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Diner des Grauens

Diner des Grauens

Titel: Diner des Grauens
Autoren: A. Lee Martinez
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weiter.
    Es gab Veränderungen, kleine Verschiebungen in Rockwoods Paradigma. Die Sonne schien heller. Das braune Gras nahm einen gesünderen Gelbton an. Ein Blauhäher wurde gesichtet, der mitten in einem Schwarm Raben süßlich auf dem Dinerschild sang. Ein Blutfleck auf einem Linoleumboden wurde endlich ein für alle Mal weggewischt. Und in McAllister Fields standen zwei neue geisterhafte Wächter Wache.
    Irgendwo im hinteren Teil des Friedhofs lagen zwei ju n ge Liebende Seite an Seite, in einer gemeinsamen Zerem o nie zur letzten Ruhe gebettet, auf dass sie das ewige Glück finden mochten, das ihnen durch eine tragische Kojotena t tacke ve r wehrt worden war.
    Tammy stand am Friedhofstor. Da war nichts zwischen ihr und der anderen Seite, aber sie konnte einfach nicht über die Schwelle treten. Es fühlte sich nicht so an, als stünde dort eine unsichtbare Wand, aber jedes Mal, wenn sie daran dachte, einen Fuß zu heben und durch das Tor zu treten, blieb der Fuß einfach stehen.
    Chad attackierte das Tor. Er startete aus einiger Entfe r nung, aber je näher er kam, desto schwerer wurden seine Schritte. Kurz bevor er es durchquerte, wurde er zurüc k geworfen.
    »Also … ich dachte, diesmal hätte ich es.«
    Tammy verdrehte ihre ektoplasmischen Augen. Es gab keinen Weg, die Bedingungen der Wächterschaft zu umg e hen. Sie saßen in der Falle, bis jemand starb und begraben wurde. Dann hieß es losmarschiert – was auch immer auf der anderen Seite auf eine gefallene Priesterin der alten Götter wartete. Bis dahin konnte sie nur die Zeit totschl a gen. Das Warten an sich machte ihr nichts aus, aber die Gesellschaft ließ doch sehr zu wünschen übrig.
    Chad versuchte zum tausendsten Mal, seine Finger durch die Barriere zu stoßen, und scheiterte zum tausen d sten Mal. Er kratzte sich am Kopf und dachte lange und gründlich nach.
    »Ich glaube, wir sitzen fest.«
    »Glaubst du?«
    Sie ging zurück zu ihrem Grab. Chad folgte ihr.
    »Wir sind also irgendwie tot, oder?«
    Sie nickte.
    »Scheiße.« Lächelnd legte er einen Arm um ihre Taille. »Ich will nur, dass du weißt, dass ich nicht sauer auf dich bin, weil du zugelassen hast, dass dieser Kerl mich u m brachte.«
    »Freut mich zu hören«, antwortete sie durch zusamme n gebissene Zähne.
    Seine Hand glitt hinunter zu ihrem Hintern.
    Tammy hatte getötet, die verbotenen Künste angewandt und versucht, die Welt zu ihrem eigenen Vorteil zu opfern. Aber sie fragte sich, was sie getan hatte, um das hier zu verdienen.
    »Ach, komm schon, Baby. Wir könnten einfach ein bi s schen rummachen. Wir haben ja sonst nichts Wichtiges zu tun.«
    Der Tod hatte seine Hormone keineswegs abgeschwächt oder ihn weniger nervtötend gemacht. Wenn Chad, der Geist, auch nur halb so dämlich war wie Chad, der Lebe n de, schien es einfacher, ihn zu ficken und dann loszuwe r den.
    »Ist ja schon gut«, seufzte sie.
    Er umschlang sie mit kraftvollen, aber nachgiebigen Armen und küsste sie. Der Kuss war fest, leidenschaftlich, ohne übe r wältigend zu sein. Hitze überschwemmte sie, und sie stieß ihn von sich.
    »Was? Hab ich was falsch gemacht, Babe?«
    Sie brauchte einen Moment, um sich daran zu gewö h nen. Chad war immer lausig im Bett gewesen, solange er noch gelebt hatte. Er hatte zwar den Enthusiasmus und das Verlangen besessen. Alles außer Talent. Er hatte es immer versucht, aber ungeschickte Hände und eine klägliche Ausdauer waren sein Untergang gewesen. Ektoplasma jedoch war eine Konstruktion der Seele, und irgendwo in Chad, begriff sie jetzt, versteckte sich die Seele eines Liebhabers.
    Sie küsste ihn noch einmal. Die geringste Berührung seiner Lippen verschaffte ihr weiche Knie. Sie warf ihn grob zu B o den. Und nahm an, dass es schlechtere Arten gab, die Zeit totzuschlagen.
    Er grinste auf eine Art dümmlich, die sie überraschend charmant fand. Dann öffnete er den Mund und sagte etwa Dummes, um den Augenblick zu zerstören.
    »Werden wir es tun?«
    »Chad.«
    »Ja?«
    »Halt die Klappe.«
    Tief unten in der Erde grollten die alten Götter. Von all den Lebenden und den Toten konnte nur Tammy sie hören.
    Und sie ignorierte sie einfach.

VIERUNDDREISSIG
    Earl schob mit aller Macht, aber trotz all der übernatürl i chen Kraft der Untoten passte ein Schrankkoffer nicht auf den Rücksitz eines gebrauchten Volvos. Er gab sich g e schlagen und ließ den Koffer auf den Boden fallen.
    »Schätze, wir werden ihn aufs Dach binden müssen.«
    »Denke auch.« Duke ging ins Diner,
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