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Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)
Autoren: Marc Levy
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vereist sind – zwei Stunden sind wir da, ich weiß nicht, was daran verrückt sein soll. Wir kommen vor Einbruch der Dunkelheit zurück, und sollte uns wirklich die Nacht unterwegs überraschen – die beiden verchromten Kugeln zu beiden Seiten des Kühlers sind Scheinwerfer … Wie Sie sehen, erwartet Sie keinerlei Gefahr.«
    »Mister Daldry, würden Sie freundlicherweise aufhören, sich ständig über mich lustig zu machen?«
    »Miss Pendelbury, ich verspreche Ihnen, es zu versuchen, aber verlangen Sie bitte nichts Unmögliches von mir.«
    Sie verließen London über das Lambeth-Viertel und fuhren bis Croydon, wo Daldry Alice bat, die Landkarte aus dem Handschuhfach zu nehmen und die Brighton Road zu suchen, die sich irgendwo im Süden befand. Alice schickte ihn nach rechts, doch dann mussten sie umdrehen, da sie die Karte falsch herum gehalten hatte. Nachdem sie sich mehrmals verfahren hatten, wies ihnen ein Fußgänger den richtigen Weg.
    In Readhill hielt Daldry an, um vollzutanken und den Reifendruck zu prüfen. Er hatte den Eindruck, dass der Austin leicht nach rechts zog. Alice blieb, die Karte auf den Knien, im Wagen sitzen.
    Nachdem sie Crawley hinter sich gelassen hatten, musste Daldry das Tempo drosseln, denn es hatte geschneit. Die Windschutzscheibe war vereist, und der Wagen geriet in den Kurven gefährlich ins Rutschen. Eine Stunde später froren sie derart, dass jegliches Gespräch verstummte.
    Daldry hatte die Heizung so hoch wie möglich gestellt, doch der kleine Ventilator konnte nichts gegen die eisige Luft ausrichten, die durch die Kühlerhaube drang. Im Eight Bells Inn legten sie eine Pause ein und wärmten sich eine gute Weile am Kamin auf. Nach einer abschließenden Tasse heißem Tee setzten sie ihren Weg fort.
    Daldry verkündete, es sei nicht mehr weit bis Brighton. Aber hatte er nicht auch versprochen, die Reise würde höchstens zwei Stunden dauern? Und nun waren seit ihrem Aufbruch in London bereits vier vergangen …
    Als sie endlich ihr Ziel erreichten, begannen die Schausteller bereits, ihre Buden zu schließen. Die lange Mole war fast menschenleer, und die letzten Spaziergänger eilten nach Hause, um Heiligabend zu feiern.
    »Gut«, sagte Daldry und stieg aus, ohne sich weiter um die fortgeschrittene Stunde zu kümmern. »Wo finden wir denn diese Wahrsagerin?«
    »Ich glaube kaum, dass sie auf uns gewartet hat«, gab Alice zurück und rieb sich fröstelnd die Schultern.
    »Seien Sie nicht so pessimistisch, gehen wir.«
    Alice zog Daldry zur Kasse, doch die war geschlossen.
    »Umso besser«, meinte dieser, »der Eintritt ist kostenlos.«
    Bei der Bude, vor der sie am Vorabend die seltsame Begegnung gehabt hatte, überkam Alice heftiges Unwohlsein, eine plötzliche Angst schnürte ihr die Kehle zusammen. Sie blieb stehen, und Daldry, der ihr Unbehagen spürte, wandte sich zu ihr um.
    »Diese Wahrsagerin ist eine Frau wie Sie und ich … das heißt vor allem wie Sie. Keine Sorge, wir heben hinterher den Zauber wieder auf.«
    »Sie machen sich schon wieder über mich lustig, das ist wirklich nicht nett von Ihnen.«
    »Ich wollte Ihnen nur ein Lächeln entlocken, Alice, gehen Sie ohne Furcht hinein und hören Sie sich an, was die alte Verrückte Ihnen zu sagen hat. Auf dem Rückweg lachen wir dann über diesen Unsinn. Und wenn wir wieder in London sind, werden wir uns beide – Hellseherin hin oder her – in einem solchen Zustand von Müdigkeit befinden, dass wir schlafen wie zwei Engel. Also seien Sie mutig, ich warte hier und rühre mich nicht vom Fleck.«
    »Danke, Sie haben recht, ich führe mich auf wie ein Kind.«
    »Na ja … gut … gehen Sie jetzt, es wäre doch besser, vor Einbruch der Nacht zu Hause zu sein – an meinem Wagen funktioniert nur ein Scheinwerfer.«
    Alice trat zu dem Wohnwagen. Die Vorderfront war geschlossen, doch durch die Fensterläden drang ein Lichtstrahl. Sie ging zur Stirnseite und klopfte an die Tür.
    Die Wahrsagerin schien erstaunt, Alice zu sehen.
    »Was tust du hier? Ist etwas nicht in Ordnung?«, fragte sie.
    »Nein«, antwortete Alice.
    »Du scheinst nicht in bester Form zu sein, du bist ganz blass«, fuhr die alte Frau fort.
    »Wahrscheinlich die Kälte, ich bin bis auf die Knochen durchgefroren.«
    »Komm herein und wärm dich am Ofen auf.«
    Alice betrat den kleinen Wagen und erkannte sofort den Duft nach Vanille, Moschus und Leder, der intensiver wurde, als sie sich dem Gaskocher näherte. Sie setzte sich auf eine Bank; die Wahrsagerin nahm
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