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Die Zen-Lehre des Landstreichers Kodo (German Edition)

Die Zen-Lehre des Landstreichers Kodo (German Edition)

Titel: Die Zen-Lehre des Landstreichers Kodo (German Edition)
Autoren: Kodo Sawaki , Kosho Uchiyama
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„Selbst durch das Selbst mit dem Selbst tun.“ Auf die gleiche Art wird es von Dogen Zenji „das Samadhi des Selbst“ (jijuyu zanmai) genannt.
       Als ich nach Sawaki Roshis Tod mit Sesshin im Antaiji begann, entschied ich mich, seine Lehre mit ganzem Herzen auszuführen, indem ich ihr die vollständigste Ausdrucksform verleihe, die möglich ist. Als er noch lebte, standen wir früh auf, saßen eine Zeit lang in Zazen und rezitierten dann Sutren. Danach frühstückten wir, dann wurde saubergemacht, dann gab’s Tee. Nach dem Tee kehrten wir ins Zendo zurück und hörten kurz darauf einen Vortrag. Wir taten viele Dinge, die mit Zazen vermischt wurden. Üblicherweise werden Sesshin auf diese Art abgehalten. Ich begann jedoch mit einer Art Sesshin, bei der wir nur in Zazen saßen, ohne irgendetwas anderes zu tun. Wir haben drei Mahlzeiten, doch nach dem Essen machen wir Kinhin. Wir wiederholen Zazen und Kinhin den ganzen Tag, von vier Uhr morgens bis neun Uhr abends, ohne Unterbrechung. Kein Reden. Keine Beziehung zu anderen.
       Wir benutzen keinen kyosaku (Schlagstock). Wenn du nur eine oder zwei Perioden sitzt, ist es gut, Menschen mit dem kyosaku zu schlagen, um sie aufzuwecken. Doch wenn du den ganzen Tag sitzt – als Selbst ohne Beziehung zu anderen –, ist es unmöglich, fünf Tage lang von Anfang bis Ende zu schlafen. Schließlich wachst du auf. Wenn du aufwachst, setzt du dich ernsthaft hin, denn du übst nur für dich selbst, nicht für andere. Wenn der kyosaku benutzt wird, kann er zu einer Art Spielzeug werden; Menschen spielen damit und denken: „Er hat mich geschlagen. Wenn ich an der Reihe bin, werde ich ihn zurückschlagen.“ Wir legen diese Art von menschlichem Gefühl in Zazen, weil wir alle gewöhnliche lebende Wesen sind. Also benutzen wir keinen kyosaku . Wir sitzen nur mit ganzem Herzen zusammen, als unsere eigene Übung. Wir sitzen einfach Zazen und tun Selbst durch das Selbst mit dem Selbst. Das geschieht nicht nur während der Sesshin. Unser ganzes Leben lang sollten wir der Wand gegenübersitzen. Das ist bis heute meine Art der Übung.
       Ich wurde 1941 zum Schüler von Sawaki Roshi und folgte ihm fünfundzwanzig Jahre lang bis zu seinem Tod im Jahre 1965. Während dieser Zeit erhielt ich nie ein Gehalt. Ich bekam nicht einen Yen. Ich erhielt keinen Bonus, keine Abfindung, keine Rente. Ich habe kein Priesterdiplom. Ich ermutige meine Schüler, auf die gleiche Art zu  üben. Egal, wie lange sie im Antaiji bleiben, sie werden nie ein Diplom, einen Lohn, eine Abfindung oder Rente bekommen. Dennoch sollten sie schweigend zehn Jahre lang mit Zazen fortfahren. Das ist eine ganz schön anstrengende Übung. Es ist unter Mönchen üblich zu behaupten, sie müssten hart üben, weil sie ja gerade sitzen und vom kyosaku geschlagen werden, doch diese Art von Übung ist sehr unvollständig.
       Ich wurde Mönch, als ich dreißig Jahre alt war. Als ich vierzig war, hatten meine Freunde aus der Grundschule, Mittelschule und Universität alle bereits gute Positionen in der Gesellschaft. Ich pflegte in Takatsuki zu betteln ( takuhatsu ), einer Stadt auf halbem Weg zwischen Kioto und Osaka. Ein Freund aus der Waseda-Universität war Bürgermeister der Stadt. Ich werde es nie vergessen. Ich bettelte und erhielt Ein-Yen- oder Fünf-Yen-Münzen oder Zehn-Yen-Scheine, einen nach dem anderen, in den Straßen der Stadt, in der mein alter Freund der Bürgermeister war. Nun ist er Mitglied im Beratungsausschuss des Unterhauses oder so was. Ein Freund von mir aus der Mittelschule war zu dieser Zeit Fabrikmanager bei der Mitsubishi Automobile Company in Kioto. Er sagte, er stünde fünftausend Arbeitern vor. Ich war Novize, bis ich Fünfzig wurde. Ich hatte nur kleine Jobs wie Reiskochen in der Tempelküche.
       Vom Standpunkt menschlicher Empfindung ist es eine sehr strenge Übung, zwanzig oder dreißig Jahre lang nur einer Mauer gegenüberzusitzen, ohne irgendeinen Köder oder eine Gegenleistung. Dennoch erzähle ich meinen Schülern, sie sollten zehn Jahre lang schweigend sitzen. Es gibt verschiedene Menschen hier, die bereits seit zehn Jahren sitzen, also sage ich: „Sitzt noch einmal zehn Jahre schweigend.“ Wenn sie zwanzig Jahre lang gesessen haben, werde ich ihnen sagen: „Sitzt noch einmal zehn Jahre.“ Wenn sie dreißig Jahre lang sitzen, werden Leute in ihren Zwanzigern in die Fünfziger kommen. Wenn sie unbeweglich sitzen, ohne irgendeinen Köder, bis sie fünfzig Jahre alt sind, werden
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