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Don Fernando erbt Amerika

Titel: Don Fernando erbt Amerika
Autoren: Ewald Arenz
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Ich bin für Ergeben, nebenbei gesagt.«
    Quetzal mischte sich ein: »Ich sage jetzt vielleicht etwas Dummes, aber sollten wir nicht noch ein bisschen abwarten? Vielleicht gehen diese Leute da draußen wieder weg. Ich meine, Cortés ist damals auch irgendwann wieder verschwunden. Mir macht es nichts aus, eine Zeit lang eingesperrt zu sein.«
    Christoph starrte den Azteken an. Mit deutlichem Ekel fragte er: »Sie sind auch ein Langlebiger, oder?«
    Quetzal nickte. Christoph fühlte sich einmal mehr schrecklich alt.
    »Na ja«, sagte er müde. »Es ist nur so, dass ich mich schwer mit dem Gedanken an zwanzig oder dreißig Jahre Wartezeit abfinden kann. Dann gehe ich lieber ins Gefängnis, das ist mit läppischen fünfzehn Jahren abgetan.«
    »Ach so«, sagte Quetzal erleichtert. »Dann bin ich auch für Ergeben.«
    »Ich bin dagegen«, sagte Gilead düster. »Denn wenn wir uns ergeben, sind wir tot. Alle. Ohne Ausnahme. Aber Fernando wird am totesten sein.«
    »Es gibt keine Steigerung zu tot«, sagte Kathrin automatisch.
    »Für Fernando doch«, sagte Gilead, »denn seine Fetzen werden über ganz Nürnberg verteilt sein. Ich bin für Kämpfen.«
    »Wir stimmen ab!«, sagte Christoph.
    Das Ergebnis war pari, und Hutzis Stimme war nicht gezählt worden.
    »Also gut«, sagte Christoph ergeben und setzte sich auf den Boden. »Dann warten wir eben.«
    Plötzlich dröhnte eine megafonverstärkte Stimme durch den Burghof und die zerschossenen Fenster: »Hallo, ihr da drin!«
    Die Polizisten hatten einen Pfarrer gefunden.
    Christoph, Gilead und Bébé erbleichten.
    »Hallo, Papa!«, sagte Christoph schwach und versank in gnädiger Ohnmacht.
    »Gut!«, sagte Kretschmer aufgeregt zu dem Pfarrer. »Holen Sie die da raus!«
    »Hört mal zu, Jungs«, sagte die gelassene Megafonstimme, »Gott liebt uns alle, egal, was wir getan haben. Man kann über alles reden, und nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird …«
    Kretschmer rieb sich die Hände. Von diesem Mann ging eine unglaubliche Überzeugungskraft aus. Einige der Polizisten hatten die Waffen sinken lassen, andere falteten still die Hände. Grau dämmerte der Morgen über Nürnberg herauf. Pfarrer Friedrich sprach weiter:
    »Und ich möchte, dass ihr wisst, Jungs«, seine Stimme schraubte sich in beschwörenden Höhen, manch gläubiger Amerikaner sank in die Knie, »ihr alle, die ihr da drin seid, die ihr in einer aussichtslosen Lage seid«, noch einmal hob sich die Stimme und schlug alle in den Bann, »dass Gott alle liebt, außer diesen Scheißbullen hier – und dass ihr gefälligst drinbleibt und kämpft und sie alle macht – und lasst euch bloß nichts erzählen, die wollen euch kaltmachen und … lasst mich sofort los, ihr Ketzer! Fasst mich nicht …«
    Die Stimme verstummte jäh, als dem Pfarrer das Megafon aus der Hand gerissen wurde.
    »Toll!«, sagte Bébé nach einer kleinen Pause sarkastisch. »Vielen Dank, Herr Friedrich!« »Okay!«, seufzte Christoph, der wieder erwacht war und nun aufstand und zum Fenster ging. »Okay!«
    Er lehnte sich aus dem Fenster und schrie nach unten: »Also gut! Wir ergeben uns!«
    Erik war tief deprimiert, als er in seinen gepanzerten Wagen stieg, sich auf das Robbenfell des Fahrersitzes setzte und den Wagen startete. Sie hatten ihn nicht angerufen. Sie steckten bestenfalls in Schwierigkeiten, wahrscheinlich waren sie tot. Keine einzige Gruppe hatte ihn angerufen. Und er musste morgen vor Judge Calipsee treten und ihm sagen, dass er keinen Erben hatte, keinen Zeugen, keine Beweise und schließlich auch keinen Fall mehr. Es würde der erste Fall in Jahrhunderten sein, den die Anwaltskanzlei Gierschlund & Raffke verlor. Und es würde das Ende seiner Existenz als Anwalt sein. Und als Freund. Und wahrscheinlich als Mensch, denn es war nicht anzunehmen, dass Calipsee und seine Freunde im Weißen Haus ihm verzeihen würden, dass er versucht hatte, die Vereinigten Staaten aufzulösen. Aber gut. Er würde Manns genug sein, vor diesen Richter zu treten und anständig zu verlieren. Schließlich war er immer noch ein Wikinger. Stolz reckte er den Kopf und trat aufs Gaspedal. Er hatte noch einen langen Weg vor sich.
    Tiefes Schweigen lag über dem Innenhof der Burg. Eine immense Spannung hatte sich über alle Anwesenden gelegt. Die kleine Armee der Angreifer stand wieder ordentlich in Reih und Glied, die Maschinenpistolen im Anschlag. Die Marines hatten sich an strategisch günstigen Stellen postiert, was die Polizisten mit einer
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