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Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Satteltaschen aufstapelte, und fragte mit gedämpfter Stimme: »Noch kein Zeichen von Nira?«
»Bisher nicht.« Die Frau warf nervöse Blicke umher, als fürchte sie, belauscht zu werden. Sie sprach reines casta, die Sprache der Aristokraten aus Thendara und den Ebenen von Valeron. »Sicher stößt sie nach Dunkelwerden zu uns. Sie wird wenig Lust haben, zwischen diesem Volk Spießruten zu laufen, und wenn jemand, der als Mann gekleidet ist, unser Lager betritt, ohne auch nur angerufen zu werden…«
»Genau.« Kindra sah zu den Neugierigen hinüber. »Und sie kennt die Trockenstädte. Trotzdem bin ic h ein bißchen ängstlich. Es geht mir gegen den Strich, eine meiner Frauen in Männerkleidung auszuschicken, aber hier war das ihre einzige Chance.«
»In Männerkleidung…« Die Frau wiederholte die Worte, als meine sie, Kindra mißverstanden zu haben. »Tragt ihr denn nicht alle Männerkleidung, Kindra?«
»Hier verratet Ihr nur Eure Unkenntnis unserer Sitten, Lady Rohana«, erklärte Kindra. »Ich bitte Euch sehr, leise zu sprechen, wenn man uns hören könnte. Glaubt Ihr wirklich, ich trüge Männerkleidung?« Sie schien gekränkt zu sein, und Lady Rohana sagte schnell: »Ich wollte Euch nicht beleidigen, glaubt mir, Kindra. Aber Euer Anzug ist gewiß nicht der einer Frau – wenigstens nicht der einer Frau aus den Domänen.«
Ehrerbietung und Verärgerung mischten sich in der Stimme der Freien Amazone. »Ich habe jetzt keine Zeit, Euch alle Sitten und Vorschriften unserer Gilde zu erklären, Lady Rohana. Im Augenblick genügt es…« Sie brach ab, weil die Zuschauer von neuem in wieherndes Gelächter ausbrachen; Devra und eine zweite Freie Amazone führten ihre Sattelpferde zu dem öffentlichen Brunnen inmitten des Marktplatzes. Eine von ihnen bezahlte das Wassergeld mit den Kupferringen, die überall östlich von Carthon als Währung galten, während die andere die Tiere zum Trog brachte. Als sie zurückkehrte, um Devra beim Tränken zu helfen, faßte sie einer der Tagediebe um die Taille und zog sie grob an sich.
»He, Hübsche, willst du diese Schlampen nicht im Stich lassen und mit mir kommen? Ich kann dir vieles zeigen, und ich wette – aua!« Seine Bemerkung ging in einem Wut- und Schmerzgeheul unter. Die Frau hatte einen Dolch aus der Scheide gerissen und von unten nach oben seine schmutzige, zerlumpte Kleidung aufgeschlitzt. Auf seinem ungesunden Fleisch kroch eine rote Linie vom Unterbauch bis zum Schlüsselbein.
Der Mann, der mehr vor Schreck als vor Schmerz stöhnte, wurde von seinen Freunden weggezerrt. Kindra trat auf die Frau zu, die ihr Messer abwischte.
»Verdammt, Gwennis! Jetzt hast du uns alle verdächtig gemacht! Dein Stolz auf deine Fertigkeit im Messerkampf kann unsere Mission vereiteln! Als ich nach Freiwilligen für diese Reise fragte, dachte ich an Frauen, nicht an verzogene Kinder!«
Gwennis’ Augen füllten sich mit Tränen. Sie war noch ein Mädchen, fünfzehn oder sechzehn. Mit zitternder Stimme antwortete sie: »Es tut mir leid, Kindra. Was konnte ich machen?«
»Glaubst du wirklich, du seist in Gefahr gewesen, am hellen Tag und vor so vielen Augen? Du hättest dich ohne Blutvergießen befreien und ihn lächerlich machen können, ohne das Messer auch nur zu ziehen.« Kindra nahm das Messer vom Boden auf und wischte das restliche Blut von der Klinge. »Wenn ich es dir wiedergebe, kannst du es dann da lassen, wo es hingehört, bis es gebraucht wird?«
Gwennis senkte den Kopf und murmelte: »Ich schwöre es.«
Kindra gab ihr das Messer und meinte freundlich: »Es wird bald genug gebraucht werden, breda.«
Sie überließ es den Frauen, die Pferde fertigzutränken, und stellte mit grimmigem Lächeln fest, daß die Menge aus Müßiggängern sich wie durch Zauberei verflüchtigt hatte.
Die Sonne versank hinter den niedrigen Hügeln, und die kleinen Monde erstiegen das Himmelsgewölbe. Der Marktplatz lag eine Weile verlassen da. Dann tauchten einige der Trockenstädterinnen auf, eingehüllt in ihre unbequemen Röcke und Schleier, um an dem öffentlichen Brunnen Wasser zu kaufen. Jede von ihnen bewegte sich unter leisem Kettengeklirr. Nach der Sitte der Trockenstädte trugen sie um die Handgelenke metallene Reifen. Sie waren mit einer langen Kette verbunden, die durch einen Ring im Gürtel lief. Wenn nun eine Frau eine Hand ausstreckte, wurde die andere eng gegen den Ring an ihrer Taille gezogen.
Das Lager der Freien Amazonen füllte sich mit den Düften des Essens, das an ihren kleinen
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