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Diese Sehnsucht in meinem Herzen

Diese Sehnsucht in meinem Herzen

Titel: Diese Sehnsucht in meinem Herzen
Autoren: Jen Safrey
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nun endlich zur Schule gekommen. Und obwohl Joseys eigene Probleme alles andere in ihrem Leben zu überschatten drohten, hatte sie nicht gezögert, schon am zweiten Tag die Schulleiterin über sein Fehlen in Kenntnis zu setzen. Die ließ Josey nachher wissen, dass Mike die Grippe hatte und seiner Mutter das Ganze furchtbar Leid tat.
    Aber nun war der Junge endlich da, und Josey zeigte ihm seinen Tisch und überreichte ihm alle Schulbücher. Einige Jungen, die Mike wohl schon kannten, flüsterten ihm etwas zu, und Josey bemerkte, wie er zurücklächelte. Nun war sie seinetwegen schon nicht mehr so beunruhigt.
    Bis der Nachmittag kam.
    Josey gönnte ihrer dritten Klasse nach dem Mittagessen noch eine kurze Pause, weil das Wetter so schön war und sich in den nächsten Wochen ganz sicher abkühlen würde. Als sie die Kinder vom Schulhof wieder hereinrief, stürmten alle durch die Tür, fröhlich und energiegeladen. Es dauerte eine Weile, bis alle wieder an ihren Plätzen waren – alle, bis auf Mike. Josey forderte ihn auf, sich an seinen Tisch zu setzen, aber er reagierte nicht, sondern blieb einfach am Tisch eines Freundes stehen, um sich dort eine Plastikfigur anzuschauen. Da ging Josey zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter, um ihn sanft zu seinem Platz zu schieben.
    Der Junge zuckte zusammen. Nicht stark, aber deutlich.
    Ein eiskalter Schauer durchlief Josey. Sofort kamen ihr unzählige kleine Anhaltspunkte in den Sinn, die ihr verdächtig hätten vorkommen können: die vielen Absagen, als sie ihm Nachhilfe gegeben hatte. Sein Fehlen zu Schulbeginn.
    Das nervöse, gehetzte Auftreten seiner Mutter.
    Und er war zusammengezuckt, als sie ihn ganz leicht an der Schulter berührt hatte.
    Inzwischen hatte sich Mike auf seinen Platz gesetzt. Josey konnte das Zittern in ihrer Stimme nicht unterdrücken, als sie die Schüler aufforderte, ihre Diktathefte herauszuholen. Einige stöhnten, anderen wühlten hektisch in ihren Schultaschen.
    Und ein kleiner blonder Junge rieb sich geistesabwesend die Schulter.
    Als Joseys Klasse Musikunterricht bei ihrer Freundin und Kollegin Ally hatte, holte Josey Mike aus dem Raum ab und ging mit ihm anschließend den Gang hinunter.
    Sie hatte es kaum ertragen können, fünfundvierzig Minuten bis zur Musikstunde zu warten, aber Josey hielt das für den besten Zeitpunkt, den Jungen kurz aus der Klasse zu nehmen und zum Schulkrankenpfleger zu bringen. Sie hatte ihn ein paar Mal während des Unterrichts husten hören. Falls sich ihr Verdacht nicht bestätigen sollte, würde sie das als Ausrede benutzen.
    Sie klopfte an Jakes Tür und trat dann ein. Der Krankenpfleger saß drinnen an seinem Schreibtisch. „Miss St. John! Wie schön, Sie zu sehen. Leider heißt das ja meist, dass sich jemand ziemlich mies fühlt.“ Er richtete seinen Blick auf Mike.
    „Stimmt’s?“
    „Mir geht’s gut“, erwiderte der Junge störrisch und sah den Flur hinunter, wo der Musikraum lag.
    Nun stand Jake vom Schreibtisch auf und kam lächelnd auf seine beiden Besucher zu. Doch als er Joseys seltsamen Gesichtsausdruck bemerkte, gefror ihm das Lächeln fast auf den Lippen. „Prima, dass es dir gut geht, Kumpel“, sagte er, und Josey fühlte sich schon viel besser. Mike war bei Jake in den besten Händen.
    „Wie heißt du denn?“
    „Mike.“
    „Okay, Mike, du hast doch wohl heute nicht etwa gespuckt, oder?“
    „Nein.“ Nun lächelte Mike sogar ein bisschen. Mit so einer Frage hatte er nicht gerechnet.
    „Das ist gut.“ Jake holte sein Stethoskop unter dem weißen Kittel hervor. „Du ahnst ja gar nicht, wie viele Kinder in der Schule spucken. Das ist vielleicht ein Schweinkram!“
    Wieder lächelte der Junge ein wenig.
    „Warst du krank?“ erkundigte sich Jake nun.
    „Nein.“
    „Mike“, erinnerte Josey ihn sanft. „Du bist an den ersten drei Schultagen nicht gekommen. Da warst du doch krank, oder?“
    Mike zuckte zusammen, als würde er sich gerade an etwas erinnern. „Ja.“
    Jake blickte auf und sah Josey kurz in die Augen.
    „Er hat so gehustet“, erklärte sie, spürte aber, dass Jake bereits wusste, warum sie hier war. Sie berührte ihre Schulter, rieb sie kaum merklich und sah dann bedeutungsvoll auf Mikes Schulter.
    Jake nickte so leicht, dass sie es fast nicht bemerkt hätte. „Okay, Mike, dann lass uns doch jetzt mal sehen, ob du auch wirklich fit genug bist, heute schon wieder hier zu sein. Ich werde dich jetzt gleich bitten, dein Hemd auszuziehen, damit ich mir deine Atmung
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