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Dinner für eine Leiche

Dinner für eine Leiche

Titel: Dinner für eine Leiche
Autoren: Jean G. Goodhind
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die Berichte der Sozialarbeiter getippt. Dann bin ich befördert worden und habe im Intermediate Treatment gearbeitet.«
    »Und was soll das heißen?«
    Honey hüpfte weiter auf der Stelle und wedelte wie wild mit den Armen. Ihr Atem stand ihr wie eine weiße Wolke vor dem Mund. Ihre Finger wurden langsam taub. »Na ja, wir sind mit den jugendlichen Straftätern zum Zelten, Bergsteigen, Segeln und so weiter – so Zeug für den Duke of Edinburgh Award. Alles Mögliche, nur um sie von ihren kriminellen Machenschaften abzulenken.«
    »Klingt in meinen … Ohren … eher … wie lustige Familienausflüge«, keuchte Steve. Er stieß die Worte zwischen enthusiastischem Armkreisen und wilden Sprüngen hervor.
    »Das nennt man Therapie«, korrigierte ihn Honey und blieb stehen, um wieder Luft zu schnappen.
    Auch Steve unterbrach seine Hüpferei. Normalerweise hätte er irgendeinen sarkastischen Kommentar angebracht. Heute nicht. Er bibberte.
    |288| »Wissenschaftliche Erkenntnisse besagen, dass man über den Kopf mehr Hitze verliert als an jedem anderen Körperteil.« Er rieb sich die Ohren und zerrte den Kragen so hoch, wie er nur konnte. »Ich wünschte, ich hätte eine Mütze. Eine Sturmhaube wäre wunderbar. Ich hasse es, wenn ich kalte Ohren kriege.« Er sorgte sich zu Recht. Seine Ohren liefen langsam blau an. Er rubbelte noch einmal daran herum.
    Honey überlegte. »Frostbeulen können die Blutversorgung der Gliedmaßen unterbrechen.«
    »Ach wirklich.« Steve klang nicht gerade überzeugt.
    Doch sie wusste, dass sie recht hatte. Bei ihr hingen ja die Haare über die Ohren, aber Steve hatte eine Kurzhaarfrisur. Er hatte gar keinen Schutz. Und hatte sie nicht mal gelesen, dass man von Kälte sogar Wundbrand bekommen konnte?
    Sie zog den Reißverschluss ihrer Handtasche auf, weil sie überlegte, dass sie vielleicht ein Kopftuch dabei hatte. Der unverwechselbare Zierstich der »Dicken Berta« bewegte sich ein wenig unter ihren Fingerspitzen.
    »Madonna, gegen uns hast du keine Chance!«, murmelte sie, schnappte den Träger und zerrte das Ding hervor.
    Steve klatschte sich gerade die Arme um den Leib. Er erstarrte zu Stein, als er die mächtigen Körbchen Größe J sah.
    »Ist das Ding für Menschen gedacht?«
    »Für eine sehr umfangreiche Dame. Und jetzt werden wir es tragen. Keine Sorge«, beschwichtigte sie ihn, als sie seinen nervösen Blick wahrgenommen hatte. »Du musst nichts ausziehen. Aber du kannst eins von den Dingern auf dem Kopf tragen.«
    Er schaute sie entgeistert an. »Den Teufel werd ich!«
    »Denk an deine Ohren, Steve.«
    »Ich riskier’s.«
    »Sieh mal«, sagte sie und breitete den Büstenhalter zu seiner gesamten eindrucksvollen Größe aus. »Wir benutzen das Ding beide. Du ziehst dir das eine Körbchen über den Kopf, ich das |289| andere. Und dann kuscheln wir uns zusammen, um warm zu bleiben. Wir könnten sogar wieder ein bisschen hüpfen.«
    Der letzte Teil schien ihn zu überzeugen. Er wehrte sich nicht, als sie ihm einen der Satinkegel über den Kopf zog und sich selbst den anderen überstülpte. Die Rückenteile hingen ihnen rechts und links herunter, Steve hatte die Seite mit den Haken, sie die mit den Ösen. Sie überlegte, ob sie die beiden Hälften vielleicht unter dem Kinn zusammenbinden sollten. Steve war auf die gleiche Idee gekommen. »Schon besser«, sagte er.
    Es stimmte. Sie waren sich näher als nah, wie siamesische Zwillinge, und die Körbchen passten ihnen wie warme Mützen.
    Honey erblickte eine verschwommene Spiegelung in den Türen der Edelstahlschränke. »Wir sehen aus wie zwei Pilze.«
    Steve prustete vor Kälte. »Brrrr. Wir müssen uns immer weiter bewegen. Wie wär’s, wenn wir so tun, als hätten wir keine Kleider an?«
    Honey bibberte. »Das soll wohl ein Scherz sein?«
    »Ich meine nur beim Hüpfen – Tanzen wäre doch viel besser.«
    »Na gut. Summ mal was.«
    Wegen der »Dicken Berta« waren sie ohnehin schon Wange an Wange.
    Steve schauderte noch einmal. »Dieses Tänzchen kommt eigentlich ziemlich nah an die Fantasien heran, die ich in letzter Zeit so hatte. Wenn man mal von den arktischen Temperaturen absieht.«
    »Und den vielen Kleidern, die wir anhaben?«
    »Das auch.«
     
    »Ich muss unbedingt noch mit deiner Mutter sprechen, ehe sie zu Bett geht.«
    Es war ein Uhr morgens, und Lindsey war dabei, die Bar aufzuräumen, als ihre Großmutter anrief.
    |290| »Sie ist nicht zu Hause.«
    »Ich habe mir schon Sorgen gemacht, dass sie vorhatte, die Nacht bei
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