Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Diebin der Nacht

Diebin der Nacht

Titel: Diebin der Nacht
Autoren: Meagan McKinney
Vom Netzwerk:
Onkels zu leben. Sie sind eine Debütantin und keine von der Welt abgekapselte Nonne.«
    Caroline wandte sich an Belloch. »Und was Sie betrifft, Rafe, ich muss schon sagen. Sie wissen ganz genau, dass man einen Grafen nicht mit >mein Herr< anspricht. Man redet ihn mit >le comte< an. Ich befürchte, die arme Emile ist schrecklich verärgert.«
    Rafe senkte seinen Kopf. »Ich bin aufrichtig beschämt über das Ausmaß meiner Unwissenheit, Caroline. Ich danke Ihnen für Ihre Belehrung. Ich werde studieren, um mich Ihnen würdig erweisen zu können.«
    »Sie sind skandalös«, versicherte sie ihm, wobei sie ihre perfekt manikürte Hand erhob, um für einen kurzen Moment seine Wange zu berühren. »Beschämt? Es ist Ihnen doch völlig egal. Und ich bin so vernarrt in Sie, Sie stattlicher Rohling, dass ich Ihnen nicht einmal ernsthaft böse sein kann. Indem Sie meine Schwäche spüren, nutzen Sie sie aus.«
    Trotz ihres neckenden Tonfalls sandte Caroline ihm mit gesenkten Lidern ein Lächeln zu, das - zumindest nach Mysteres Auffassung der Regeln - weit über die Grenzen reinen Flirtens hinausging. Caroline wandte sich wieder ihr zu.
    »Nehmen Sie sich vor dem da in Acht, meine Liebe«, vertraute sie ihr an. »New Orleans wird Sie mit Sicherheit nicht auf diese Sorte Mann vorbereitet haben. Rafe ist ein übersättigter Idealist und Ihre Jugend und Naivität reizen ihn. Er ist ein Mann, der es gewohnt ist zu bekommen, was er haben will. Und zwar auf direktestem Wege.«
    Caroline und Ward schwebten davon und Mystere hoffte, dass Beiloch ihnen folgen würde. Er blieb jedoch bei ihr stehen und beobachtete sie mit halb anklagendem, halb grüblerischem Blick.
    »Ist das nicht amüsant?«, fragte er und wies mit einer Handbewegung auf die Versammlung. »Die Sterbenslangweiligen und die Emporkömmlinge, alle gemeinsam unter Carolines neu aufgespanntem Schirm. Und was sind Sie, Miss Rillieux?«
    »Für jemanden, der ein finsteres Gesicht und so spitze Bemerkungen macht«, ließ sie ihn wissen, »waren Sie Caroline gegenüber gerade ausgesprochen zahm.«
    »Natürlich. Man besucht ja auch nicht Rom und beleidigt den Papst.«
    Sie lachte, obwohl sie sich fragte, was er wohl von ihr wollte. Mit Sicherheit jedoch hatte er sie nicht erkannt. Sie sah inzwischen völlig anders aus als noch vor zwei Jahren. Mit ihrer eigens zu diesem Zweck eingebundenen und bandagierten Figur sah sie - wenn überhaupt - eher noch jünger aus als älter. Nachdem ihre Ausbildung beendet war, hatte ihr Mentor Paul Rillieux ihr schließlich erlaubt, sich ihren Weg aus den dreckigen, erbärmlichen Lumpen hinaus zu verdienen. Jetzt trug sie das unschuldigste blaue Satinkleid, das Charles Frederick Worth jemals entworfen hatte.
    Er konnte sie unmöglich erkennen, aber sie erinnerte sich gut an ihn, wie er fast nackt in der Gasse in Five Points dagestanden hatte, sein Gesicht angespannt vor Wut und Rachedrohungen. Er hatte einen atemberaubenden Anblick geboten, und oft war sie seither aus Albträumen erwacht, in denen sein Gesicht sich wie eine Fotografie in ihr Gedächtnis geätzt hatte.
    Sie schaute ihn an, um dadurch ihre Selbstsicherheit wiederzuerlangen. Es half nichts. Sie hätte schwören können, dass er seine Position ständig leicht veränderte, als wollte er sie aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.
    Noch immer wusste sie nicht viel mehr über ihn als das, was sie zwei Jahre zuvor aus den Zeitungsartikeln erfahren hatte. Er war ein Patriarch der »oberen Vierhundert«, wohingegen sie und Paul Rillieux nur durch besondere Protektion von Mrs. Astor dazugehörten. Es gab vage Gerüchte über irgendeine Tragödie oder sogar einen Skandal. Das konnte gut möglich sein, denn man wusste von Belloch, dass er viele Bekannte, jedoch nur wenige Freunde hatte. Er hatte ein schwindelerregendes Vermögen durch Eisenbahnunternehmen angehäuft, verbrachte für gewöhnlich einen Teil des Jahres auf seinen prächtigen Besitztümern im Jagdgebiet Virginias und besaß eine private Dampfyacht, die so luxuriös war wie ein kleiner Ozeandampfer. Seine Yacht erlaubte es ihm, seinen hiesigen Wohnsitz auf Staten Island zu haben und dadurch Manhattan bewusst fe rn bleiben zu können.
    Und natürlich war er ein äußerst begehrter Junggeselle - was auch die Tatsache erklärte, dass Miss Antonia Butler ihn selbst jetzt nicht eine Sekunde lang aus den Augen ließ.
    »Miss Rillieux«, sagte er, abrupt ihre Gedanken unterbrechend, »was halten Sie von der Sache um Lady Moon-
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher