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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin
Autoren: Brown Sandra
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richteten sich ein paar Sekunden ohne zu blinzeln auf sie. Dann sah er erst den Arzt, dann die Krankenschwester an, bevor sein Blick wieder auf Kendall fiel. Schließlich fragte er mit matter, heiserer Stimme: »Wer sind Sie?«
    Der Arzt beugte sich über seinen Patienten. »Sie erkennen sie nicht?«
    Â»Nein. Sollte ich sie denn erkennen? Wo bin ich? Wer bin ich?«
    Der Arzt starrte seinen Patienten sprachlos an. Die Krankenschwester stand wie vom Blitz getroffen daneben; in ihrer Hand baumelte der Schlauch des Blutdruckmeßgeräts. Kendall wirkte
fassungslos, spürte aber, wie die Gefühle in ihr brodelten. Sie überlegte fieberhaft, was diese plötzliche Wendung für Folgen hätte und ob sie wohl einen Vorteil daraus ziehen könnte.
    Am schnellsten erholte sich der Arzt. Mit aufgesetzter Courage, die von seinem halbherzigen Lächeln Lügen gestraft wurde, erklärte er: »Tja, es sieht so aus, als hätte die Gehirnerschütterung bei unserem Patienten zu einer Amnesie geführt. Das geschieht öfter. Bestimmt ist der Gedächtnisverlust nur vorübergehend. Kein Grund zur Sorge. In ein, zwei Tagen lachen Sie darüber.«
    Er wandte sich an Kendall. »Fürs erste sind Sie seine einzige Informationsquelle. Bitte sagen Sie uns-und ihm – doch, wer er ist.«
    Sie zögerte, bis sich die Sekunden unangenehm dehnten, der Arzt und die Krankenschwester starrten sie erwartungsvoll an. Der Mann im Krankenbett schien ihre Antwort gleichzeitig zu erhoffen und zu fürchten. Seine Augen verengten sich mißtrauisch, aber Kendall erkannte, daß er sich, wie durch ein Wunder, an nichts erinnerte. An nichts !
    Das war ein Geschenk des Himmels, ein unfaßbar großer Glücksfall. Er war beinahe zu groß, zu überwältigend und in seinen Folgen zu unabsehbar, um ihn so unvorbereitet nutzen zu können. Aber eines wußte sie mit Sicherheit: Sie wäre verrückt, wenn sie die Gelegenheit nicht beim Schopf packte.
    Erstaunlich gelassen verkündete sie: »Er ist mein Mann.«

1. Kapitel
    Â»Kraft meines mir von Gott, dem Allmächtigen, und dem Staat South Carolina verliehenen Amtes erkläre ich euch hiermit zu Mann und Frau. Matthew, Sie dürfen die Braut jetzt küssen.«
    Die Hochzeitsgäste klatschten, als Matt Burnwood Kendall Deaton innig umarmte. Gelächter brach aus, als der Kuß sich in die Länge zog, bis er überhaupt nicht mehr keusch wirkte. Matt schien gar nicht aufhören zu wollen.
    Â»Damit müssen wir noch warten«, flüsterte Kendall unter seinen Lippen. »Leider.«
    Matt sah sie gequält an, drehte sich aber als pflichtbewußter Gastgeber zu den Hunderten von Gästen um, die im Sonntagsstaat erschienen waren, um der Trauung beizuwohnen.
    Â»Meine Damen und Herren«, verkündete der Pfarrer, »ich darf Ihnen, zum allerersten Mal, Mr. und Mrs. Matthew Burnwood vorstellen!«
    Arm in Arm standen Kendall und Matt strahlend ihren Gästen gegenüber. Matts Vater saß allein in der vordersten Bank. Er erhob sich und kam mit ausgebreiteten Armen auf Kendall zu.
    Â»Jetzt gehörst du zu uns«, sagte er und drückte sie an sich. »Gott hat dich uns gesandt. Wir brauchen eine Frau in der Familie. Wenn Laurelann noch am Leben wäre, würde sie dich lieben, Kendall. Genau wie ich.«
    Kendall küßte Gibb Burnwood auf die rotfleckige Wange. »Danke, Gibb. Das hast du schön gesagt.«
    Laurelann Burnwood war bereits in Matts Kindheit verstorben, aber er und Gibb sprachen von ihr, als wäre sie erst gestern beerdigt worden. Der Witwer gab mit seinem weißen Bürstenhaarschnitt
und seinem schlanken, kräftigen Körper eine eindrucksvolle Erscheinung ab. Viele alleinstehende und geschiedene Frauen hatten ihre Netze nach Gibb ausgeworfen, aber ihr Werben blieb unerhört. Er habe die Liebe seines Lebens gehabt, pflegte er zu sagen. Er brauche keine zweite.
    Matt legte einen Arm um die breiten Schultern seines Vaters und den anderen um Kendall. »Wir haben einander gefunden. Jetzt sind wir eine richtige Familie.«
    Â»Ich wünschte nur, Großmutter hätte dabei sein können«, murmelte Kendall bekümmert.
    Matt schenkte ihr ein mitfühlendes Lächeln. »Schade, daß sie sich der Reise von Tennessee hierher nicht gewachsen fühlte.«
    Â»Das wäre zu anstrengend für sie gewesen. Aber in Gedanken ist sie bestimmt bei
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