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Die Zeitwanderer

Die Zeitwanderer

Titel: Die Zeitwanderer
Autoren: Stephen R. Lawhead
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strich sich mit den Händen über das Gesicht, als ihn eine fürchterliche Müdigkeit überkam. »Was für einen Schlamassel habe ich aus dieser Angelegenheit gemacht - aus dieser ganzen Geschichte.«
    »Das konntet Ihr nicht wissen, Sir«, beschwichtigte ihn Giles.
    Der Abend brach an, und wie Sir Henry berichtet hatte, kam ein dicker Sonnenstrahl durch den Vorraum herein und erhellte das Innere des Grabmals. Kit, der sich hilflos fühlte, stand vor dem Bild und versuchte, sich die rund ein Dutzend Symbole auf der gemalten Karte ins Gedächtnis einzuprägen, sodass er sie vielleicht später würde wiedergeben können. Giles und Lady Fayth schlossen sich ihm an, und jeder nahm sich einen Bereich des Gemäldes vor. Doch es waren zu viele komplizierte Striche, und die Gelegenheit währte viel zu kurz. Sie waren nur in der Lage, einige wenige dürftige Einzelheiten auswendig zu lernen, bevor das Sonnenlicht verblasste und allmählich schwand, bis die Dunkelheit das Grab des Anen für sich beanspruchte.
    Sir Henry schlief weiter, doch er atmete schwer und mühsam. Kit, der von den Erschütterungen und Schrecken des Tages ermüdet war, bekam Schmerzen. Seine Rippen taten weh, sein Kopf hämmerte, die Muskeln in seinem Nacken und in den Armen brannten; am ganzen Körper schien er Prügel bezogen und Blutergüsse bekommen zu haben. Er ließ sich in eine Ecke sinken und fand sich direkt neben Lady Fayth wieder.
    »So«, meinte er, als er neben ihr nach unten glitt, »Euer Name ist also Haven. Das habe ich nicht gewusst.«
    »Eine Lady vertraut nicht einfach jedem ihren Vornamen an«, erwiderte sie kühl.
    »Aber wir kennen einander schon viele Tage lang.« Er konnte sich nicht entschließen, ob er beleidigt sein sollte und, wenn ja, wie sehr; doch in jedem Fall war er zu müde, um weiter zu protestieren.
    »Ihr wart wundervoll«, erklärte sie unvermittelt, und er hörte sie seufzen. »So furchtlos und sehr ritterlich.«
    »Ihr wart selbst recht gut«, erwiderte Kit; in seinen schmerzenden Gliedmaßen breitete sich plötzlich eine Wärme aus. »Wo habt Ihr gelernt, so zu kämpfen.«
    »Ich habe zwei ältere Brüder.«
    »Das könnte es erklären.«
    »Es tut mir so leid wegen Eures Urgroßvaters«, sagte sie. Kit spürte ihre Finger auf seinem Arm. »So sehr leid.«
    »Danke«, erwiderte er. Eine geradezu erdrückende Erschöpfung überkam ihn, und er musste gähnen; die Bewegung rief augenblicklich Schmerzen in seinem Kiefer hervor. Als sie nachließen, flüsterte er: »Gute Nacht ... Haven.«
    »Gute Nacht, Kit«, wisperte sie.
    Er legte sich auf den Boden und schloss die Augen. Es schien ihm, dass er gerade eingeschlafen war, als er durch einen Stups wieder aufgeweckt wurde. »Hmm?«
    »Schsch«, zischte Lady Fayth. »Da kommt jemand.«
    Kit setzte sich mühsam auf; die Anstrengung erneuerte all seine Schmerzen. »Ohh ...«
    Immer noch herrschte Düsternis in der Kammer, aber es war nichts dunkel wie kurz zuvor. Aus dem Vorraum sickerte ein dünnes Licht in die Zelle hinein. Das Licht wurde heller: Jemand hielt eine Laterne hoch und richtete sie auf das Gitter.
    »Na, na, na - wen haben wir denn hier?« Die dröhnende Stimme hallte in der leeren Kammer wider.
    Kit war nun hellwach. Er drehte sich, um auf Lady Fayth zu blicken, die neben ihm auf ihren Knien war.
    »Sieht so aus, als ob jetzt alle beisammen sind und jetzt keiner mehr fehlt.«
    Das Gesicht am Gitter war - so, wie es sich im Licht der Laterne zeigte - irgendwie attraktiv in einem weiten Sinne des Wortes. Es zeichnete sich durch einen üppigen Oberlippenbart und große dunkle Augen aus; doch die Züge rund um seinen Mund verrieten eine Rücksichtslosigkeit, die den insgesamt freundlichen Eindruck Lügen strafte.
    »Lasst uns gehen, Burleigh«, forderte Kit, während er aufstand. Giles erhob sich ebenfalls und stellte sich an seine Seite.
    »So, Ihr wisst also, wer ich bin. Und ich kenne Euch. Ist das nicht großartig.«
    »Uns gefangen zu halten wird Euch nichts bringen.«
    »Es mag Euch überraschen, aber ich bin ziemlich geneigt, mit Euch übereinzustimmen«, erwiderte Lord Burleigh. »Oh, ich muss sagen, die Atmosphäre hier unten ist äußerst widerlich! Dennoch nehmt Ihr damit vorlieb?«
    »Das ist alles Eure Schuld. Cosimo ist tot, und Sir Henry hier ist -«
    »Ja, ja«, unterbrach ihn Burleigh rasch, »es ist alles sehr betrüblich. Also lasst uns keine Zeit verschwenden, indem wir uns in Vorwürfen und gegenseitigen Beschuldigungen ergehen. Ich schlage
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