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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende
Autoren: Lawrence Sanders
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Schießstandes kein einziges Mal auf den Abzug. Was Sie so im Fernsehen sehen oder in der Zeitung lesen, diese aufregenden Sachen, die kommen hin und wieder schon vor, klar. Aber auf jeden, der schießt, kommen Tausende, die Tag für Tag brav ihre Streife gehen, Familienstreit schlichten, für einen Herzkranken nach der Ambulanz telefonieren, die Betrunkenen von der Straße scheuchen und Fixer oder Prostituierte festnehmen.»

    «Klar», erklärte Harry Schwartz, «weiß ich ja alles. Und ich stimme Ihnen hundertprozentig zu. Aber trotz und alldem stecken wir doch den Kopf nicht in den Sand; man drückt den Blauen doch nicht für nichts und wieder nichts einen Ballermann in die Hand, stimmt's? Ich meine, ein Polyp kann Jahr für Jahr Dienst machen, und nichts passiert, seine Kanone kann in ihrem Halfter anwachsen, so selten braucht er sie. Und trotzdem, plötzlich ist es soweit, jemand will ihn umlegen, und da muß er so einen Irren zuerst erledigen. Ich meine, so was passiert doch, oder?»
    «Ja. So was passiert.»
    «Und trotz und alldem», sagte Harry Schwartz. «Ich wette, Ihnen fehlt der Betrieb. Stimmt's?»
    «Stimmt», sagte Edward X. Delaney.
    Die Mülltonnen waren geleert worden und standen wie gewöhnlich am Straßenrand. Er schaffte sie in den kleinen Raum unter der Treppe und legte die Deckel wieder darauf. Nun hätte er das Haus durch die Kellertür betreten können, doch würde das bedeutet haben, zwei Vorhängeschlösser aufzuschließen und eine Sicherheitskette vorm eisernen Türgitter zu entfernen. Deshalb kehrte er um und stieg die elf Stufen zur Haustür hinauf.
    Als Barbara und er das alte Reihenhaus vor fast dreißig Jahren renoviert hatten, war es gelungen, etwas von dem Reiz des alten Gebäudes zu erhalten oder wiederherzustellen; dazu gehörte die Haustür, die gewiß ein Dreivierteljahrhundert alt war. Als er sie jetzt aufschloß, bewunderte er sie aufs neue: Polierte Eiche mit Messingbeschlägen und einem diamantförmigen Spion aus konisch geschliffenem Glas.
    Er betrat die erleuchtete Halle, drehte den Schlüssel von innen zweimal um und legte die Kette vor.
    «Bin wieder zurück», rief er.
    «Hier, Liebling», ließ sich seine Frau aus der Küche vernehmen.
    Er hängte seinen Homburg an die Garderobe in der Halle und ging dann genüßlich schnuppernd den langen Korridor hinunter.
    «Irgendwas riecht gut», sagte er, als er in die große Küche trat.
    Lächelnd drehte Monica sich um. «Das Essen oder die Köchin?» fragte sie.
    «Beides», sagte er und gab ihr einen Kuß auf die Wange. «Was gibt's?»
    «Dein Leibgericht», antwortete sie. «Rindfleisch mit Meerrettichsauce.»
    Er hielt unvermittelt inne und sah sie mit großen Augen an.
    «Na schön», sagte er. «Was hast du gekauft?»
    Sie wandte sich wieder ihren Töpfen und Pfannen zu, ein wenig betreten zwar, aber immer noch lächelnd.
    «Hör auf, den Detektiv zu spielen», sagte sie. «Soviel war's gar nicht. Neue Tagesdecken für die Betten der Mädchen.»
    «Na, das geht ja noch», sagte er. Er nahm einen Stengel Sellerie von einer Platte mit Rohkost, ließ sich schwerfällig an dem großen Küchentisch nieder und kaute, daß es knirschte. «Wie war denn dein Tag?»
    «Hektisch. Alle Kaufhäuser brechend voll. Die Kinder sagen, es hätte was Gutes zum Lunch gegeben, und du hättest zwei Gläser Whiskey getrunken.»
    «Die lieben Kleinen», sagte er. «Sind sie zu Hause?»
    «Ja. Oben. Machen Schularbeiten. Edward, sie brummen den Kindern an dieser Schule aber ganz schön Hausarbeiten auf!»
    «Das wird sie nicht umbringen», sagte er.
    «Und Ivar Thorsen hat angerufen. Er möchte dich sprechen.»
    «Ach? Hat er gesagt, warum?»
    «Nein. Er will heute abend um neun herkommen. Wenn es nicht paßt, sollst du in seinem Büro anrufen. Hört er nichts von dir, nimmt er an, daß es paßt.»
    «Ich hab nichts dagegen. Du? Hast du was vor?»
    «Nein. Auf Kanal dreizehn gibt es ein Programm, das ich mir ansehen möchte. Über Brustkrebs.»
    «Da ziehe ich Thorsen vor», sagte er. «Soll ich den Tisch decken?»
    «Schon erledigt. In einer Viertelstunde essen wir.»
    «Dann helfe ich dir hinterher mit dem Geschirr», sagte er und stand auf.
    «Sag den Kindern, sie sollen runterkommen», bat sie und kostete die Sauce.
    Er legte ihr den Arm um die weiche Hüfte. Sie schmiegte sich an ihn, den großen Holzlöffel in der Hand.
    «Habe ich dir schon gesagt, daß ich dich liebe?» fragte er sie.
    «Nein, heute noch nicht.»
    «Dann betrachte es
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