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Dinner für eine Leiche

Dinner für eine Leiche

Titel: Dinner für eine Leiche
Autoren: Jean G. Goodhind
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der Mauer ein Erdhaufen aufgetürmt war, dann hatten sie doch vielleicht am anderen Ende der Betonwand eine Lücke gelassen, da wo sie auf die Stützmauer des Nachbargrundstücks traf. Und richtig! Die Lücke war schmal, aber sie würde sich schon hindurchzwängen können.
    »Du bleibst hier!«, zischte sie ihrer Großmutter zu.
    »Den Teufel werd ich tun!«
    Großmama Gloria schlängelte sich hinter ihr her durch die Lücke, rutschte gar nicht einmal ungeschickt über die Kiesel und den Lehm hinunter. Sie schrammte mit den lackierten Nägeln an der Wand entlang, während die beiden sich bis zum flachen Gelände des Hofs vortasteten. Lindsey hörte ihre Großmutter leise fluchen, als eine ihrer künstlichen Krallen mit einem kleinen Plop in die Nacht hinausflog.
    Die beiden Frauen flitzten zur Eingangstür. Gloria merkte noch an, wie wunderbar sie Sportschuhe fand und dass sie sich ganz bestimmt noch einige Paar kaufen würde.
    »Die haben auf jeden Fall einen Alarmanlage«, meinte Lindsey, die von Herzen dankbar war, dass ihre Großmutter angesichts der Gefahr so unerschütterlich gefasst blieb. Lindseys Herz schlug schneller, aber immer noch regelmäßig. Dann erspähte sie in der Fertigbauwand eine Tür. Genau das, was sie brauchten. Aber wie würden sie hineinkommen, ohne gesehen |296| zu werden? Plötzlich hörten sie Stimmen und duckten sich rasch hinter zwei riesige Mülltonnen, von denen eine mit »Fleisch abfälle «, die andere mit »Pappe/Recycling« beschriftet war.
    Ein fröhlich pfeifender Mann tauchte auf und hob den Deckel der Tonne für Fleischabfälle hoch. Ein Schwarm wütender Fliegen stieg summend und brummend auf. Der Deckel wurde wieder fest zugeschlagen. Dann war der Mann fort.
    »Kein Alarmsystem«, flüsterte Lindsey erleichtert. Solange da drinnen gearbeitet wurde, würde die Alarmanlage nicht eingeschaltet werden.
    Sie versuchte, die Tür aufzumachen. Sie bewegte sich keinen Zentimeter. Unter den gegebenen Umständen sollte man wohl besser nicht daran rütteln.
    »Abgeschlossen. Was jetzt?«
    »Benutzen wir eben einen Schlüssel.« Gloria klang begeistert. Sie genoss jede Sekunde.
    Lindsey schaute ziemlich überrascht, als sie einen riesigen Schlüsselbund hervorzauberte, der mindestens so viel Krach machen würde wie ein Rütteln an der Tür. Lindsey packte ihn. »Wo hast du das denn her?«
    »Hat er mal bei mir vergessen«, erklärte ihre Großmutter. »Ich wollte die Schlüssel ja in den Fluss schmeißen, nur um ihm das Leben schwer zu machen. Aber dann habe ich gedacht, die könnten wir vielleicht noch mal gebrauchen. Und da hatte ich recht.«
    Mit hämmerndem Puls und schweißnassen Händen untersuchte Lindsey alle Schlüssel. Einige waren Yale-Schlüssel für Zylinderschlösser. Im Schein des Außenlichts über der Tür wählten sie die wahrscheinlichsten Kandidaten für dieses altmodische Schloss aus. Einen nach dem anderen probierten sie die längeren Schlüssel aus. Es waren vier. Wenn gleich der Erste gepasst hätte, wäre das wunderbar gewesen. Aber es schienen keine Glücksschlüssel zu sein. Erst der Vierte drehte sich im Schloss. Mit rasendem Herzen zog Lindsey langsam die Tür |297| auf, betete, dass sie nicht quietschen würde und dass dahinter kein Riesenkerl lauerte, der nur darauf wartete, sie zu schnappen.
    Drinnen war das Licht schummrig. An den Wänden entlang lagen Büroräume hinter Glastrennwänden, linker Hand war eine nackte Mauer. Über ihren Köpfen brummten unzählige Kompressoren, die für niedrige Temperaturen im Kühlhaus sorgten.
    Lindsey war völlig verdattert, als sich ihre Großmutter an ihr vorüberschlängelte. Sie schlich tief geduckt wie ein Panther auf der Pirsch, allerdings einer im rosa Trainingsanzug und mit silberblauen Sportschuhen.
    »Oma! Bleib stehen!«, krächzte Lindsey. Das war völlig verrückt. Wenn sie sich zu weit vorwagte, ohne sich vorher gut umzuschauen, musste sie einfach jemand sehen.
    Gloria blieb wie angewurzelt stehen und lehnte sich zurück. »Recht hast du! Immer schön sachte. Daran sind diese Schuhe schuld. Die rennen einfach mit einem davon.«
    Lindsey war supercool und gelassen gewesen, ehe sie das Kühllager betreten hatten. Nun warf sie das Verhalten ihrer Großmutter völlig aus der Bahn. Sie versuchte, ein paar Mal tief durchzuatmen, ehe sie weiterging.
    Sie packte ihre Großmutter beim Arm, für den Fall, dass die das dringende Bedürfnis verspüren sollte, auf die andere Seite der Halle zu sprinten. Sie stieß sie
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