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Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Titel: Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
Autoren: Fulvio Ervas
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hier auf euch.«
    Stucky reichte die Taschenlampe an seine Leute weiter.
    Ob er stromabwärts gefahren ist?, fragte sich Stucky. Ein halber Kilometer, möglicherweise noch weniger, und Alessi wäre bei der Anlegestelle angelangt, von der aus die Straße Richtung Flughafen zu erreichen war. Er schüttelte den Kopf. Wenn er hätte flüchten wollen, hätte er das Auto nehmen können. Nein, er ist gegen die Strömung gefahren, hin zur Eisenbahnbrücke, zu dem Punkt also, wo der Fluss sich eine wirbelreiche Schleife geschaffen hat.
    »Signor Inspektor!«
    »Hierher! Ich bin hier …«
    Stucky hievte sich in das Boot und ließ sich die Taschenlampe geben, während die beiden Polizisten so rasch ruderten, wie sie nur konnten. Sie kamen in Schlangenlinien voran, aber der Lichtstrahl reichte nicht aus, um den Wasserlauf voll auszuleuchten. Immerhin gab es in diesem Abschnitt des Flusses keine Schlupfwinkel, in denen man ein Boot hätte verstecken können. Die Ufer waren ordentlich gepflegt, und nur ein dünner Vorhang aus trockenem Röhricht trennte das Wasser vom Land.
    Undeutlich erkannte man die Umrisse der Eisenbahnbrücke und auf ihr die leuchtenden Punkte der Lampen, mit denen die Polizisten dort oben operierten.
    Stucky glaubte, sie zu hören: Das Boot musste irgendwo in der Nähe sein.
    Er war nicht geflohen, der Journalist. Jedenfalls nicht auf die übliche Weise, dachte er.
    Sie sahen das Boot, dessen Bug zwischen den Ästen eines unter Wasser getauchten Baumes stecken geblieben war. Nachdem seine Leute ihr Boot daran festgemacht hatten, ging Stucky an Bord.
    An einer kurzen Metallstange im Heck hingen, wie weiße schlaffe Fahnen, Büstenhalter und Slip der Schepis.
    Kniend beugte der Inspektor sich über die Seitenwand und richtete mehrmals das Licht auf das Wasser, das eine trübe, geheimnisvolle Farbe annahm.
    Er erinnerte sich an eine Erzählung aus seiner Kindheit, an eine Verwandte väterlicherseits, die versucht hatte, sich im Sile zu ertränken. Zu einer Zeit, da das Wasser noch durchsichtig war, stand sie mit dem Fahrrad neben einer alten Brücke und beobachtete das sanfte Wogen der Unterwassergräser, die grünen Haarschopfe tiefer, schlammiger Wesen. Nachdem ein junger Mann, der ihr nachgestürzt war, um sie herauszufischen, sie keuchend ans Ufer geborgen hatte, behauptete sie, einen Ruf vernommen zu haben. Sie sagte, dass die Gräser sprachen und alles von ihr wussten; sie habe sich ihnen weiter annähern wollen, damit sie ihr alles verrieten, wovon sie selbst keine Ahnung hatte.
    Antimama. Stucky gab sich einen Ruck.
    »Die Taucher! Holt die Taucher her!«

24. D EZEMBER
    Sie hatten ihn am Nachmittag des 23. Dezember gefunden, Hunderte Meter flussabwärts, wo er hängen geblieben war.
    Den ganzen Tag über hatte Stucky sich durch die umständliche Abfolge der Prozeduren hindurchgekämpft: Protokolle, Telefonate mit den Vorgesetzten und dem Staatsanwalt. Das Polizeipräsidium hatte noch kein offizielles Kommuniqué herausgegeben, und die Presse hatte sich noch nicht zum Ausgang der Angelegenheit mit den Verkäuferinnen in Stellung bringen können. Natürlich hatte sich die Nachricht vom Tod des Journalisten wie ein Lauffeuer durch die Redaktionen verbreitet und war auch in die Stadt durchgesickert.
    Die Zeitungen vom 23. Dezember hatten eine Wende in den Ermittlungen angekündigt: Es sei eine weitreichende Operation im Gange, um eine Leiche in einem Arm des Sile zu finden. Die Geschichte mit dem verschwundenen Journalisten hatten sie klugerweise in eine kleine Pressenotiz im Lokalnachrichtenteil verbannt.
    Aber am Morgen des 24. Dezember titelten die Lokalzeitungen schon auf der ersten Seite: Leichnam des Verkäuferinnenmörders gefunden , obwohl dieser nur eine Einzige umgebracht hatte. Verallgemeinerungen trieben die Auflage steil in die Höhe. Außerdem vermittelte die Schlagzeile den Eindruck, dass just am Vorabend von Weihnachten ein großer Erfolg zu verbuchen war.
    Der Sekretär des Bischofs hatte Stucky gleich nach der Morgenmesse angerufen.
    »Meinen Glückwunsch, Signor Inspektor.«
    »Danke, Monsignore …«
    »Ich werde Ihr Wirken in der Mitternachtsmesse erwähnen.«
    »Das ist zu viel der Ehre, Monsignore.«
    »Sie haben einen Mantel der Entspannung über unsere Gemeinde gebreitet. Sie werden sehen, der Herr wird es Ihnen vergelten.«

    »Landrulli«, sagte Stucky, als der Polizeipräsident sie beide allein gelassen hatte, »ich möchte dir trotzdem die Sache mit dem Glücksgriff erklären,
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