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Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm
Autoren: Alexander Kent
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heftigsten Nahgefechte, deren sich Bolitho entsinnen konnte, aufgebracht hatten, nun kurz davorstand, am Vormast seine Flagge zu tragen.
Achates
war ein altes Schiff gewesen und würde nun viele Monate in der Werft bleiben. Von den früheren Gefechten in der Karibik hatte sie sich nie so recht erholt.
Argonaute
dagegen war vergleichsweise neu und auf ihrer Jungfernfahrt gewesen, als sie von ihnen zur Kapitulation gezwungen worden war.
    Er fragte sich vage, ob erbeutete Schiffe etwas gegen ihre neuen Herren und ehemaligen Feinde hatten. Er war einmal Flaggkapitän auf einer Prise gewesen, konnte sich jedoch an seltsame Vorkommnisse dort nicht entsinnen.
    Er hatte ohnehin keine andere Wahl. Jedes Schiff, jeder erfahrene Seemann wurde gebraucht, denn während England seine Kraft erlahmen ließ, hatte der alte Feind jenseits des Kanals aufgerüstet. Neue Schiffe, eifrige junge Kapitäne und eine riesige, auf Sieg erpichte Armee zeichneten ein düsteres Bild für Englands Zukunft.
    Einige Seesoldaten, die an der Hafenmauer Schutz gesucht hatten, nahmen Haltung an, als sich die beiden Offiziere näherten.
    Auch Allday würde ihm fehlen, dachte Bolitho. Diesmal sollte Hogg, Keens Bootsführer, mit der Barkasse an den Stufen warten. Allday hatte Urlaub erbeten, um jemanden zu besuchen. Das war an sich schon merkwürdig. Denn Allday bat sonst nie um Vergünstigungen oder sprach über Privatangelegenheiten, und Bolitho fragte sich, ob er wohl sein Angebot annehmen werde, an Land zu bleiben. Abgesehen von einem kurzen Zwischenspiel als Schäfer war Allday sein ganzes Leben auf See gewesen und hatte sich seinen Abschied von der Marine tausendmal verdient. Und auf der
Achates
hatte sein Leben fast ein Ende gefunden. Bolitho dachte oft an den Tag, an dem sein Bootsführer einen Säbelhieb in die Brust erhalten hatte, der ihn eigentlich auf der Stelle hätte töten müssen. Nun war er zwar auf seine heitere, unverwüstliche Art der Alte, doch man merkte ihm die Wunde an. Aufrechtes Gehen fiel ihm schwer, und Bolitho wußte genau, wie sehr das seinen Stolz verletzte. Oft hatte man Allday mit einer Eiche oder einem treuen Hund verglichen. Doch Allday war nichts dergleichen, sondern ein Freund, auf den er sich verlassen konnte, der Bolitho besser kannte als jeder andere.
    Sie kamen an die Stufen, und Bolitho erblickte unter sich die schaukelnde Barkasse. Hogg und ein junger Leutnant warteten mit erhobenen Gesichtern barhäuptig im Boot. Die hochgestellten Riemen bildeten zwei perfekte weiße Linien, die geteerten Hüte und karierten Hemden der Mannschaft verrieten deutlich, was Keen bereits aus der Besatzung gemacht hatte.
    Vermutlich beobachtete Keen ihn nun durch sein Fernrohr, neben sich Bolithos neuen Flaggleutnant Hector Stayt. Die Väter von Stayt und Bolitho, beide aus Cornwall, hatten zusammen gedient. Stayt kam mit guten Empfehlungen, sah aber eher wie ein Abenteurer aus als wie jemand, der diplomatisch zwischen Admiral und Untergebenen vermitteln sollte.
    Tausend Sorgen und mögliche Irrtümer gingen Bolitho durch den Sinn, doch sein Gesicht war gefaßt, als er sich zum letzten Mal seinem Neffen zuwandte. Aus dem Augenwinkel hatte er gesehen, daß Adams kleine Gig von ihrer Crew, die den jungen Kommandanten schon erwartete, klargehalten wurde.
    Es war Ebbe, und er sah einen alten Mann am Kiesstrand Treibholz sammeln. Der Mann schaute auf und die beiden Offiziere direkt an. Sie hätten in der Tat Brüder sein können mit ihrem schwarzen Haar und dem festen Blick ihrer grauen Augen. Adam trug die Haare nach neuer Mode kurz, Bolitho hatte den Zopf beibehalten.
    Der Mann am Strand deutete einen Salut an, und Bolitho nickte. Ein letztes Lebewohl.
    »Tu jeden Schritt mit Bedacht, Adam«, sagte er. »Wenn du diesmal nicht in Schwierigkeiten kommst, gibt man dir als nächstes eine Fregatte.«
    Adam lächelte. »Ich segle mit deinen Depeschen nach Gibraltar, Onkel. Danach hänge ich sowieso an den Schürzenbändern der Flotte.«
    Bolitho erwiderte sein Lächeln. Ihm war, als sähe er sich selbst als jungen Draufgänger. »Schürzenbänder sind dehnbar.« Er drückte ihn an sich, ohne sich um die strammstehenden Seesoldaten und zusehenden Bootsgasten zu kümmern. Wie zu sich selbst sagte er: »Gott sei mit dir.«
    Und dann, als Adam seinen neuen, goldbetreßten Hut abnahm und sich das rabenschwarze Haar vom Wind zausen ließ, hastete Bolitho die Stufen hinunter. Er nickte dem Leutnant im Boot zu. Das war ein Gesicht aus der jüngeren
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