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Diktator

Diktator

Titel: Diktator
Autoren: Stephen Baxter
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Übungsmaterial verwendet und hypnotische, mnemonische und andere Techniken eingesetzt, um die Informationen – die Gödel-Trajektorien und die Gegengeschichts-Aufträge – in seinen benebelten Kopf zu zwingen.«
    Mary sah Julia über ihre Lesebrille hinweg an. »Mein Gott. Sie haben mein Dünkirchen-Szenario wirklich … äh … hineingeladen ?«
    »Und die 1938er-Studie auch. Natürlich haben wir ihn erst dann schlafen lassen, als sie wieder aus seinem Kurzzeitgedächtnis verschwunden waren.«
    Mary blätterte die Papiere auf dem Schreibtisch durch. »Und das hier haben Sie zurückgeschickt. Ja?«
Sie brachte eine Reihe von Papieren voller Schaubilder zum Vorschein, die technischen Zeichnungen ähnelten. George kniff die Augen zusammen, um sie zu erkennen. Flugzeuge mit Vogelschwingen, U-Boote wie Metallfische. »Waffenpläne, in die Vergangenheit gesandt. Und Schießpulver. Sie haben ein Rezept zur Herstellung von Schießpulver zurückgeschickt.«
    »Wir nennen es ›Kodex‹«, sagte Julia. »Und wir sind ziemlich stolz auf unsere Forschungsarbeit. War gar nicht so leicht, sich Waffen auszudenken, die einem dreckärschigen Mönch des dunklen Zeitalters halbwegs plausibel erscheinen würden.«
    Ernst starrte seinen Bruder an. »Was ist das für ein Wahnsinn, Josef? Wem wolltest du diese Waffen in die Hand geben?«
    »Ah«, sagte Mary und zog ein anderes Blatt Papier aus dem Stapel. »Das hängt von dem zweiten dieser Sendschreiben ab, nicht wahr, Standartenführer? Dem Testament – das, wie ich sehe«, sagte sie lesend, »in den Kopf einer Frau des elften Jahrhunderts zurückgeschickt werden sollte. Sie war die Gattin eines Kriegers von William dem Eroberer, der Orm Egilsson hieß. Das also ist Eadgyth. Hatte Egilsson nicht mit einem englischen Priester namens Sihtric zu tun, der zu Harolds innerstem Kreis zählte? So wollten Sie also an ihn herankommen.«
    Julia runzelte die Stirn. »Sie wissen sehr viel über unsere Arbeit. Wer waren Ihre Spione?«
    Mary schüttelte den Kopf. »Diese Informationen stammen nicht von Spionen. Ich bin Historikerin, keine
Detektivin; ich habe das alles durch historische Recherchen herausgefunden. Was immer Sie getan haben, es hat Spuren in der Vergangenheit hinterlassen.«
    »Und, sind wir zu spät gekommen, Mary?«, fragte Mackie grimmig. Er schaute sich um. »Verändert sich die Geschichte um uns herum wegen dieser Verbrecher?«
    Julia ging sofort zum Angriff über. »Verbrecher? Sie arroganter Schleimscheißer, Mackie, Captain der Royal Navy. Männer wie Sie haben mich schon immer angewidert. Ihr beschimpft die Partei. Ihr meckert darüber, wie wir die Juden behandeln. Aber wer hat die Blutklage erfunden? Die Engländer. Wer hat die Juden im dreizehnten Jahrhundert aus dem Land vertrieben? Die Engländer. Wer hat Konzentrationslager in Afrika errichtet? Die Engländer. Und ihr Amerikaner seid auch nicht besser, Wooler. Ihr jammert über unsere Rassengesetze, aber in euren Südstaaten gibt es gesetzliche Verbote der Heirat zwischen Angehörigen unterschiedlicher Rassen, die der Partei als Modell für ihre arisch-jüdischen Gesetze gedient haben. Alles, was Hitler getan hat, steht in einem historischen Kontext  – im Kontext eurer Geschichte.«
    Mackie hörte sich das mit steinerner Miene an. »Ich glaube wirklich, wir sollten Sie mal zu einem Phrenologen bringen, meine Liebe.«
    »Reden Sie nicht so mit mir!«, schrie sie. Ihre Stimme hatte einen hysterischen Klang.
    Gary funkelte Julia an. »Warum verwickelt uns diese Nazi-Frau immer wieder in ein Gespräch? Irgendwas stimmt hier nicht …«

    Und plötzlich begriff George, dass Gary recht hatte. Das war alles bloß Theater; er kannte Julia gut genug, um das zu erkennen. Er schaute sich um. Ben, im Glaskasten, bewegte sich noch, seine Lider hoben sich wie schwere Vorhänge. Er kämpfte gegen die Drogen an.
    »Hört zu«, sagte George rasch. »Gary hat recht. Sie will uns hinhalten. Sie hat die erste Sendung zurückgeschickt, den Kodex. Ich habe dabei zugehört. Aber die zweite Sendung, dieses Testament, das hat sie in ihn hineingeladen, aber …«
    Der Kolben von Julias Pistole krachte auf seinen Hinterkopf herab. Es fühlte sich an, als explodiere sein Schädel. Er war auf den Knien, auf dem Boden, aber er blieb bei Bewusstsein. »Ben – im Kasten – sorgt dafür, dass er wach bleibt …«
    Damit ging es los.

XVII
    Josef Trojan stürzte zum Tank. Aber sein Bruder hielt ihn auf; die Arme hinter dem Rücken, trat
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