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Donnerstags im Park - Roman

Donnerstags im Park - Roman

Titel: Donnerstags im Park - Roman
Autoren: Hilary Boyd
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beschleunigte sich. Würde er ihr mitteilen, dass er sie verlassen würde? Möglicherweise hatte er die vergangenen zehn Jahre eine Geliebte gehabt, in deren Armen er sein Alter verbringen wollte. Das würde manches erklären. »Ja?«, ermunterte sie ihn.
    »Wir reden doch schon Ewigkeiten von einem Wochenend-Cottage, oder? Nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluss gelangt, dass es unlogisch ist, zwei Häuser zu haben.«
    Jeanie nickte. »Vielleicht hast du recht. Ein Zufluchtsort wäre schön, aber dann steht man unter Druck, regelmäßig hinzufahren, und bei mir im Geschäft ist nun mal am Wochenende am meisten los.«
    Sie aßen schweigend weiter.
    »Das meine ich nicht«, sagte George und begann, mit dem Brot auf seinem Teller herumzuspielen. Er brach es in winzige Stücke und drückte diese zu Kügelchen zusammen, bevor er sie wieder zurücklegte.
    Jeanie wartete verwundert, während ihr Mann bedächtig kaute.
    »Ich meine, statt uns ein Wochenend-Cottage zu suchen, sollten wir das Haus verkaufen und ganz aufs Land ziehen.«
    »Wie bitte?«, fragte Jeanie verblüfft. »Das Haus verkaufen? Ist das dein Ernst?«
    George ließ blinzelnd den Wein in seinem Glas kreisen, bevor er einen großen Schluck trank. »Ich weiß, das wäre eine ziemlich einschneidende Veränderung.«
    »Aber dieses Haus ist seit Generationen in deiner Familie.«
    »Und?« Er klang aufrichtig überrascht.
    »Wo aufs Land?« Jeanie wusste nicht, welche Frage sie zuerst stellen sollte; der Vorschlag überraschte sie zu sehr. George hatte schon in dem weitläufigen Gebäude in Highgate gewohnt, als sie ihn in den siebziger Jahren kennenlernte. Damals schlief er noch auf dem Sofa im – wie er es nannte – Frühstückszimmer, inmitten von Büchern und Erinnerungsstücken seines verstorbenen Onkels Raymond. Jeanie hatte sich seiner angenommen, die schweren viktorianischen Möbel in den Speicher verbannt und das Gemäuer mit hellen Farben und modernen Stoffen auf den Stand des zwanzigsten Jahrhunderts gebracht. Trotz ihrer eigenen Vorbehalte war Jeanie stets der Überzeugung gewesen, dass George gern darin wohnte.
    »Aber da ist der Laden. Den kann ich nicht einfach im Stich lassen«, gab Jeanie, schockiert über den Vorschlag ihres Mannes, zu bedenken.
    »Willst du nicht mit sechzig in den Ruhestand gehen? Also bald.« Er grinste.
    »In den Ruhestand?«
    »Jeanie, du wirst nächsten Monat sechzig. Mit sechzig ziehen sich Menschen aus dem Berufsleben zurück, jedenfalls Frauen. Du hast dich so oft über den Laden beklagt, wie sehr die Arbeit dort dich erschöpft. Ich bin schon seit Jahren im Ruhestand«, erinnerte George sie.
    Jeanie stand auf und begann, hektisch auf und ab zu gehen. »George, sechzig ist heutzutage kein Alter mehr. Außerdem solltest du es mir überlassen, wann ich zu arbeiten aufhöre.« Sie bedachte ihn mit einem wütenden Blick.
    »Ich nehme dir die Entscheidung ja gar nicht aus der Hand … Beruhige dich, altes Mädchen.« George schüttelte erstaunt den Kopf. »Ich dachte, dir sagt die Idee zu. Du hast immer behauptet, dass es dir auf dem Land gefällt.«
    »Hör auf, mich ›altes Mädchen‹ zu nennen. Du weißt, dass ich das hasse«, herrschte sie ihn an. »Ja, am Wochenende liebe ich das Land, mit einem Buch in der Hand oder bei einem Spaziergang. Aber leben möchte ich dort nicht. Wo überhaupt?«, fragte sie noch einmal.
    George seufzte. »In Dorset, irgendwo am Meer, dachte ich, vielleicht in der Gegend um Lyme. Da ist es wunderschön.«
    Jeanie starrte ihn entgeistert an. »Du hast also schon alles geplant, stimmt’s?«
    Ihr Mann nickte. »Jeanie, ich möchte weg von London, weil ich keinen Sinn mehr darin sehe hierzubleiben. Woanders könnten wir neu anfangen.«
    »Als Kind hast du dich auf dem Land zu Tode gelangweilt«, erinnerte Jeanie ihn, ohne auf den zweiten Teil seiner Bemerkung einzugehen. Sie ahnte schon länger, dass ihm ihr berufliches Engagement nicht recht war, obwohl er das nicht offen aussprach.
    »Ja, als Kind. Jetzt ist die Sachlage anders. In unserem Alter erwarten wir etwas anderes vom Leben.«
    »Du vielleicht. Ich nicht«, erwiderte Jeanie. »Was ist mit unseren Freunden und deinem Golf? Und mit Ellie?« Ihre Enkelin war die Trumpfkarte, die ihm sicher den Wind aus den Segeln nehmen würde.
    »Ellie kann uns besuchen, Wochenenden und Ferien bei uns verbringen. Das gefiele ihr, und es täte ihr gut, von London wegzukommen. Neue Freunde würden wir schon finden. In Dorset gibt’s sogar
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