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Die zweite Haut

Die zweite Haut

Titel: Die zweite Haut
Autoren: Dean R. Koontz
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den Blick auf den Leichnam, der ihm auf der Plattform direkt gegenüberlag und ins gnadenlose Licht der Taschenlampe getaucht wurde. Die Leiche war ein Puzzle aus schwarzen Knochen und feucht glänzendem Fleisch, das größtenteils für den hektischen Versuch verbraucht war, sich selbst zu heilen und am Leben zu bleiben. Die verzerrten und deformierten Überreste hatten mehr Ähnlichkeit mit einer außerirdischen Lebensform als mit einem Menschen.
    Wind wehte.
    Schnee fiel.
    Noch beißendere Kälte senkte sich herab.
    Nach einer Weile wandte sich der Mann im schwarzen Skianzug von den Überresten ab und sprach zu dem bärenhaften Mann. »Wirklich ein sehr böser Junge.«
    Der größere Mann sagte nichts.
    Marty wollte sie fragen, wer sie seien. Aber er hielt sich mit größter Anstrengung bei Bewußtsein, und er dachte, die Anstrengung des Sprechens könnte zuviel für ihn sein.
    An seinen Partner gewandt, sagte der kleinere Mann: »Was hältst du von der Kirche? Unheimlicher als alles, was Kirk und seine Besatzung bisher erlebt haben, was? Die vielen Obszönitäten in Leuchtfarbe an den Wänden. Das wird unser kleines Szenario um so überzeugender machen, glaubst du nicht auch?«
    Ihm war schwindlig, als hätte er zuviel getrunken, und er konnte sich nur mit Mühe konzentrieren, aber Marty sah nun bestätigt, was er schon bei der Ankunft der beiden Männer vermutet hatte: Sie waren keine Retter, lediglich zwei neue Henker und kaum weniger geheimnisvoll als der Andere.
    »Machst du es?« fragte der größere der beiden.
    »Zuviel Arbeit, sie zu der Blockhütte zurückzubringen. Glaubst du nicht, daß sich diese unheimliche Kirche als Tatort noch besser eignet?«
    »Drew«, sagte der große Mann, »manches an dir mag ich wirklich.«
    Der kleinere Mann schien verwirrt zu sein. Er wischte den Schnee ab, den der Wind an seine Augenbrauen wehte. »Was hast du gesagt?«
    »Du bist verdammt klug, obwohl du in Princeton und Harvard warst. Und du hast Sinn für Humor, wirklich, du bringst mich zum Lachen, auch wenn es auf meine Kosten geht. Verdammt, besonders wenn es auf meine Kosten geht.«
    »Wovon redest du?«
    »Aber du bist ein verrückter Drecksack«, sagte der große Mann, hob seine eigene Waffe und erschoß seinen Partner.
    Drew, wenn das wirklich sein Name war, fiel so schwer auf den Fliesenboden, als wäre er aus Stein. Er landete auf der Seite, das Gesicht Marty zugewandt. Sein Mund war offen, ebenso die Augen, aber er hatte den Blick eines Blinden und schien nichts sagen zu wollen.
    Ein häßliches Loch klaffte mitten auf Drews Stirn. Marty starrte die Wunde an, solange er bei Bewußtsein bleiben konnte, aber sie schien nicht wieder zu heilen.
    Wind wehte.
    Schnee fiel.
    Noch beißendere Kälte senkte sich herab – zusammen mit einer undurchdringlicheren Dunkelheit.

57
    Als Marty erwachte, war seine Stirn an kaltes Glas gedrückt. Auf der anderen Seite der Glasscheibe tobte dichter Schneefall. Sie parkten vor den Zapfsäulen einer Tankstelle. Zwischen den Zapfsäulen und durch den Schnee hindurch konnte er ein hell erleuchtetes Lebensmittelgeschäft sehen.
    Er drehte den Kopf vom Glas weg und setzte sich aufrechter hin. Er saß auf dem Rücksitz eines großen Jeeps, eines Explorer oder Cherokee.
    Am Lenkrad saß der große Mann vom Glockenturm. Er hatte sich auf dem Sitz umgedreht und sah nach hinten. »Wie geht es Ihnen?«
    Marty versuchte zu antworten. Sein Mund war trocken, die Zunge klebte am Gaumen, sein Hals tat weh. Das Krächzen, das herauskam, formte sich zu keinem Wort.
    »Ich glaube, Sie kommen durch«, sagte der Fremde.
    Martys Skijacke war offen, und er griff sich mit einer zitternden Hand an die linke Schulter. Unter dem blutgetränkten Pullover spürte er eine seltsam wulstige Masse.
    »Notverband«, sagte der Mann. »Besser hab’ ich’s in der Eile nicht hingekriegt. Wenn wir aus den Bergen raus und jenseits der Countygrenze sind, mache ich die Wunde sauber und verbinde sie neu.«
    »Tut weh.«
    »Zweifellos.«
    Marty fühlte sich nicht nur schwach, sondern gebrechlich. Er lebte von Worten und hatte stets die richtigen parat, wenn er sie brauchte, daher fand er es frustrierend, daß er kaum genügend Energie hatte, um zu sprechen. »Paige?« fragte er.
    »Da drinnen mit den Kindern«, sagte der Fremde und deutete auf die Tankstelle mit Lebensmittelladen. »Die Mädchen mußten auf’s Klo. Mrs. Stillwater steht an der Kasse und besorgt uns heißen Kaffee. Ich habe gerade vollgetankt.«
    »Sie
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