit ihren Kunden plauderte, Regale auffüllte und Lieferungen ordnete, lag ein Schatten über dem Tag.
    Erfreut las sie die SMS ihrer Freundin Rita: Platz reserviert für heute um 5. R X.
    Rita, eine groß gewachsene, athletische Südafrikanerin mit gebräuntem Teint, war bereits auf dem Platz, als Jeanie am Waterlow Park eintraf. Obwohl Wolken am Himmel hingen und ein kühler Aprilwind wehte, wartete Rita in ihrer makellos weißen Tenniskleidung und den leuchtend weißen Schuhen. Jeanie hingegen trug eine graue Jogginghose und ein schwarzes T-Shirt. Sie hatten ziemlich genau die gleiche Spielstärke, so dass sie sich jede Woche einen erbitterten Kampf lieferten. Rita hatte mehr Kraft und einen mörderischen Aufschlag, bewegte sich jedoch langsamer als Jeanie. Jeanie war taktisch kreativer und spielte eine Spur genauer als Rita. Keine von beiden konnte behaupten, im Lauf der Jahre die andere bezwungen zu haben, und so war jeder Sieg ein Triumph.
    Heute stolperte Jeanie schwerfällig herum, als klebten ihre Füße am Boden fest.
    »Mein Gott«, rief Rita aus, nachdem sie den ersten Satz gewonnen hatte. »Wach auf, Mrs L., ich habe fast das Gefühl, allein zu spielen.«
    Jeanie hob verlegen den Schläger. »Sorry. Heute klappt’s irgendwie nicht.« Der zweite Satz lief auch nicht besser.
    Sie packten ihre Sachen vor Ende der Stunde und setzten sich auf ihre Lieblingsbank mit Blick über die Stadt. Die Sonne, die gerade unterging, tauchte den Park in kühles, sanftes Licht.
    »Raus mit der Sprache«, forderte Rita Jeanie auf.
    »Du weißt, dass wir uns schon eine Weile mit dem Gedanken tragen, uns ein Wochenend-Cottage zuzulegen?«
    Rita nickte.
    »George reicht das nicht. Er möchte das Haus verkaufen und von London weggehen. Es ist ihm ernst; er hat die ganze Familie hinter sich. Chanty hat mich an Ostern bearbeitet. Und Alex. Für sie ist es beschlossene Sache. Verkauf den Laden, du bist alt, du musst nicht arbeiten und so weiter und so fort.«
    Rita schnaubte verächtlich. »Mistkerle! Sie können dir nicht vorschreiben, was du zu tun und zu lassen hast.« Sie sah ihre Freundin an. »Darauf lässt du dich doch nicht ein, oder?«
    Jeanie
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