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Dinner for one, Murder for two

Dinner for one, Murder for two

Titel: Dinner for one, Murder for two
Autoren: Auerbach , Keller,
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wegzulassen. Ich möchte sie wieder aufnehmen, als das, was sie ist: als Anklage an den Mörder«, erklärte Phoebe. »Fassen wir also zusammen: Hamlet erfährt vom Geist seines toten Vaters, dass König Claudius ihm, während er schlief, Gift ins Ohr geträufelt hat. Jetzt bittet er die Schauspieler, den Mord an seinem Vater nachzuspielen. Er will seinem Stiefvater zeigen: Du bist entdeckt. Ich weiß, dass du es warst.« Phoebe machte eine wirkungsvolle Pause. »Es ist eine Drohgebärde, die Ankündigung seiner Rache.«
    Das Ensemble kommentierte Phoebes Worte mit zustimmendem Gemurmel.
    Phoebe sah in die Runde und fragte: »Wie aber können wir die Schärfe erreichen, der Sir Michael, pardon, König Claudius, sich ausgeliefert fühlt? Wie können wir erzwingen, dass er nervös wird, sich schuldig fühlt – und diese Schuld öffentlich zugibt?«
    Niemand antwortete, denn alle hatten gelernt, rhetorische Fragen als solche zu erkennen und die Regie in ihren Ausführungen niemals zu unterbrechen.
    »Wir lassen diese wortlose Szene mit Opfer, Mörder und Königin nicht die angereisten Schauspieler vorführen, sondern von Figuren aus dem engsten Umfeld des Königs: Rosencrantz, Guildenstern und – Hamlet selbst.«
    »Klasse Idee – das wirkt!«, sagte Duncan anerkennend.
    Das fürchte ich auch, dachte Pippa, nur – wie?
    Phoebe ging mit Barbara-Ellen, Johannes Berkel und Alain Bettencourt zur Seite, um die neue Szene durchzusprechen.
    »Kein Problem«, sagte Berkel abschließend, »ich, der trottelige Rosencrantz, spiele den König und werde von Hamlet vergiftet.« Er warf Alain ein strahlendes Lächeln zu. »Ich hoffe, du tust mir nicht weh.«
    Barbara-Ellen lachte, aber Alain runzelte die Stirn, als ärgerte ihn das zusätzliche Pensum.
    Die Probe begann, und Pippa bewunderte von neuem die Schauspielkunst des Ensembles. Trotz der Unterbrechungen, Fehlschläge und tragischen Zwischenfälle waren alle mit Leib und Seele bei der Arbeit. Alain und Anita rührten in den Gesprächen zwischen Hamlet und Ophelia zu Tränen, Hendrik bot einen fesselnden Laertes, Dana und Sir Michael beeindruckten als liebende Königin Gertrud und ehrgeiziger König Claudius. Hamlets Monolog Sein oder nicht sein machte Pippa in seiner Eindringlichkeit atemlos. Dann wurden ihre Handflächen feucht vor Aufregung – die Pantomime stand unmittelbar bevor …
    Johannes Berkel und Barbara-Ellen kamen zum Requisitentisch, und Pippa übergab Johannes die Königskrone, die ihm ein wenig zu groß war.
    »Da muss ich wohl noch reinwachsen«, flüsterte dieser und zwinkerte Pippa zu. Dann trat er mit seiner Königin auf die Bühne und nahm seine Position auf der Bank ein, während Alain sich zwischen den Buchsbaumtöpfen versteckte, um das Königspaar von dort aus zu beobachten.
    In sparsamen, aber beredten Gesten skizzierten Barbara-Ellen und Johannes das liebende Paar, bis die Königin ihren Gemahl zum Abschied küsste und sich zurückzog. Der König legte sich auf die Seite, streckte sich der Länge nach aus und schlief ein. Alain verließ sein Versteck, sah sich betont unauffällig nach Beobachtern um und schlich dann in Richtung Bank. Als er an Pippas Tisch vorbeikam, drückte sie ihm die Requisite in die Hand, die Alain ohne hinzusehen in die Tasche seines weiten Hemdes gleiten ließ. Sein Blick war starr auf die Bank gerichtet.
    Alain blieb still stehen und sah nachdenklich auf den Schlafenden, dann beugte er sich hinunter und nahm ihm die Krone ab, küsste sie und legte sie zur Seite. Pippa wusste, dass Phoebe an dieser Stelle einen triumphierenden Blick gefordert hatte, aber Alains Gesicht blieb völlig ausdruckslos. Beinahe zärtlich strich er Berkels Haar zurück und legte dessen Ohr frei. Ohne die Augen von seinem Opfer zu wenden, zog er die Giftflasche aus der Hemdtasche und verharrte erneut. Als der Verschluss sich widerspenstig zeigte, sah Alain zum ersten Mal auf seine Hand und erstarrte. Er schluckte trocken, als er von Kestrings Schnupftabaksfläschchen erkannte. Er atmete heftig und beugte sich mit der Flasche über Johannes’ Ohr, um das Gift hineinzuträufeln. Seine Hand zitterte angesichts des versetzten Schnupftabaks, der herausrieselte.
    Alain wankte leicht, dann ließ er die Steinflasche fallen, als hätte er sich daran verbrannt. Er drehte sich jäh um, stürzte zum Turm, riss die Tür auf und rannte hinein.
    Mit dumpfem Krachen fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
    Pippa wurde schwindelig.
    Er war es tatsächlich,
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