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Die Zweierbeziehung

Die Zweierbeziehung

Titel: Die Zweierbeziehung
Autoren: Jürg Willi
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ist. Es geht nicht so sehr um die Person des Partners als um die Ermöglichung einer idealen Liebesbeziehung, an die der Partner nicht zu glauben vermag. Er neigt dazu, die Liebe zu entwerten und sie von sich zu weisen.
    Das Irrationale der absoluten Liebe zeigt sich darin, dass die Liebesbeziehung aufrechterhalten wird, obwohl man vom Partner in seiner Liebe gedemütigt und abgewiesen wird. Die Betroffenen sind sich der Irrationalität ihrer Beziehung bewusst, und doch vermögen sie die Beziehung nicht zu beenden. Es geht darum, an die absolute Liebe zu glauben, gerade weil sie scheinbar nicht realisierbar ist. Der eine Partner glaubt an die Erfüllung der absoluten Liebe, was ihm durch einen Partner ermöglicht wird, der die Begrenzung dieser Erfüllung durch seine Abwehr und Zurückweisung absichert. Dem Partner soll gezeigt werden, dass echte Liebe durch ihre Abweisung gestärkt wird. Die Abweisung ist ein Test für die Echtheit der Liebe, die Erhabenheit der Liebe findet in der Leidensbereitschaft ihre Bestätigung.

10.3. Die Kollusion des sexuellen Begehrens Kollusion des sexuellen Begehrens
    D AVID S CHNARCH , der wohl bekannteste gegenwärtig lebende amerikanische Sexualtherapeut, hat sich eingehend mit dem Problem der sexuellen Lustlosigkeit befasst. Wichtig ist seine Unterscheidung der Differenzierung der Intimität: Er unterscheidet die fremdbestimmte Intimität, die durch Bezugspersonen, vor allem durch den Partner oder die Partnerin, wesentlich bestimmt wird, und die selbstbestimmte Intimität, die vom Partner fordert, einen so zu akzeptieren, wie man ist. Dazu braucht es viel Mut und Reife. Man muss dem Partner unschöne und schwache Seiten zumuten. Dabei geht man das Risiko ein, dass die Beziehung nicht ausreichend tragfähig ist. Die Partner sind auch ängstlich, dass die Wertschätzung des anderen durch eine intime Offenbarung zerstört werden könnte. Es wird befürchtet, die positiven Gefühle könnten verloren gehen, und man versucht alles zu meiden, was trennend wirken könnte. Man versucht sich den Wünschen des Partners anzupassen, was aber nur möglich ist, indem man dem Partner etwas vorspielt und sich selbst aufgibt. Es geht um die Fähigkeit, im engen emotionalen und körperlichen Kontakt zum anderen ein stabiles Selbstgefühl zu entfalten und aufrechtzuerhalten, ohne sich in der Beziehung zu verlieren. Und es geht dabei um die Differenzierung als besondere Form der Verbundenheit, einhergehend mit der Fähigkeit, man selbst in einer intimen Beziehung zu bleiben.
    S CHNARCH behandelt die sexuelle Beziehung als einen Aspekt einer Partnerbeziehung, welche sich nicht grundsätzlich von anderen Beziehungsformen unterscheidet. Fremdbestimmt bedeutet, dass die Partner nicht in sich verwurzelt sind, sondern während des sexuellen Aktes ganz auf den Partner bezogen, von dem man hören möchte, dass die sexuelle Beziehung die intensivste gewesen sei, die man erlebt hat.
    Zwischen der Sexualreaktion des Mannes und der Frau gibt es einen wichtigen Unterschied: Beim Mann zeigt sich die sexuelle Erregung eindeutig und klar mit der Erektion. Bei der Frau dagegen gibt es keine sichtbare körperliche Veränderung, welche die sexuelle Erregung eindeutig erkennen lässt. Das heißt, die Frau kann Theater spielen und sexuelle Erregung vortäuschen. Der Mann kann letztlich nicht mit Sicherheit unterscheiden, ob die Frau wirklich sexuell erregt ist oder ob sie ihm das vormacht. Beide Partner können einander vorschwärmen, so intensive Lust hätten sie noch nie erfahren, es sei das schönste Sexualerlebnis gewesen, das sie je hatten. Der Mann erlebt dabei eine hohe persönliche Bestätigung als Verführer.
    Auf die Dauer ist das Vortäuschen einer sexuellen Erregung natürlich für die Frau nicht zufriedenstellend. Wenn sie den Mann liebt, möchte sie ihm nicht dauernd etwas vorspielen, sondern offen zu den eigenen Gefühlen stehen, selbst auf das Risiko hin, ihn dabei zu enttäuschen. Oft gibt es in einer Liebesbeziehung das Problem, dass die Frau darüber klagt, der Mann sei ihr zu leistungsbezogen und zu mechanistisch, es fehle ihr an Zärtlichkeit und persönlicher Einfühlung. Mit dieser Kritik möchte sich die Frau der Verpflichtung zum Sex entziehen und sich vom Mann nicht zum Orgasmus verpflichten lassen. Sie zeigt ein tiefes sexuelles Differenzierungsmuster, das in einer dauerhaften Beziehung Konflikte stiftet.
    Der Mann kann seine Enttäuschung zeigen. Eventuell macht er der Frau Vorwürfe, dass sie
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