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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)
Autoren: Daniel Hanover
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Gemeinschaftstür empor. Yardem lehnte sich an die Mauer, sein Gesichtsausdruck nichtssagend, aber die Ohren aufgestellt. Cithrin klopfte.
    Sie hatte gehofft, dass jemand anders öffnen würde. Jemand von den anderen Mietern oder der Mann, der das Haus führte. Etwas, wodurch die tatsächliche Unterhaltung sich noch um ein oder zwei Minuten verschoben hätte. Sie hatte kein Glück. Oder, viel wahrscheinlicher, er hatte an der Tür gelauert und auf Nachricht von ihr gewartet. Seine aschgraue Haut und die übergroßen schwarzen Augen seiner Rasse ließen ihn wie ein Kind wirken. Sein Lächeln war strahlend und zögerlich zugleich.
    »Magistra Cithrin«, sagte er, als wäre ihr Erscheinen eine freudige Überraschung. Ihr wurde das Herz schwer. »Bitte, kommt herein. Ich habe gerade Tee gemacht. Bedient Euch, bedient Euch. Und auch Euer Tralgu-Freund.«
    Cithrin blickte zu Yardem zurück. Sie glaubte Mitleid in seinem Blick zu erkennen, war sich aber nicht sicher, für wen es bestimmt war.
    »Ich bin gleich zurück«, sagte sie.
    »Bin dann hier«, grollte er.
    Der Gemeinschaftswohnraum roch trotz des kleinen Ofens, der die Luft beinahe unangenehm warm machte, feucht. Die hohe, dünne Stimme eines schreienden Kindes drang von irgendwo weiter hinten heran, auch wenn die Türen geschlossen waren. Cithrin setzte sich auf eine Bank mit Kissen, an denen schlaffe rote und orangefarbene Troddeln hingen, die einst wohl schön gewesen waren.
    »Es ist mir eine Freude, Euch zu sehen«, sagte der Südling. »Ich habe meinem Sohn in Lyoneia geschrieben, und gerade habe ich Antwort erhalten. Er sagt, er könnte …«
    »Ehe wir …«
    »… eine ganze Schiffsladung sogar schon zu Mittsommer beisammenhaben. Die Nüsse vom letzten Jahr sind getrocknet und bereit zum Mahlen. Er sagt, sie duften wie Blumen und Rauch. Er hat das schon immer gut mit Worten umschreiben können. Blumen und Rauch. Findet Ihr nicht?«
    Er wusste es also. Oder erriet es zumindest. Die Worte flossen aus ihm heraus, drängten die ihren zurück. Als könne er das Unvermeidliche auf Abstand halten. Cithrin erinnerte sich daran, an der Küste gewesen zu sein, als sie ganz jung gewesen war. Vielleicht sogar bevor ihre Eltern gestorben waren. Sie wusste, wie es war zu versuchen, eine Welle mit der Hand aufzuhalten.
    »Die Bank kann diesen Plan nicht weiterverfolgen«, sagte Cithrin. »Es tut mir leid.«
    Der Mund des Mannes ging immer noch auf und zu, versuchte weitere Silben hervorzubringen. Seine Brauen bewegten sich, hoben sich mittig und senkten sich außen, bis er wie eine Karikatur der Verzweiflung und Enttäuschung wirkte. Cithrin zwang sich dazu, Luft zu holen. Ihr Magen schmerzte.
    Als er etwas sagte, war seine Stimme leise. »Das verstehe ich nicht, Magistra.«
    »Ich habe Neuigkeiten erhalten, die nichts mit unseren Unterhaltungen zu tun haben, und ich fürchte, dass es der Bank im Augenblick nicht möglich ist, das Darlehen zu gewähren, das Ihr benötigen würdet.«
    »Wenn … wenn ich Euch nur den Brief vorlesen könnte, den mir mein Sohn geschickt hat, Magistra. Wisst Ihr, wir könnten …« Der Mann schluckte, schloss die riesigen Augen und ließ den Kopf hängen. »Darf ich fragen, weshalb nicht?«
    Weil Ihr die falschen Augen habt , dachte Cithrin. Weil meine Notarin es mich nicht tun lässt. Es tut mir genauso leid wie Euch. Sie dachte an all die Dinge, die sie nicht sagen konnte, weil das bedeutet hätte zuzugeben, dass Pyk Usterhall über sie bestimmte. Wenn das öffentlich bekannt wurde, wäre das letzte bisschen Einfluss verschwunden, das sie über ihre Bank besaß. Daher verhärtete sie stattdessen ihre Seele und gab vor, eine Ban kiersfrau zu sein, die ihren eigenen Willen durchsetzte und eine Macht besaß, die mit ihrer Verantwortlichkeit einherging.
    »Ihr wisst, dass ich aus den Unterhaltungen, die andere mit mir führen, nichts ausplaudern darf«, erklärte sie. »Genauso wenig würde ich unsere Diskussionen an andere weitergeben.«
    »Nein. Natürlich nicht«, sagte er und öffnete die Augen. »Besteht die Möglichkeit, dass Ihr es Euch anders überlegt?«
    »Ich fürchte, nein«, antwortete sie, und jedes Wort hatte seinen Preis.
    »Nun gut. Also danke. Wollt … wollt Ihr immer noch Tee?«
    »Ich bin nicht betrunken«, sagte Cithrin.
    »Seid Ihr nicht«, stimmte Yardem zu.
    »Weshalb kann ich dann nicht noch ein Glas haben?«
    »Weil Ihr dann nicht-betrunken bleibt.«
    Sie waren nicht zurück in die Schenke gegangen. Das war der Ort,
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