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Dir darf ich nicht gehören

Dir darf ich nicht gehören

Titel: Dir darf ich nicht gehören
Autoren: Mary Balogh
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an sich. Mit der anderen Hand
ergriff er ihr Haar unter  dem Band und bog ihren Kopf zurück. Mondschein und
Baumäste bildeten Muster auf seinem Gesicht. Er lächelte. Lächelte er stets,
dieser Fremde? Oder gab er sich dem nur heute hin, unter Fremden, die er
niemals wiedersehen würde, bei seiner Flucht vor einer nüchterneren Realität?
    Sie
schloss die Augen, als er sein Gesicht zu ihr herabneigte und sie küsste.
    Es
dauerte nicht lange. Es war keineswegs ein lüsterner Kuss. Seine Lippen teilten
sich über ihren, und doch unternahm er keinen Versuch, ihren Mund in Besitz zu nehmen.
Er presste eine gespreizte Hand fest auf die Rückseite ihrer Taille, während
die andere das Band an ihrem Nacken umschloss. Sie verlor sich keine Sekunde in
Leidenschaft, aber sie wusste, dass sie hineinversinken könnte, wenn sie nur wollte.
Sie würde keinen einzigen kostbaren Moment auf diese Art vergeuden. Stattdessen
genoss sie jede Empfindung bedacht und bewusst und prägte sie sich ein. Sie
spürte seine langen, mit harten Muskeln ausgestatteten, lederbekleideten
Oberschenkel an der Weichheit ihrer eigenen, seinen Bauch hart an ihrem, seine
Brust fest an ihren Brüsten. Sie spürte die feuchte Vertraulichkeit seiner
Lippen. Die Wärme seines Atems an ihrer Wange. Sie atmete die vermischten Düfte
von Cologne und Leder und Männlichkeit ein und schmeckte an seinem Mund Ale und
etwas Undefinierbares, die Essenz seiner Persönlichkeit. Sie hörte Musik,
Stimmen, Lachen, Wasser fließen, eine Eule schreien - alles wie aus
weiter Ferne. Sie verschränkte ihre Finger in seinem dichten, weichen Haar und spürte
mit der anderen Hand die kräftigen Muskeln seiner Schulter und des Oberarms.
    Hüten Sie sich vor einem großen, dunklen, gut aussehenden Fremden.
    Sie
kostete ihre kurze, verstohlene und jugendliche Romanze vom Rand bis zum
Bodensatz aus. Und dann, als er den Kopf hob und sie losließ, akzeptierte sie
die Tatsache, dass der Tag beendet war.
    »Danke
für den Tanz.« Er lachte in sich hinein. »Und für den Kuss.«
    »Gute
Nacht«, sagte sie weich.
    Er
blickte noch einen Augenblick auf sie hinab. »Gute Nacht, mein Mädchen vom
Lande«, sagte er als Antwort und schritt an ihr vorbei in Richtung Anger.

Kapitel 2
    Trellick war ein
hübsches Dorf. Das hatte er gestern erkannt, als er von dem Punkt der
Hauptstraße, von wo aus sie ins Flusstal hinab verlief, darauf hinuntergeschaut
hatte. Heute Morgen, während er am Fenster der Schankstube im Boar's Head stand
und Kaffee trank, bemerkte Lord Ferdinand Dudley auf beiden Seiten des
Dorfangers die geweißten, strohgedeckten Cottages mit ihren ordentlichen, farbenprächtigen
Blumengärten. Am Flussufer erhob sich die steinerne Kirche mit ihrem hohen,
schlanken Turm und daneben lag die große Wiese, in deren Mitte eine großartige
alte Eiche stand. Das Pfarrhaus, dessen graue Steinmauern mit Efeu überwachsen
waren, befand sich neben der Kirche. Er konnte den Fluss von seinem Standplatz
aus ebenso wenig sehen wie die Reihe Geschäfte neben dem Gasthaus, aber dafür
den Wald auf der anderen Seite des Flusses - ein erfreulich ländlicher
Hintergrund für die Kirche und das Dorf.
    Er
fragte sich, wo genau Pinewood Manor lag. Er wusste, dass es nicht weit sein
konnte, denn Bambers Anwalt hatte Trellick ihm gegenüber als das nächstliegende
Dorf bezeichnet. Aber wie nahe? Und wie groß war es? Wie sah es aus? Ein
Cottage wie eines der gegenüberliegenden? Ein Haus wie das Pfarrhaus? Ein
größeres Gebäude, wie der Name es versprach? Oder ein verfallener Haufen
Steine? Anscheinend hatte niemand es gewusst, am wenigsten Bamber selbst, den
es offensichtlich auch nicht kümmerte.
    Ferdinand
erwartete einen verfallenen Haufen Steine.
    Er
hätte gestern natürlich danach fragen können deshalb war er schließlich in das
Dorf geritten. Aber er hatte es nicht getan. Es war schon später Nachmittag
gewesen, und er hatte sich eingeredet, dass er sich Pinewood besser erst am
Morgen zum ersten Mal ansehen sollte. Zum Teil war natürlich die Fröhlichkeit
des Dorffestes, in das er geraten war, für diese Entscheidung verantwortlich
und natürlich dieses Mädchen vom Lande mit dem verführerisch schwingenden Zopf
und den lachenden Augen, die den seinen nach dem Sackhüpfen der Kinder über den
Dorfanger hinweg begegnet waren. Er hatte bleiben, sich vergnügen und mehr von
ihr sehen wollen.
    Noch
vor zwei Wochen hatte er nicht einmal von Pinewood gehört. Nun würde er es bald
sehen und fragte
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