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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held
Autoren: Andrew Offutt
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Fuß von der Wand
entfernt, hing ein smaragdgrüner Vorhang von der Decke bis zum
Boden. Hanse vermutete, daß dahinter etwas verborgen war, ein
weiterer Tisch, wahrscheinlich irgend etwas, das niemand außer
Corstic zu Gesicht bekommen sollte. Vor einer anderen Wand stand ein
mit schönem Stoff bezogener Diwan. Hanse sah einen hohen
hölzernen Schemel und einen einzelnen Stuhl hinter dem
Schreibtisch. Und er sah… Corstic?
    Dümmlich brachte er hervor: »Thu… varandis?
Aber…«
    »Du willst mir doch nicht etwa sagen, daß das
unmöglich ist, oder, junger Mann? Wenn du mich siehst, muß
es wohl möglich sein. Da du hier mit Mordlust in den Augen und
in Begleitung von zwei lieben Schmusekätzchen
hereingestürmt kommst, die ich wiederzuerkennen glaube,
muß ich annehmen, daß du ihre Geschichte kennst. Von
dieser kleinen übersinnlichen Nutte, mit der du zusammenlebst,
ohne Zweifel. Nein, nein, überanstrenge dich jetzt nicht, indem
du versuchst, in deiner Wut einen weiteren Piekser zu ziehen und zu
werfen. Du kannst deine Arme nicht bewegen, und du wirst sie so lange
nicht mehr bewegen können, bis ich es wünsche. Versuch,
deine Wut zu zügeln, und ich werde mir Mühe geben, meine
Zunge im Zaum zu halten. Zweifellos ist sie ein nettes kleines
Mädchen, deine Geliebte, hmmm? Es ist nur so, daß dies
eine Stadt der Magier ist, und ich und ein paar andere Leute haben
gewisse Gesetze und Regeln aufgestellt, die die S’danzo
betreffen.«
    Thuvarandis lächelte nur flüchtig und wirkte ruhig und
zuversichtlich, als er einen Finger ausstreckte. »Setz
dich.«
    Im selben Moment wollte sich Nachtschattens Körper setzen. Er
versuchte, gegen den Drang anzukämpfen. Er war unwiderstehlich.
Es war nicht sein Geist, der gehorchen mußte, es war sein
Körper. Obwohl er sich wehrte, kippte er rückwärts
gegen die Wand und rutschte an ihr in eine Sitzposition auf den Boden
– er kam ziemlich hart auf, weil seine Arme genausogut mit
Ketten hätten gefesselt sein können, so wenig konnte er sie
gebrauchen. Dieser Mann hatte die völlige Kontrolle über
seine Muskeln und Reflexe.
    »Du hättest zweifellos gerne eine Erklärung
dafür«, fuhr Thuvarandis fort. »So würde es in
der Geschichte eines Geschichtenerzählers geschehen. Nun, du
kannst darauf pfeifen, Dieb! Für so etwas wie dich habe ich
keine Zeit für Erklärungen zu vergeuden. Aber ich werde dir
trotzdem etwas zeigen. Du wirst es zweifellos fesselnd finden, junger
Mann, sogar lehrreich, wenn nicht gar wie eine Erleuchtung!«
    Thuvarandis zog den grünen Vorhang zur Seite, und ein anderer
Tisch kam zum Vorschein. Selbst aus seiner Sitzposition unten auf dem
Boden konnte Hanse erkennen, daß ein entkleideter Mann auf dem
Tisch festgeschnallt war. Nachtschatten sah, wie sich seine Brust
unter flachen, zitternden Atemzügen hob und senkte. Es war ein
weißhaariger Mann, der von breiten, schwarzen Bändern auf
dem Rücken liegend festgehalten wurde. Er war unglaublich
bleich. Der Magier drehte sich wieder zu dem Eindringling um.
    »Steh auf«, sagte er und machte mit beiden Händen
eine hebende Geste. »Auf die Beine. Komm hierher.«
    Hanse wurde von Entsetzen ergriffen, als etwas ihn auf die
Füße zwang. Sie bewegten sich, seine Beine bewegten
sich. Er selbst hatte nichts damit zu tun. Seine Arme blieben
unbrauchbar, völlig bewegungslos. Der Magier steuerte ihn, ließ ihn zu dem gerade zum Vorschein gekommenen Tisch
hinübergehen, ein armloser Gefangener in seinem eigenen
Körper. Er starrte auf das festgeschnallte Opfer und zitterte in
einer Mischung aus Grauen und wildem Zorn. Eine geschlossene Faust
hätte in das blutige Loch im Bauch des erbarmungswürdigen
Mannes gepaßt. Illusion oder nicht, ein Ast hatte dieses Loch
gebohrt, und Hanse hatte es gesehen, denn dieser Mann war kein
anderer als Thuvarandis. Doch der Ast, der ihn aufgespießt
hatte, konnte nicht dafür verantwortlich sein, daß der
langbeinige Mann auch kastriert worden war. Und trotzdem atmete
Thuvarandis immer noch.
    Hanses Lippen bewegten sich, brachten aber kein Wort zustande. Er
blickte wieder den Magier an – und keuchte. Sein Magen drehte
sich um. Hanse sah in Marlls Gesicht!
    »Nein, ich bin nicht dein freundlicher Mitverschwörer. Das da ist Thuvarandis, das verräterische Schwein.
Illusion, hast du es schon vergessen? Ich hatte gedacht, daß
dir dein Amulett vielleicht gestatten würde, durch meine
äußere Erscheinung hindurchzusehen, bis du mich
Thuvarandis genannt hast, und ich wußte,
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