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Die Zen-Lehre des Landstreichers Kodo (German Edition)

Die Zen-Lehre des Landstreichers Kodo (German Edition)

Titel: Die Zen-Lehre des Landstreichers Kodo (German Edition)
Autoren: Kodo Sawaki , Kosho Uchiyama
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sie sicher sehr fähige Menschen sein, die große Arbeiten ausführen können. Wenn ich ihnen schon zu Anfang riete, dreißig Jahre lang zu sitzen, wären sie perplex. Also empfehle ich zuerst, zehn Jahre zu sitzen, dann sage ich: „Noch zehn Jahre.“ Einige meiner Schüler sind auf dieser Stufe. Doch wenn sie einmal zwanzig Jahre lang gesessen haben, sind zehn Jahre mehr überhaupt nicht schwierig, weil sie dann bereits Vertrauen haben.
       Es ist wunderbar, weiter zu sitzen, wo es keinen Köder gibt. Warum ist es wunderbar? Wenn jemand zwanzig oder dreißig Jahre lang nur einer Wand gegenübersitzt, wird er das Selbst verwirklichen, dass nur das Selbst ohne Beziehung zu anderen ist, und er wird den Wert des Selbst nur innerhalb des Selbst finden. Wenn jemand nicht den Wert des Selbst innerhalb des Selbst findet, ist es unmöglich, unter solchen Bedingungen weiter zu sitzen.
       Normalerweise denken Menschen, dass ihr Wert als Person von dem Urteil anderer abhängt. Sie finden ihren persönlichen Wert in der Höhe ihres Gehaltes. Wenn sie irgendeinen Titel haben, denken sie, dass sie wichtig seien. Falls sie ein Geschäft besitzen, werden sie wertvoller, wenn die Verkäufe steigen. Sie hantieren jedoch bloß mit Spielzeug.
       Gib genau in diesem Moment auf, mit Spielzeug zu hantieren, und sitze als das Selbst, das mit anderen unverbunden ist. Zazen zu üben bedeutet, Selbst durch das Selbst mit dem Selbst zu tun. Das heißt, den eigenen Wert als Person im Selbst zu finden und wahrhaftig die Wirklichkeit des Lebens zu werden. Dies ist die Grundlage des Samadhi des Selbst (jijuyu zanmai) .

    Zazen zu üben heißt, das Selbst zu werden,
    das eins mit dem Universum ist

    Normalerweise unterstellen wir, dass wir uns selbst verstehen. Doch das Selbst, von dem wir glauben, wir verstünden es, ist das Selbst in Beziehung zu anderen. Es gibt im Moment vier Milliarden Menschen auf Erden, also bin ich nur einer von vier Milliarden. Wenn wir die Zahl der Menschen in Vergangenheit und Zukunft berechnen, bin ich einer unter unzähligen anderen. Neulich las ich etwa folgendes in der Zeitung: Du hast zwei Eltern. Deine Eltern haben jeweils zwei Eltern. Wenn du deine Vorfahren zählst, Generation für Generation, wird ihre Zahl sich auf viele Milliarden belaufen.
       Ich weiß nicht, ob das stimmt, aber man sagt, der gegenwärtige Kaiser sei der einhundertzwanzigste. Vierzig Generationen sind ein Drittel der Geschichte der Kaiserfamilie. Wenn wir annehmen, dass eine Generation dreißig Jahre dauert, führt uns dies zwölfhundert Jahre zurück. Es ist erstaunlich zu erkennen, dass es Milliarden und Abermilliarden von Vorfahren in einer solch kurzen Zeit gibt. Und das sind nur die Menschen. Wenn wir alle lebenden Wesen auf der Erde zählen, sind „andere“ für jeden von uns wirklich zahllos. Die Erde ist nur ein Planet in einem Sonnensystem, das Teil eines viel größeren galaktischen Systems ist. Es gibt zweihundert Milliarden dauerhafte Sterne allein in unserer Galaxie und unzählige Galaxien in dem uns bekannten Universum. „Ich“ bedeutet in Beziehung zu „anderen“ beinahe nichts. Wir mögen sorglos Ameisen töten, indem wir auf sie drauftreten; doch jeder von uns ist – als Individuum, das eines unter allen ist – wirklich viel kleiner als eine dieser Ameisen. Wir sind wirklich nichts.
       Manchmal sagen Politiker, menschliches Leben sei wertvoller als irgendetwas. Sie sagen wundervolle Dinge, um in gewissen Situationen unsere Herzen zu gewinnen. Es ist ein großer Fehler, ihnen zu glauben. Sie glauben tatsächlich nicht mal ihre eigenen Worte. Wenn ein Krieg wie der Zweite Weltkrieg ausbricht, erzählen sie dir womöglich, dein Leben sei nur zwei Pfennige wert. Sie könnten dich zum Wehrdienst zwingen, indem sie dir einfach eine Postkarte senden und dich dadurch aufs Schlachtfeld schicken. Wenn sie sagen, dein Leben wäre zwei Pfennige wert, dann hat dein Leben wenigstens ein bisschen Wert. Aber in Wirklichkeit hat „Ich“ unter Myriaden von Wesen weniger Wert als eine Darmbakterie. „Alle Wesen“ ist so unbegrenzt wie das. Und doch existieren alle Wesen, weil ich existiere. Die Grundlage von allem muss die Lebenserfahrung des Selbst sein.
       Das Selbst ist die Grundlage der Lebenserfahrung aller Wesen. Alle Wesen existieren, weil das Selbst existiert. Für dich existiert diese Welt nur, weil du lebst. Jeder von uns lebt das Leben, das „alles aus allem“ ist. Zur gleichen Zeit leben wir als
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