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Doktor im Glück

Doktor im Glück

Titel: Doktor im Glück
Autoren: Richard Gordon
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sein, wenn es im Winter nicht regelmäßig eine ausgiebige Portion Nebel zu schlucken bekäme. Können Sie sich vorstellen, daß Nationalheroen wie Sherlock Holmes oder Jack the Ripper an schönen und linden Sommerabenden umherschleichen? Wie hätten sich die Dickensschen Gestalten im neapolitanischen Sonnenschein ausgenommen? Oder
    wenn unser liebes altes Parlament erstrahlte wie das Tadsch Mahal? Der Charakter unseres Volkes wird regelmäßig durch die schauerliche Komplikation des Nebels schweren Prüfungen unterzogen, vor allem durch solches unendlich dickes graues Zeug, das wie eine Mauer aus schmutzigem Musselin vor der Schwelle des Hauses emporstieg.
    «Ich sollte doch wohl die Zugauskunft anrufen», stotterte ich.
    Das Wort «Züge» löste nur ein mystisches Schweigen am anderen Ende des Kabels aus.
    «Der Mittagszug ist noch nicht einmal von Manchester abgegangen», sagte der Auskunftsbeamte am Bahnhof. «Und wo der Morgenzug aus Glasgow steckengeblieben ist, weiß kein Mensch. Ihre Aussichten, heut nacht nach London zu kommen, Sir, sind null, Komma null. Das Radio sagt, es ist der dichteste Nebel, den wir dieses Jahrhundert gehabt haben.»
    «Nun wird also Petunia doch bis morgen früh hier bleiben», sagte Mrs. Wattle mit wohlwollendem Lächeln.
    «Ausgeschlossen!» schrie sie.
    «Sie muß zu ihrem Patienten zurück», erklärte ich rasch.
    «Unter solchen Umständen wird sich doch sicher in London Ersatz finden lassen?» forschte Dr. Wattle.
    Petunia stampfte mit dem Fuß auf. «Gaston kann mich im Auto nach London bringen.»
    «Nur bis zum ersten Straßengraben, fürchte ich.»
    «Ich bestehe absolut darauf —»
    Es gelang mir, Petunia zum Schweigen zu bringen — die Wattles waren über dieses merkwürdige Verhalten eines Turteltaubenpärchens ohnehin schon recht verblüfft.
    «Sorge dich nicht, Liebchen.» Ich tat so, als gäbe ich ihr einen zärtlichen Kuß. «Überlaß alles mir», zischte ich ihr ins Ohr. «Es wird dir nicht das geringste geschehen.»
    «Ich mach mir keine Sorgen, Süßer. Du solltest dir welche machen», zischte sie zurück.
    Wir setzten uns alle nieder und starrten in den Fernsehapparat.
    Ich verbrachte den Rest des Abends damit, irgendeinen nebelsicheren Vorwand zusammenzubrauen. Sollte ich an einem perforierenden Zwölffingerdarmgeschwür erkranken? Oder das Haus in Brand setzen? Oder ein öffentliches Geständnis auf dem Kaminvorleger ablegen? Ich verwarf einen jeglichen. Sie würden die Wattles zu sehr aufregen.
    Mit einem Wort: alles, was ich bis halb elf Uhr abends ausbrütete, hinderte nicht, daß wir von Mama Wattle in mein Zimmer geführt wurden, wo bereits im Doppelbett zwei Wärmflaschen unser harrten.
    «Du Mistkerl!» brach Petunia aus, sobald die Türe zu war. «Das ist der ekelhafteste und niederträchtigste Trick —»
    «Schlag nicht solchen Krach, um Himmels willen! Man hält uns für ein treu liebend Paar.»
    «Ich möchte Ihnen zu verstehen geben, Dr. Grimsdyke, daß ich keineswegs zu jener Sorte Mädchen gehöre —»
    «Weiß schon, weiß schon! Höre mich gefälligst nur einen Augenblick an! Niemand bedauert mehr als ich —»
    «Gewiß, und du wirst es noch mehr tim, sobald meine Brüder von dieser Sache hören.»
    «Kann ich was für diesen verdammten Nebel? Du tust so, als hätte ich ihn eigenhändig herbeigeschafft.»
    Petunia warf sich auf das Bett und begann die Daunendecke mit den Fäusten zu bearbeiten.
    «Du mußt mich von hier wegbringen! Auf der Stelle, sag ich dir. In fünf Minuten. Sonst schmeiß ich das Fenster ein und beginne nach der Polizei zu schreien.»
    «Pet, ich will tun, was in meinen Kräften steht! Es muß doch eine Möglichkeit bestehen — »
    «Ich werde schreien, da kannst du Gift drauf nehmen. Ich werde alle Nachbarn aufwecken. Gleich sollst du hören — »
    Sie holte tief Atem.
    «Um Gottes willen, Pet —!»
    In der Halle läutete das Telephon.
    «Halte die Nebengeräusche zurück, bis ich gesprochen habe», zischte ich.
    «Dr. Grimsdyke?» meldete sich eine weibliche Stimme.
    «Am Apparat.»
    «Sie Schwein! Saukerl! Biest! Bigamist!»
    «Einen Augenblick bitte. Wer spricht eigentlich —?»
    «Sie wissen genau, wer spricht. Avril, natürlich. Ich möchte Sie nur auf diesem Wege informieren, daß ich morgen eine Klage wegen Nichterfüllung des Eheversprechens einbringe, die Sie in einem Bogen aus Porterhampton hinausfeuern wird, bis Sie auf den weißen Klippen von Dover landen, wo Sie hoffentlich abstürzen und sich Ihr
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