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Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm
Autoren: Alexander Kent
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Geschwaders waren. Inchs Zweidecker
Helicon
mußte nun jeden Augenblick von der Nore hier eintreffen. Danach ging es unter neuer Order hinaus auf See, wo jedes gesichtete Schiff wahrscheinlich ein Feind war. Nach Gibraltar zuerst – und dann?
    Während Keen gedankenversunken an Deck auf- und abging, machte Bolitho sich mit seinem noch fremden Quartier vertraut. Der alte Degen hin g an seinem Halter über der prächtigen neuen Waffe, für die in Falmouth gesammelt worden war. Er konnte sich noch deutlich an den Tag erinnern, als ihm sein Vater die alte Klinge im grauen Haus der Bolithos geschenkt hatte. Die Schande seines älteren Bruders Hugh, der zu den aufständischen amerikanischen Kolonisten desertiert war, hatte der Alte nie verwunden. Eigentlich hätte Hugh den Degen bekommen sollen. Nun würde Adam ihn eines Tages tragen.
    Bolitho trat in die Schlafkammer und schaute in den Spiegel. Nächsten Monat wurde er siebenundvierzig. Wo waren die Jahre geblieben? Er sah zwar zehn Jahre jünger aus, aber der Gedanke an die so schnell verstrichene Zeit bedrückte ihn. Er dachte an Belinda in Falmouth. Würde er bei seiner Rückkehr weitere Veränderungen vorfinden? Mit einer Grimasse wandte er sich vom Spiegel ab. »Falls ich zurückkomme.«
    Ozzard fuhr zusammen. »Sir?«
    Bolitho lächelte. »Nichts. Ich war nur zu lange an Land.« Ozzard verstaute Kleider in einem schönen alten Kleiderschrank. Bei einer seiner Schubladen zögerte er und begann die Hemden erneut glattzustreichen. Dabei berührte er die Miniatur einer jungen Frau mit langem, kastanienfarbenem Haar und grünen Augen. Wie schön sie ist, dachte er.
    Twigg, sein neuer Helfer, lugte ihm über die Schulter.
    »Hängen wir das Bild auf, Tom? Wenn ich so eine Frau hätte, täte ich das.«
    »Zurück an die Arbeit!« Ozzard schloß die Schublade sorgfältig. Es war nicht Twiggs Schuld, daß er das Bild mit einem von Lady Belinda verwechselt hatte. Ozzard aber wußte es besser: Er hatte Bolitho ihren Namen rufen hören, als er schwer verwundet gewesen war:
Cheney…
Warum hatte sie sterben müssen? Er hob ein Paar Schuhe auf und starrte es blicklos an.
    Das Deck schwankte leicht. Ozzard seufzte.
    Dies war ein Leben, das er verstand. Und es war besser als das auf den Sträflingsschiffen.
    Drei Tage später segelte das kleine, von
Argonaute
geführte Geschwader bei kräftigem Nordwind mit Westkurs den Ärmelkanal hinunter.
    Für den Admiral war kein Brief mehr eingetroffen. Bolitho verschloß seinen in der Kassette und sah zu, wie das Land in der Abenddämmerung hinter ihm versank.
Mein England, wann sehe ich dich wieder?
    Gleichgültig wie immer, verweigerte die See ihm jede Antwort.

In Seenot
    Bolitho schritt übers Poopdeck und beobachtete die drei Linienschiffe in ihrem Kielwasser. Zwei lange Tage waren vergangen, seit sie vor Spithead Anker gelichtet hatten, und abgesehen vom Exerzieren mit Segeln und Geschützen hatte nur wenig das Einerlei unterbrochen.
    Inchs
Helicon
lag direkt achteraus, in Kiellinie folgten
Dispatch
und
Icarus,
die dazu allerdings erst ein paar unverblümte Rüffel vom Flaggschiff hatten erhalten müssen. Sie mußten jetzt lernen, auf Station zu bleiben und jedes Signal ohne Verzögerung zu beantworten. Später hatten sie für so etwas keine Zeit.
    Weit an Steuerbord stand in Luv die einsame Fregatte
Barracouta,
bereit, vorm Wind heranzueilen, ein gesichtetes Schiff zu überprüfen oder ihre größeren Begleiter zu unterstützen. Bolitho konnte sich alle Schiffe mit ihren Kommandanten vorstellen, obwohl er letztere vor dem Auslaufen nur kurz gesprochen hatte. Die Brigg
Rapid
und der verwegene kleine Kutter
Suprème
liefen dem Flaggschiff weit voraus und fungierten als seine Augen und Aufklärer.
    Bolitho hatte die Lagebesprechung Keen überlassen, als sich die Kommandanten in der Messe der
Argonaute
versammelten. Ansprachen, die nur einen Selbstzweck erfüllten, haßte er. Wenn sie erst Gibraltar erreicht hatten, würde er genauer wissen, was von ihnen erwartet wurde; dann konnte er den anderen seine Absichten darlegen.
    Inchs Gesicht war vor Freude ganz zerknittert, als er von Bolitho an Bord willkommen geheißen wurde. Verändert hatte er sich nicht. Er war immer noch so eifrig und vertrauensselig, daß Bolitho seine Zweifel nie mit ihm hätte teilen können. Inch würde allem zustimmen, was er tat, und ihm selbst bis an die Pforten der Hölle folgen.
    Bolitho wandte sich um und sah den Matrosen bei der Arbeit auf dem Batteriedeck
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