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Dihati Qo – Die, die sein werden (German Edition)

Dihati Qo – Die, die sein werden (German Edition)

Titel: Dihati Qo – Die, die sein werden (German Edition)
Autoren: Joseph Maximilian Spurk
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zuließ und er warf ihr drei Kupferstücke entgegen, in der Hoffnung, dass dies ausreichte. Das verächtliche Zischen signalisierte ihm, das zwei weitere Kupferstücke ihn vielleicht am Leben ließen – sofern er das Bier vertrug. So stampfte die Dame in der ihr gegebenen Grazie zurück zu den anderen Fässern hinter der Theke.
    Illwar betrachtete den fleckigen Krug. Das Bier darin schäumte kaum und war lauwarm. Es war gerade so hoch eingeschenkt, dass es nicht aus dem Sprung am Rand des Kruges herausfloss. Die Essensreste am Becher bestätigten das, was sich Illwar ohnehin gedacht hatte: Wasser war hier kostbar – oder sein Gebrauch unbekannt.
    Er schloss die Augen, was den Lärm in seinen Ohren intensivierte und den Gestank in seiner Nase unerträglich werden ließ. Er setzte den Krug an. Er war überrascht. Das Bier schmeckte noch widerlicher als es roch. Er hatte schon angefaulten Fisch gegessen, der ihm besser mundete. Als die ölige Flüssigkeit, gelagert in faulendem Holz, seine Kehle hinunterrann, nahm er all seine Beherrschung zusammen, um es nicht auszuspucken. Er leerte den Krug in einem Zug. Durch reine Willenskraft behielt er alles im aufbäumenden Magen. Er hatte schon oft verdorbenes Essen und schlechtes Bier in unzähligen Kaschemmen zu sich genommen, aber das hier war selbst für ihn ein neuer Tiefpunkt. Also was zur Hölle machte Elldrig hier?
    * * *
    Die Tür flog auf und Illwar drehte sich erwartungsfroh um. Doch was er sah, war nicht sein alter Freund und Lehrer Elldrig, was er sah, war ein Teufel – mit schwarzgelocktem Engelsgesicht. Die Diebin stieß sich einen langgezogenen Seufzer von der Seele, als sie die Tür schloss. Sie schaute sich kurz um, aber keiner der Gäste schien sich für sie zu interessieren. Abgehetzt, aber sichtlich erleichtert ging sie in den hinteren Teil der Kaschemme, zur Treppe, die in das obere Stockwerk des Gebäudes führte.
    Illwars Stirn legte sich in Falten und seine Augenbrauen näherten sich einander bedrohlich. Allein ihr Anblick ließ den Schmerz in seiner Lendengegend pochen. Sie hatten sie also nicht erwischt. Vielleicht konnte er ja heute der Seite des Gesetzes einen Gefallen tun. Er gab seinen Platz auf und folgte ihr.
    Er ging die Treppe hinauf und blickte in den unbeleuchteten Flur. Im Schatten sah er einen Betrunkenen, der schnarchend seinen Schlafplatz gegen die umherkriechenden Kakerlaken verteidigte. Diese wiederum schienen in ihm einen lohnenden Appetithappen zu sehen. Oder sie knabberten nur an seinen Schuhen. Der Flur hatte drei Türen auf jeder Seite. Alle sechs Türen machten den gleichen erbärmlichen Eindruck, wie der Rest der Spelunke. Die hinterste Tür rechts wurde eben zugedrückt. Illwar hatte ein Ziel. Den einzigen Laut, den seine weichen Sohlen abgaben, war das Knirschen von Kakerlakenpanzern.
    Er lauschte. Das Schnarchen der Alkoholleiche übertönte zwar den größten Teil, aber er konnte eine Frauenstimme hören. Sie sprach in einem beruhigenden, melodischen Ton mit jemandem, der nicht antwortete. Illwar prüfte vorsichtig die Tür. Sie war verriegelt. Aber der Zustand des Holzes ließ keinen Zweifel daran, dass dieses morsche Gebälk keinen Widerstand für Illwars Wut bot.
    Er presste seinen Stab in beide Hände und die Knöchel wurden weiß. Sein Fuß hämmerte die Tür aus den Angeln. Das Krachen störte niemanden im Schankraum, wenn es überhaupt zu hören war. Der süße Teufel mit dem Engelsgesicht wirbelte um seine eigene Achse und hatte zwei Dolche in den Händen. In einer fließenden Bewegung sprang die Frau auf Illwar zu, die Dolche erhoben. Doch Illwars Stab knallte auf ihr Brustbein und sie krachte zu Boden. Ihre Dolche lagen nutzlos auf dem Boden, während sie nach Luft japste.
    »Ich hoffe, das wird Dich von weiteren Versuchen, anderen die Männlichkeit zu rauben, abhalten, kleines Miststück!« Illwar stellte die kaputte Tür wieder in ihren Rahmen. Er brauchte keine Zuschauer. Dass die Frau als Diebin beschimpft wurde, war ihm gleichgültig. Aber seine empfindlichste Stelle zerquetschen zu wollen, das machte ihn äußerst wütend. Und er wollte ihr eine Lektion erteilen. Als er sich wieder umdrehte, fiel sein Blick auf die gegenüberliegende Wand – und sein Atem stockte. Die zusammengekauerte Gestalt auf der Pritsche zitterte am ganzen Körper. Ein Schweißfilm stand auf ihrer Stirn. Der Mann, der dort lag, war nur notdürftig mit einem Lumpen zugedeckt. Sein Gesicht, ja sein ganzer Körper war ausgezehrt und
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