Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
Wirklichkeit so aufgebracht hatte, daß er zu früh an Bord gegangen war.
    »So viele Männer, manche kaum mehr als kleine Jungen«, sagte er leise. »Farquhar, Keverne, Veitch.« Er wandte den Blick ab. »Erinnern Sie sich noch an den kleinen Neale? Und die anderen – wo sind sie? Tot, verstümmelt, oder sie fristen ihr Leben in pockenverseuchten Spitälern. Und wofür?«
    Keen hatte ihn noch nie so erlebt. »Damit wir die Franzmänner besiegen, Sir.«
    Bolitho packte ihn am Arm. »Gewiß! Aber noch viele gute Männer werden für die Selbstgefälligkeit und Dummheit anderer bezahlen müssen.« Er bezähmte sich und sagte gelassener: »Ich gehe jetzt meine Depeschen lesen. Speisen Sie heute abend mit mir, Val.«
    Keen tippte bestätigend an seinen Hut und sah Bolitho nach. Als sein Blick dabei auf Stayt fiel, den neuen Flaggleutnant, fragte er sich, wie dieser wohl Bolithos Neffen oder den früheren Adjutanten Browne ersetzen würde.
    Keen schritt zur Querreling und stützte sich darauf. Bald würde das Schiff wieder lebendig sein, ein gutfunktionierendes Wesen, angetrieben von seinen drei Segelpyramiden. Er schaute auf zu Bolithos Flagge am Vormast. Unter keinem Mann diente er lieber, keinen respektierte, verehrte er mehr. Jeden Tag, seit er als Midshipman Bolithos Schiff betreten hatte, war seine Zuneigung gewachsen. Trotz Tod und Gefahr in der Südsee, wo Bolitho beinahe dem Fieber erlegen war, hatte er noch die Kraft gefunden, ihn über seinen Verlust hinwegzutrösten. Keen dachte an die liebliche Malua, die dieses Fieber nicht überlebt hatte. Anders als die meisten Seeoffiziere war er danach unverheiratet geblieben, hatte ihren Tod nie ganz verschmerzt.
    Er musterte sein Schiff und war mit dem, was in so kurzer Zeit erreicht worden war, recht zufrieden. Wieder entsann er sich der pausenlosen Breitseiten, des Gemetzels auf und unter Deck während ihres letzten Gefechts. Er berührte seine linke Schulter, wo ihn ein Splitter getroffen und zu Boden geschleudert hatte. Manchmal schmerzte die Stelle noch. Doch er lebte, das war entscheidend. Er sah auf zu den Männern hoch über Deck, die mit Spleißen und anderen Arbeiten beschäftigt waren.
    Zu seinem Glück hatte er einige der älteren, erfahrenen Männer von
Achates
behalten: Big Harry Rooke, den Bootsmann; den Zimmermann Grace, der bei der Reparatur in Plymouth Gold wert gewesen war. Selbst Black Joe Lantry, der furchteinflößende Schiffsprofos, war auf die
Argonaute
gekommen. Doch fehlten noch Matrosen. Keen rieb sich das Kinn, wie Bolitho es tat, wenn er über ein Problem nachsann. Der Hafenadmiral und ein Amtsrichter taten ihr Bestes, aber Keen wollte erstklassige Seeleute, keine Verbrecher. Bei diesem Gedanken schaute er hinüber zu den beiden Truppentransportern, die Sträflinge in die neue Kolonie Australien bringen sollten. War das die rechte Art, ein Territorium zu bevölkern?
    Paget, der Erste Offizier, kam übers Deck und grüßte.
    »Bitte um Genehmigung, die Männer während der Nachmittagswache an der unteren Batterie üben zu lassen.«
    Keen sah ihn nach achtern zur Poop schielen und lächelte. »Keine Angst, Mr. Paget, unser Admiral weiß ordentliche Schießkunst sehr zu schätzen. Und ich auch.«
    Paget entfernte sich. Ein guter Offizier und etwas älter als die anderen, hatte er während des Friedens von Amiens bei der Handelsmarine gedient. Eigentlich stand ihm nun ein Kommando zu, wenn auch nur ein kleines Schiff. Der neue Kommandant der kleinen
Suprème,
Hallowes, war bis vor dem Gefecht Keens Vierter Offizier gewesen. Keen sah sie noch vor sich: Adam Bolitho und Hallowes bei ihrer tollkühnen Attacke über das Heck der
Argonaute.
Mit einer Handvoll Männer hatten sie Sprengladungen am Großmast angebracht und ihn gefällt. Der Feind hatte fast sofort die Flagge gestrichen. Warum also nicht auch Paget? Sein Zeugnis war gut, und er schien ihm tüchtig genug.
    Keen begann mit gesenktem Kopf auf- und abzugehen, vergaß für den Augenblick das Rasseln der Flaschenzüge und die heiseren Rufe seiner Decksoffiziere, die das Einnehmen von Proviant beaufsichtigten. Fest stand nur, dachte er, daß dies ein härterer Krieg werden würde. Das Gefühl, nach einem so kurzen Frieden betrogen, ja verraten worden zu sein, mußte Jähzorn wecken.
    Er freute sich auf das Wiedersehen mit Inch, der bei Bolithos Anblick über sein ganzes langes Pferdegesicht strahlen würde. Ernüchternd war der Gedanke, daß Inch und er die einzigen Vollkapitäne des ganzen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher