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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht
Autoren: Ann Aguirre
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jetzt in euren Händen liegt, wisst ihr bereits, und so bleibt mir nichts weiter übrig, als euch alles Gute zu wünschen.«
    Â» Gute Jagd«, korrigierte ich.
    Bigwater blickte mich verwirrt an, wiederholte aber meinen Jägerinnengruß. » Gute Jagd also, euch allen.«
    Er ging zu einem Holzregal mit Dosenfrüchten darin. » Wenn bitte alle mit anpacken könnten und das hier zur Seite schieben?«
    Nachdem das Regal aus dem Weg war, sahen wir den dunklen Tunnel, der sich dahinter erstreckte. Ein kühler Lufthauch schlug uns entgegen und zerrte an den Spinnweben, die von der Decke hingen. Er roch erdig, nach Freiheit. Ich war selbst überrascht von dem Gedanken, aber die Dunkelheit in den Stollen erinnerte mich an Unten. Es sollte mir nicht schwerfallen, den ersten Schritt zu machen.
    Bigwater wollte mir noch eine Laterne mitgeben, aber ich schüttelte den Kopf. Zu auffällig. Falls wir irgendwann doch eine Fackel brauchen sollten, konnten wir uns unterwegs eine machen, sobald wir weit genug weg waren. Als meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich die nackte Erde an den Stollenwänden, die nur hier und da von mittlerweile morsch gewordenen Holzbalken abgestützt wurde. Der Tunnel war viel kleiner als die in der Enklave, und wir mussten uns bücken, um überhaupt hineinzupassen. Angespannt hielt ich Ausschau nach Gefahren, denn in dieser Enge war es kaum möglich, sich gegen einen Angreifer zu verteidigen. Glücklicherweise sah ich nur ein paar Ratten und Spinnen, die sich sofort versteckten, als wir näher kamen.
    Â» Schrecklich«, flüsterte Tegan. » Ich komme mir vor wie in einer Gruft. Als könnten wir alle hier sterben.«
    Â» Wir können überall sterben«, erwiderte Pirscher unbekümmert.
    Wie recht er hatte. So viele hatten während des Sommers ihr Leben gelassen, und wenn wir versagten, würden es noch unzählige mehr werden. Der blinde Balg aus Nassau kam mir wieder in den Sinn, und ich trauerte über seinen Tod, während ich gleichzeitig hoffte, das Schicksal möge mich gnädiger behandeln als ihn. Bleich sagte kein Wort, aber es hätte mich nicht gewundert, wenn er in diesem Moment das Gleiche gedacht hätte wie ich.
    Eine schiere Ewigkeit später spürte ich eine kalte Brise auf der Haut. Sand blies mir ins Gesicht, und der Tunnel stieg mit einem Mal steil an. Ich musste mich mit den Händen festhalten, um die letzten Meter zurückzulegen. Wieder einmal erstreckte sich vor uns das Unbekannte. Wieder einmal erwartete uns eine beinahe übermenschliche Aufgabe.
    Wir kletterten aus dem Tunnel und wandten uns nach Westen, wo die letzte Hoffnung für Erlösung lag.

NACHWORT
    In diesem Buch habe ich mir so genau wie möglich vorgestellt, wie eine auf religiösen Grundsätzen beruhende Gesellschaft aussehen könnte, nachdem Kriege und eine Pandemie die Menschheit dezimiert haben. Die Religion von Erlösung hat ihre Wurzeln im Fundamentalismus. In meiner Fantasie sind die Bewohner der Stadt Nachfahren der Amischen, die nach zahllosen Kriegen nach Norden gingen. Dennoch ist die in meiner Geschichte beschriebene Gesellschaft keinesfalls ein Spiegelbild einer tatsächlich existierenden Glaubensgruppe oder Kultur, sondern ein auf sorgfältig ausgewählten Fakten basierendes Gedankenexperiment. Aufgrund der verheerenden Erfahrungen aus der Vergangenheit lehnen die Bürger von Erlösung die Technologie der alten Welt ab und führen stattdessen ein einfaches, durch Handwerk bestimmtes Leben.
    Im Text finden sich mehrere Hinweise auf die geografische Lage der Siedlung. Wer bei Google » Aroostook-Krieg« eingibt, landet bei einem Konflikt zwischen den USA und Großbritannien, bei dem es um den Verlauf der Grenze zwischen New Brunswick und Maine ging. Meine Inspiration für die fik tive Stadt Erlösung ist das Fort Ingall, auf das im Buch angespielt wird, als Edmund erzählt, die Siedlung sei dreimal wieder aufgebaut worden. Weitere Informationen finden sich unter anderem hier: http://www.fortingall.ca/en/history. Bei dem erwähnten See handelt es sich um den Lac Témiscouata, dessen Namen in Erlösung jedoch niemand mehr kennt. Die umliegende Landschaft und das Gelände haben sich natürlich nach zweihundert Jahren ohne menschliche Einflussnahme entsprechend verändert.
    Und, wie ihr euch wahrscheinlich schon denken könnt: Die Freaks sind keine Zombies,
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