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Doktor im Glück

Doktor im Glück

Titel: Doktor im Glück
Autoren: Richard Gordon
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ja so für sie, Gaston! Sehen Sie, mein Mann und ich fühlten, wie selbstsüchtig es von uns war, Ihre heitere Gesellschaft so ausschließlich in Beschlag zu nehmen. Jetzt, wo Sie sich seßhaft machen, ist es nur recht und billig, daß Sie sich ein Frauchen suchen. Im Gegensatz zu uns werden Ihre späteren Jahre durch Söhne und Töchter aufgehellt werden, die wir als unsere eigenen Enkelkinder betrachten wollen. Ich muß ja zugeben, daß ich ein bißchen die Ehevermittlerin gespielt habe. Aber ich bin so froh, daß Sie Avril gewählt haben! So ein munteres liebes Mädchen! Ihr beide paßt ideal zueinander.»
    Zu sagen hatte ich nichts mehr. Ich ging in mein Zimmer. Dort schritt ich auf und ab und stierte die Abteien-Aquarelle an. Ich ließ mich aufs Doppelbett fallen und biß meine Nägel. Ich wünschte, ich hätte den Rat des Deans von St. Swithin befolgt und meine Laufbahn ins Inquisitenspital verlegt.
    Ganz bestimmt wollte ich nicht den Rest meines Lebens in Porterhampton verbringen, selbst wenn mir der alte Wattle das Rathaus noch zusätzlich letztwillig vermachte. Und ganz bestimmt wollte ich nicht Avril Atkinson heiraten, der ich dann wahrscheinlich allmorgendlich zum Frühstück die Geschichte vom Papagei erzählen müßte. Und jetzt wußte ich nicht, wie mich aus beiden Verhängnissen heraushalten. Ich hatte oft in Psychologiebüchern vom akuten Angstzustand gelesen, doch erst jetzt verstand ich, was es damit auf sich hatte. Da kam mir plötzlich einer jener meisterhaften Geistesblitze, die sich manchmal bei Examina knapp vor dem Schlußläuten einstellen.
    «Mrs. Wattle — Dr. Wattle!» Ich schoß zu den beiden ins Wohnzimmer hinunter. «Ich muß Ihnen etwas sehr Peinliches gestehen.»
    Sie blickten mich verschreckt an.
    «Ich bin bereits verheiratet.»
    Ich fand, dies war der einfachste Ausweg. Dem lieben alten Pärchen erklären, die von ihnen erwählte Braut käme für mich ebensowenig in Frage wie die Oberin des St. Swithin, ging über meine Kräfte. Sie würden mich — bestenfalls — auf der Stelle hinauswerfen und Avril wahrscheinlich für meinen Nachfolger reservieren.
    «Meine Frau arbeitet in London. Als Krankenschwester. Nachtschwester. Ich konnte ihre Existenz nicht früher enthüllen, weil — weil die Stellung, die innezuhaben ich mir als Ehre anrechne, nur für einen Alleinstehenden ausgeschrieben war. Ich brauchte sie.»
    Das klang alles so herzergreifend, daß ich mir selbst leidtat.
    «Lassen Sie mir noch fünf Minuten zum Packen meiner Sachen», schloß ich getragenen Tons, «auf daß ich meine unwürdige Person für immer aus Ihrer Erinnerung lösche.»
    «Wie kopflos habe ich doch gehandelt!» rief Mrs. Wattle und brach in Tränen aus.
    «Wir haben gewaltsam zwei Menschen getrennt, die einander verbunden waren», fügte Dr. Wattle hinzu und schlug sich auf seinen nackten Schädel.
    «Sie müssen Ihre Frau sofort herkommen lassen, Gaston!»
    «Ich verdopple Ihr Gehalt.»
    «Wir überlassen Ihnen das Haus, bis Sie ein eigenes Heim gefunden haben.»
    «Dies alles könnte sich als zu beschwerlich erweisen», warf ich rasch ein. «Meine Frau hat jede Nacht Dienst. Wichtiger privater Fall.»
    «Dann bringen Sie sie eben untertags hierher», drang Mrs. Wattle in mich. «Wie wär's mit Samstag mittag?»
    «Ja», stimmte Dr. Wattle ein. «Wir wären sehr, sehr ungehalten, wenn Sie das nicht tun.»
    Ich fühlte, wie die Zügel meiner Hand entglitten. Vielleicht wäre es doch leichter gewesen, Avril zu heiraten.

Viertes Kapitel

    Am nächsten Samstagvormittag vibrierte das Haus der Wattles vor gespannter Erwartung.
    «Ich muß jetzt gehen», verkündete ich, als der Schweinebraten im Rohr brutzelte. «Ihr Zug ist in zwanzig Minuten fällig.»
    «Empfangen Sie sie mit diesen Chrysanthemen, Gaston.» Mrs. Wattle drängte mir einen Strauß von der Größe einer Korngarbe auf. «Sie kommen frisch aus dem Treibhaus, sie werden ihr sicher Freude bereiten. Ich hingegen bin sicher, daß wir beide Ihre Frau einfach hinreißend finden werden.»
    Ich parkte meinen Wagen vor dem Bahnhof, kaufte eine Perronkarte und knabberte gedankenvoll an einer Rippe Schokolade aus einem Automaten. Ich setzte mich auf eine Bank und las Zeitung, bis der Zug einrollte. Bald entdeckte ich den wohlbekannten roten Hut unter den Reisenden.
    «Hallo!» rief ich. «Hoffentlich war die Reise nicht gar zu scheußlich.»
    «Zum Kotzen war's.»
    «Willkommen in Porterhampton.»
    «Was für ein Drecknest!»
    «Die Stadt verfügt
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