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Die zweite Stufe der Einsamkeit

Die zweite Stufe der Einsamkeit

Titel: Die zweite Stufe der Einsamkeit
Autoren: George R. R. Martin
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eine Felskatze geschossen. Ich begleitete ein paar andere Jäger zur westlichen Küste und wurde beinahe von einem Prärieteufel getötet.
    Und ich fing wieder an, mit Sanders zu sprechen.
    Während alldem hatte Sanders mich und Dubowski sowie jeden anderen, der mit der Geisterforschung zu tun hatte, ziemlich konsequent ignoriert. Er sprach – wenn überhaupt – widerwillig mit uns, grüßte uns knapp und verbrachte seine ganze freie Zeit mit den anderen Gästen.
    Nach dem, was er an jenem Abend in der Bar gesagt hatte, machte ich mir anfangs Sorgen, was er wohl unternehmen würde. Ich hatte Visionen, wie er jemanden draußen, in den Nebeln, ermordete und versuchte, es so aussehen zu lassen, als sei es ein Geister-Mord gewesen. Oder daß er vielleicht nur die Geisterfallen sabotierte. Aber ich war davon überzeugt, er würde etwas versuchen, um Dubowski loszuwerden oder die Expedition sonstwie zu unterminieren.
    Kommt davon, wenn man zuviel Holovision sieht, schätze ich. Sanders tat nichts dergleichen. Er schmollte nur, starrte uns in den Schloßkorridoren finster an und gab uns zu allen Zeiten stets weniger als volle Kooperation.
    Aber nach einer Weile taute er wieder auf. Nicht bei Dubowski und seinen Männern. Nur bei mir.
    Ich vermute, es war wegen meinen Spaziergängen in den Wäldern. Dubowski ging nie in die Nebel hinaus, wenn er es nicht mußte. Und wenn, dann ging er zögernd hinaus und kam schnell zurück. Seine Männer folgten dem Beispiel ihres Anführers. Ich war der einzige Joker in dem Packen. Aber andererseits war ich nicht wirklich Teil desselben Packens.
    Sanders merkte das natürlich. Ihm entging nicht viel von dem, was in seinem Schloß vorging. Und er fing an, wieder mit mir zu sprechen. Höflich. Eines Tages lud er mich schließlich sogar wieder zu Drinks ein.
    Es waren etwa zwei Monate der Expeditionszeit vergangen. Der Winter kam über Geisterwelt und Wolkenschloß, und die Luft wurde kalt und frisch. Dubowski und ich waren draußen auf dem Speisebalkon, verweilten nach einem weiteren hervorragenden Mahl beim Kaffee. Sanders saß an einem Tisch in der Nähe und sprach mit ein paar Touristen.
    Ich habe vergessen, worüber Dubowski und ich diskutiert haben. Was es auch war, an irgendeiner Stelle unterbrach mich Dubowski mit einem Frösteln. „Es wird kalt hier draußen“, beklagte er sich. „Warum ziehen wir nicht nach drinnen um?“ Dubowski hatte den Speisebalkon noch nie sehr gemocht.
    Ich runzelte einigermaßen die Stirn. „Es ist nicht so schlimm“, sagte ich. „Außerdem ist es beinahe Sonnenuntergang. Eine der besten Zeiten des Tages.“
    Dubowski schüttelte sich wieder und stand auf. „Wie es Ihnen beliebt“, sagte er. „Aber ich gehe hinein. Mir ist nicht danach, mich zu erkälten, nur damit Sie ein weiteres Mal den Niedergang der Nebel beobachten können.“
    Er machte Anstalten davonzugehen. Aber er hatte keine drei Schritte gemacht, als Sanders von seinem Stuhl hoch war und wie eine verwundete Felskatze heulte.
    „Nebelniedergang“, brüllte er. „ Nebelniedergang!“ Er verfiel in eine lange, unzusammenhängende Folge von Obszönitäten. Ich hatte Sanders noch niemals so wütend gesehen, nicht einmal, als er mich an jenem ersten Abend aus der Bar geworfen hatte. Er stand da, zitterte buchstäblich vor Wut, sein Gesicht gerötet, während sich seine fetten Fäuste an seiner Seite ballten und wieder lösten.
    Ich stand hastig auf und ging zwischen sie. Dubowski wandte sich an mich, sah verblüfft und erschrocken aus. „Wa…“, brauste er auf.
    „Gehen Sie hinein“, unterbrach ich. „Gehen Sie in Ihr Zimmer hinauf. Gehen Sie in die Halle. Gehen Sie irgendwohin. Gehen Sie irgendwohin. Aber verschwinden Sie von hier, bevor er Sie umbringt.“
    „Aber … aber … was ist denn los? Was ist passiert? Ich …“
    „Nebelniedergang ist am Morgen“, sagte ich ihm. „Am Abend, bei Sonnenuntergang, ist Nebelaufgang. Jetzt gehen Sie .“
    „Das ist alles? Warum macht ihn das so … so …“
    „GEHEN SIE!“
    Dubowski schüttelte den Kopf, als wollte er sagen, er verstehe noch immer nicht, was los war. Aber er ging.
    Ich wandte mich an Sanders. „Beruhigen Sie sich“, sagte ich. „Beruhigen Sie sich.“
    Er hörte auf zu zittern, aber seine Augen schleuderten Laserstöße auf Dubowskis Rücken. „Nebelniedergang“, murmelte er. „Seit zwei Monaten ist dieser Bastard hier, und er kennt den Unterschied zwischen Nebelniedergang und Nebelaufgang nicht.“
    „Er hat
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