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Dogma

Dogma

Titel: Dogma
Autoren: Raymond Khoury
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nickte.
    Der Kardinal musterte Reilly mit sichtlichem Unbehagen. «Was für Informationen?»
    Reilly beugte sich vor. «Wir müssen einen bestimmten
fondo
im Archiv der Kommission für die Glaubensdoktrin einsehen.»
    Die Männer rutschten unbehaglich in ihren Sesseln herum. Reillys Bitte wurde ihnen mit jeder Sekunde unheimlicher. An und für sich war – im Gegensatz zur allgemeinen Ansicht – an den Geheimarchiven des Vatikans nichts besonders Geheimes; der Begriff bezog sich lediglich darauf, dass es sich um ein persönliches «Sekretariat» des Papstes handelte, das seine
privaten
Unterlagen enthielt. Die Abteilung jedoch, auf die Reilly Zugriff benötigte, das
Archivio Congregatio pro Doctrina Fidei,
das Archiv der Inquisition, war eine Angelegenheit für sich. Dieses Archiv enthielt die sensibelsten Dokumente des Vatikans, all die Akten über Ketzerprozesse und Bücherverbote. Um Skandale zu vermeiden, wurde nur einem streng ausgewählten Personenkreis Zugang gewährt. Die Vorgänge, die sich in diesen
fondi
dokumentiert fanden – ein
fondo
war die Gesamtheit aller Dokumente zu einem bestimmten Thema –, gehörten nicht gerade zu den rühmlichsten Kapiteln in der Geschichte der katholischen Kirche.
    «Um welchen
fondo
handelt es sich genau?», fragte der Kardinal.
    «Um den
Fondo Scandella
», erwiderte Reilly ohne Umschweife.
    Die Geistlichen stutzten einen Moment lang, dann entspannten sie sich spürbar. Domenico Scandella war ein recht unbedeutender Müller im 16. Jahrhundert gewesen, der den Mund nicht halten konnte. Seine Vorstellungen vom Ursprung des Universums wurden für ketzerisch befunden, und der Mann wurde auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Dass Reilly und der iranische Professor sich für die Dokumente über diesen Prozess interessierten, beunruhigte die Kirchenmänner nicht. Es war eine harmlose Bitte.
    Der Kardinal sah Reilly irritiert an. «Das ist alles, was Sie brauchen?»
    Reilly nickte. «Das ist alles.»
    Der Kardinal warf den anderen beiden Vertretern des Vatikans einen Blick zu. Sie zuckten nur gleichgültig die Schultern.
    Das wäre geschafft, dachte Reilly.
    Jetzt kam der heikle Part.
     
    Bescondi und Delpiero begleiteten Reilly und Behrouz über den Belvederehof zum Eingang der Apostolischen Bibliothek, wo die Archive untergebracht waren.
    «Ich muss gestehen», gab der Präfekt der Archive mit einem nervösen Kichern zu, «ich hatte schon befürchtet, Sie könnten um etwas bitten, das … nicht so ohne weiteres zu gewähren wäre.»
    «Zum Beispiel?»
    Bescondi suchte stirnrunzelnd nach einer möglichst unverfänglichen Antwort. «Zum Beispiel die Prophezeiungen von Lucia Dos Santos. Der Name sagt Ihnen doch etwas? Die Seherin der Fatima?»
    «Nun, jetzt, wo Sie es erwähnen …» Reilly schwieg kurz, dann grinste er schelmisch.
    Der Priester kicherte und nickte erleichtert. «Kardinal Brugnone sagte ja, Sie seien vertrauenswürdig. Ich weiß gar nicht, weshalb ich mir Sorgen gemacht habe.»
    Bei diesen Worten bekam Reilly leichte Gewissensbisse. Am Eingang des Gebäudes blieben die vier kurz stehen, und der Polizeichef entschuldigte sich, da er offenbar nicht gebraucht wurde.
    «Wenn ich irgendetwas für Sie tun kann, Agent Reilly», sagte Delpiero noch, «dann lassen Sie es mich wissen.» Reilly dankte ihm, und Delpiero entfernte sich.
    In den drei Sälen der Bibliothek, deren Wände Holzpaneele mit kunstvollen Einlegearbeiten und Fresken in leuchtenden Farben zierten – Spenden verschiedener europäischer Herrscher an den Vatikan –, war es unnatürlich still. Gelehrte, Priester unterschiedlicher Nationen und andere Akademiker mit tadellosen Referenzen schritten auf leisen Sohlen über die Marmorböden, auf dem Weg in die absolute Ruhe der Lesesäle oder von dort kommend. Bescondi führte die beiden Gäste zu einer breiten Wendeltreppe, die ins Untergeschoss führte. Hier war es kühler; die Klimaanlage kam besser gegen die Sommerhitze an als in den oberen Etagen. Sie kamen an ein paar Junior-Archivaren vorbei, die sich respektvoll vor dem Präfekten verbeugten, und erreichten einen weiträumigen Empfangsbereich, wo ein Schweizergardist in dunkelblauer Uniform mit schwarzem Barett hinter einer Theke mit einer Reihe unauffälliger Überwachungsmonitore saß. Der Mann registrierte ihre Namen, tippte etwas in seine Tastatur ein, die inneren Türen der Luftschleuse schlossen sich hinter ihnen, und sie befanden sich im innersten Heiligtum des Archivs.
    «Die
fondi
sind
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