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Die Zeitstraße

Die Zeitstraße

Titel: Die Zeitstraße
Autoren: Kurt Mahr
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Pflicht war, und sie fieberten dem übermorgigen Tag entgegen. In der Nacht überfielen wir ein abseits gelegenes Gehöft. Wir sorgten dafür, daß Nachricht über den Überfall nirgendwohin gelangen konnte, und schlachteten sämtliche Rinder, die im Umkreis von zwei Wegstunden zu finden waren. Daraus bereiteten wir uns ein Festmahl, das uns für die Entbehrungen der vergangenen Wochen vollauf entschädigte.
    Als nach der nächsten Nacht der Morgen zu grauen begann, schoben wir uns auf das Flugfeld der Thubalkainer zu. Die Spitzohrigen waren sorglos. Im Besitze ihrer überlegenen Technik glaubten sie nicht, daß ihnen auf dieser Welt irgend jemand gefährlich werden könne. Sie hatten recht – bis auf die dreitausend verzweifelten Sethiter unter meiner Führung, die genau wußten, daß sie die Heimat niemals wiedersehen würden, es sei denn, sie errangen an diesem Tage einen eindeutigen Sieg.
    Ich selbst wußte nicht, wie ich unsere Aussichten beurteilen sollte. Wir würden das Moment der Überraschung auf unserer Seite haben. Aber genügte das, um den Vorteil zu überwinden, den die Thubalkainer in ihren unvergleichlichen Waffen besaßen? Es blieb mir nicht viel Zeit zum Nachdenken. Denn gegen Mittag an diesem Tage erhob sich in der Höhe ein ungeheurer Donner, der meine Leute verschreckte, obwohl ich sie darauf vorbereitet hatte, und in einer Wolke roten Lichtes sanken drei thubalkainische Wolkenschiffe herab.
    Als die Schiffe gelandet waren und sicher auf ihrem stählernen Gefieder standen, eilten aus den Häusern, die am Rande des Feldes lagen, Hunderte von spitzohrigen Thubalkainern auf die Wolkenfahrzeuge zu. Viele von ihnen kamen in Wagen, die über die Erde glitten, ohne Räder zu besitzen und ohne von Ochsen gezogen zu werden. Meine Leute, die sich inzwischen von ihrem Schock erholt hatten, staunten. Ich aber ließ ihnen keine Zeit zum Staunen. Ich führte sie zum Kampf.
    Die Thubalkainer waren völlig überrascht. Die wenigsten von ihnen waren bewaffnet. Meine Krieger trieben sie zu Scharen und erschlugen sie mit den Schwertern. Ich wußte, wieviel Mann Besatzung dieser thubalkainische Stützpunkt hatte, und konnte mir anhand der Zahl derer, die von uns verjagt oder erschlagen wurden, ausrechnen, wieviel Spitzohrige sich noch in den Unterkünften aufhielten. Es konnten nicht mehr als etwa fünfzig sein. Aber dank ihrer technischen Überlegenheit war es denkbar, daß sie uns gefährlich wurden. Mitten im Kampf also sprach ich das Zauberwort »Kenan«, und sofort stand die Welt für mich still.
    Ich ging durch die Quartiere. Es überraschte mich zu sehen, daß die restlichen Thubalkainer fast ohne Ausnahme mit entsetzten Gesichtern an den Geräten saßen, die Bilder übertrugen und mit deren Hilfe sie das Geschehen draußen auf dem Feld verfolgten, keiner jedoch Anstalten machte, den bedrängten Genossen draußen zu Hilfe zu kommen. Bei einem der Spitzohrigen, der hinter einem Kommunikationsgerät saß und im Begriff war, eine Nachricht durchzugeben, fand ich den entscheidenden Hinweis. Er hatte einen Zettel vor sich liegen, auf den jemand in eiliger Schrift gekritzelt hatte:
    Es darf kein Widerstand geleistet werden. Die Bomben sind scharf!
    Das also war des Rätsels Lösung. Wenn sie uns mit ihren Waffen angriffen, gerieten die Wolkenschiffe in Gefahr, die die Bomben an Bord hatten. Die Wucht der Bomben aber war so groß, daß die Thubalkainer sich davor fürchteten. Das war unsere Rettung. Ich sprach »Lamech« und gesellte mich wieder zu meinen Kriegern. Ich wies sie an, die fliehenden Feinde nicht allzu weit hinaus zu verfolgen. Innerhalb zweier Stunden gehörte das Kampffeld uns. Wir hatten Hunderte von Gefangenen gemacht, die wir zwangen, uns zu verraten, wie die Bomben von Bord zu bringen seien und wie man es anstellen müsse, sie zu zünden. Die Gefangenen unterwiesen uns außerdem im Gebrauch der rad- und zugtierlosen Fahrzeuge. Nachdem vier Bomben von Bord des ersten Wolkenschiffs gebracht worden waren, luden wir sie auf erbeutete Wagen. Mehr glaubten wir nicht schleppen zu können, da die Bomben äußerst gewichtig waren und uns nur eine beschränkte Anzahl von Fahrzeugen zur Verfügung stand. Zwölfhundert meiner Krieger hatten in dieser Schlacht den Tod gefunden. Wir hatten keine Zeit, ihre Leichen zu verbrennen. Wichtiger als das Ritual war, daß wir entkamen.
    Die Gefangenen, insgesamt zweihundertundachtzig, nahmen wir mit uns. Zuvor war den restlichen Thubalkainern klargemacht worden, daß
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