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Dinner für eine Leiche

Dinner für eine Leiche

Titel: Dinner für eine Leiche
Autoren: Jean G. Goodhind
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Sprecher der Jury. Er reckte seinen langen Hals zum Mikrofon und sah dabei auffallend wie eine Giraffe aus, die sich daran machte, eine große schwarze Pflaume zu verzehren.
    »Meine Damen und Herren.« Kristallklar schwebte seine Stimme zur Rokokodecke empor, hallte von den hohen Bogenfenstern wider. Seine durchdringenden Augen schweiften über das Publikum und erheischten ungeteilte Aufmerksamkeit. »Wir haben den besten Köchen von Bath die Aufgabe gestellt, ein Gericht zu komponieren, dessen Hauptbestandteil Hühnerfleisch ist. Die übrigen Zutaten durften sie selbst auswählen …«
    Honey schaute zu Smudger. Seine Augen waren starr auf Casper gerichtet und schienen zu sagen, er solle es ja nicht wagen, nicht ihn als Gewinner zu nennen. Normalerweise war |18| Smudgers Teint zartrosa, im Augenblick jedoch weißer als das weißeste Weißmehl.
    Honey stellte ihr Weinglas ab, stopfte sich die Finger in die Ohren und schloss die Augen. Was würde jetzt kommen? Worauf lief es hinaus? Auf Feiern oder Mitleidsbekundungen?
    Der Applaus drang durch ihre Finger an die Ohren. Sie schlug die Augen auf und sah den oberen Teil einer weißen Kochmütze, die zum Podium hinaufhüpfte. Ihr wurde das Herz schwer.
    Nicht Smudger. Smudger war etwa eins achtzig groß. Wenn er gewonnen hätte, hätte sie seine errötenden Wangen und sein strohgelbes Haar gesehen.
    Oliver Stafford, gerade einmal eins fünfundsechzig groß, vielleicht in Küchenclogs eins siebzig, trat strahlend auf die Bühne, nahm seinen Preis entgegen und warf dem Publikum Kusshände zu.
    »Der Beste hat gewonnen«, rief er.
    Applaus brandete auf. Oliver Stafford zog seine Show ab, schüttelte Männern die Hand, küsste Frauen, die er nie zuvor gesehen hatte, die Hand. Seine Augen schienen überall zu sein. Sie blieben an ihr hängen. Wieder dieses Zwinkern, dieses offenkundige Mustern ihrer Figur und das anzügliche Grinsen. Die Aussage war mehr als klar: Ich bin zu allen Schandtaten bereit, wenn du mitspielst.
    Honey schaute zu Smudger, der niedergeschlagen dastand und applaudierte, die blaue Rosette des zweiten Preises an seiner Jacke. Wenn Blicke töten könnten, dann wäre Oliver Stafford nun ein gut durchgebratenes Steak.
    Auf einmal hatte es Honey sehr eilig.
    Sie wandte den Ereignissen auf der Bühne den Rücken zu und drängte sich durch die Menge. »Gratulation! Du hast dich hervorragend geschlagen!«
    Gott, überzeugend klang das nicht! Sie überlegte sich eine neue Strategie. »Ich glaube, du hast dir einen Bonus verdient.«
    |19| Smudgers Stirn legte sich erneut in finstere Falten. »Und
ich
glaube, dieser Schweinehund hat sich einen Tritt in den …«
    »Schnell«, unterbrach sie ihn, als hätte sie nichts gehört. »Wir müssen zum Abbey Square und uns den besten Platz sichern.«
    »Clint hat gesagt, dass er das für uns macht.«
    Smudgers Stimme war völlig teilnahmslos. Seine Augen starrten immer noch auf Oliver.
    Clint, dessen wirklicher Name Rodney Eastwood war, betätigte sich bei Honey als Spülhilfe, Mädchen für alles und Küchenjunge. Er hatte tatsächlich versprochen, einen guten Platz zu ergattern und schon mit dem Aufbau des Stands anzufangen. Doch Smudger brauchte unbedingt eine Beschäftigung, damit er Oliver Stafford nicht den Schädel einschlug.
    »Aber
du
musst dich doch um alles kümmern.« Das klang noch lahmer.
    Smudger wich keinen Zentimeter von der Stelle.
    Honey folgte seinem Blick. Oliver Stafford stellte sich mit triumphierendem Lächeln und eingerahmt von zwei dürftig bekleideten Blondinen den Fotografen. Die silberne Trophäe hielt er hoch über den Kopf.
    »Komm schon. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    Honey begann mit dem Einpacken. Erst die Messer. Die waren am gefährlichsten. Vor ihrem geistigen Auge sah sie Smudger mit dem Schneebesen auf Oliver zustürmen. Hastig verstaute sie auch den.
    »Hierher, hierher.«
    Oliver, die Blondinen und eine Traube von Fotografen und anderen Neugierigen drängten sich zu den Stahltischen.
    »Bitte der Gewinner hinter den Tisch«, befahl einer der Fotografen.
    Ehe er diese Position einnahm, küsste Oliver erst die eine Blondine, dann die andere und drückte jede ein bisschen zu lange an sich. »Nur noch einen kleinen Augenblick, meine Süßen. Haltet mir alles auf kleiner Flamme warm, ja?«
    |20| Honey packte Smudger beim Arm. Zu spät. Schon hatte Smudger Stafford bei den Ohren genommen.
    »Lass mich los!«
    Die Kameras der Fotografen klickten fröhlich weiter.
    Casper drängte
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