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Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm
Autoren: Alexander Kent
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über Stayt nach, dessen kranker Vater die Seefahrt aufgegeben hatte und Land beim Flecken Zennor bewirtschaftete. Stayts Brüder waren Geistliche, aber der Leutnant hätte in eine Soutane nicht gepaßt. Er war dunkelhäutig und hatte braune, ruhelose Augen wie ein Zigeuner. Zwar sah er nicht so gut aus wie Keen, hatte aber die markanten Züge, die Frauen anziehend fanden. Bolitho wußte, daß Stayt immer eine Pistole unter der Jacke trug, und hätte ihn gern nach dem Grund gefragt. Seltsam, als rechne er ständig mit Ärger.
    Sheaffe sprach eindringlich mit seinem Helfer und erkletterte dann rasch die Wanten zum Besanmast. Die meisten Fähnriche hätten Stayts Bemerkung einfach hingenommen, aber Sheaffe war gekränkt. Ein Midshipman war weder Fleisch noch Fisch, er stand zwischen den Offizieren und Matrosen und genoß von keiner Seite viel Respekt. Seltsam nur, daß sie das sofort vergessen, sobald sie Leutnants werden, dachte Bolitho.
    »Von
Suprème,
Sir!« Sheaffes Stimme klang scharf. »Es ist die
Orontes!«
    »Eines der Sträflingsschiffe«, meinte Keen. »Sie lief zwei Tage vor uns aus.« Er sah Bolitho fragend an. »Merkwürdig.«
    »Von
Suprème,
Sir: Schiff bittet um Beistand.«
    »Signal an
Suprème.«
Keen hatte Bolitho nicken gesehen.
    »›Beidrehen und auf Flaggschiff warten.‹« Er wartete ab, bis das Signal gesetzt worden war, dann ließ er an alle signalisieren:
»›Mehr Segel setzen.‹«
    Stayt schob sein Teleskop mit einem vernehmlichen Schnappen zusammen. »Geschwader hat bestätigt, Sir.« Bolitho sah zu, wie die Matrosen rasch in die Wanten stiegen und auf den Rahen auslegten, um mehr Segel zu setzen. Die anderen Schiffe folgten
Argonautes
Beispiel. Zwar drohte keine offenkundige Gefahr, aber das Geschwader mußte seine Formation halten. Bolitho kannte sich mit tückischen Fallen aus, seinen eigenen und denen des Feindes. Er riskierte nichts.
    Das Deck vibrierte, und Gischt sprühte über die Bugreling, als
Argonaute
auf den zusätzlichen Segeldruck reagierte.
    »Wir erreichen sie um die Mittagszeit, Sir.« Keen überwachte das Setzen jedes einzelnen Segels; er rief: »Fockbrasse in Luv dichter holen, Mr. Chaytor! Ihre Gang ist heute konfus!« Er setzte den Schalltrichter ab. Am Trupp des Leutnants gab es nicht viel auszusetzen, doch es konnte nicht schaden, ihn ein wenig schärfer anzufassen. Bolithos Lächeln verriet Keen, daß er durchschaut worden war.
    Luke Fallowfield, der Sailing Master, sah in die prallen Segel und stellte einen weiteren Mann an das große Doppelruder. Er war schon auf anderen Flaggschiffen Master gewesen, aber nirgends war es zugegangen wie auf dem Bolithos. Die meisten Admirale blieben in ihren Kajüten, dieser aber nicht. Fallowfield war kleinwüchsig und gebaut wie ein Faß, sein Kopf saß direkt auf den Schultern wie ein großer roter Kürbis. Er war ein schlampiger Klotz von Mann, der meist eine Rumfahne hinter sich herzog, doch seine Kenntnisse in Navigation waren unerreicht.
    Bolitho begann sich an ihre Gesichter und die Art, wie sie mit Vorgesetzten und Untergebenen umgingen, zu gewöhnen. Ohne diese Kontakte hätte er sich in sein abgeschirmtes Quartier verbannt gefühlt. Insgeheim mußte er zugeben, daß er mit seinen Gedanken nicht allein sein wollte.
    Mit jeder Stunde wurde
Orontes
größer, ragte höher aus dem grauen Wasser. Die in der Nähe beigedreht liegende
Suprème
blieb Zuschauerin.
    Sobald
Argonaute
auf Signaldistanz herangekommen war, bemerkte Keen: »Die haben ihr Ruder verloren, verflucht!«
    »Der andere Transporter war ein ehemaliger Indienfahrer und in gutem Zustand.« Stayt verzog verächtlich den Mund.
    »Aber der da ist eine Hulk. Zum Glück meint es die Biskaya gut mit ihnen.«
    Bolitho griff nach einem Fernrohr und beobachtete den langsamen Signalaustausch. Stayt hatte mit seinem Urteil
    Segelmeister, Skipper: zuständig für Navigation und Seemannschaft recht: Die
Orontes
sah aus wie ein Sklavenschiff, nicht wie ein Transporter der Regierung.
    »Wenn wir sie in Schlepp nehmen, Val, reduzieren wir unsere Stärke und verzögern unser Vorankommen.« Bolitho sah Keens Bestürzung. »Aber aufgeben können wir sie auch nicht.«
    »Wir kriegen Sturm, Sir.« Fallowfield starrte die Offiziere ausdruckslos an. »Da bin ich ganz sicher.«
    »Das entscheidet den Fall.« Bolitho verschränkte die Arme. »Schicken Sie ein Boot hinüber und stellen Sie fest, was aus ihrem Begleitschiff, der
Philomela,
geworden ist.« Er sah Big Harry Rooke, den
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