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Die Zeitstraße

Die Zeitstraße

Titel: Die Zeitstraße
Autoren: Kurt Mahr
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geklappt, weil zuvor dafür gesorgt worden war, daß die zuständigen Projektleiter dem Labor an diesem Tag fernblieben und weil jedermann den ortsansässigen Paul Danbury als einigermaßen zuverlässigen Fuhrunternehmer kannte, dem ein derart fauler Trick nicht zuzutrauen war.
    Inzwischen, amüsierte sich Paul, würde jedermann bei ARL klargeworden sein, daß Danbury eben doch nicht so zuverlässig war. Man würde sich an die vergangenen Jahre erinnern und plötzlich entdecken, daß der Fuhrunternehmer, den solche Dinge doch eigentlich hätten kalt lassen sollen, sich schon immer intensiv für die Probleme der Zeitreise interessiert hatte und daß es ihm gelungen war, die technisch-wissenschaftlichen Leiter des Projektes zusammen mit einigen ihrer Mitarbeiter seinem Freundeskreis einzureihen. Man würde sich erinnern, daß Paul Danbury schon des öfteren im Labor aufgetaucht war, als privater Gast allerdings und nicht als regierungsbeauftragter Spediteur, und sich das Drum und Dran des Projektes Paraphysics I und der Zeitmaschine hatte erklären lassen.
    Paul jedoch war den Häschern entkommen – und war dorthin, wohin sie ihm nicht folgen konnten, weil er ihnen eben das einzige Fahrzeug, mit dem sie ihm hätten folgen können, entwendet hatte. Für den Augenblick befand er sich in Sicherheit. Was danach kam, das würde die Zeit weisen. Paul gab sich Mühe, den Zylinder so zu kaschieren, daß ihn niemand, der nicht gerade mit der Nase daraufstieß, finden konnte. Mit viel Neugierigen war in diesem Teil der Wälder ohnehin nicht zu rechnen. Im Jahre 1964 befand sich der Lookout Mountain noch im Besitz der Familie Case und deren Erben, und obwohl von der Stadt zur Auflage gemacht worden war, daß Berg und Wald der Öffentlichkeit zum Zwecke der Erholung zugänglich sein müßte, gab es nur wenige Leute, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machten – vielleicht aus Zurückhaltung, weil sie es für unfein hielten, auf anderer Leute Grund und Boden herumzutrampeln.
    Paul Danbury machte sich auf den Weg in die Stadt. Es gab einiges für ihn zu erledigen. Der große Coup sollte am Morgen des 30. Mai stattfinden, und bis dahin waren noch eine Reihe von Vorbereitungen zu treffen. Oberhalb der alten Papierfabrik, die es in seinen Tagen nicht mehr gab, trat Paul Danbury aus dem Wald. Er war nach der Mode der Zeit gekleidet. Die paar Spaziergänger auf der Spring Street sahen in dem hochgewachsenen, breitschultrigen Endvierziger nichts Besonderes oder gar Verdächtiges.
     
    Gegen Vorlage eines Führerscheins (den er gefälscht) und einer Kaution von fünfzig Dollar (die er gegen teures Geld von einem Sammler alten Papiergelds erworben hatte) lieh man Paul Danbury bei Carter Chevrolet an der Ecke von South Main und Charter Oak Street ein Automobil. Er achtete darauf, daß er eines mit automatischer Schaltung bekam, denn mit einem anderen wäre er nicht zurechtgekommen. Er hatte sich jedoch, bevor er seine Reise antrat, gewissenhaft davon überzeugt, daß es auch im Jahre 1964 schon Leute gab, die im Laufe ihres Autofahrerlebens nur Wagen mit automatischen Getrieben gefahren hatten und sich mit manuellen Schaltungen nicht auskannten. Er konnte also auch hier nicht auffallen.
    Mit dem Wagen durchquerte er die Stadt, verließ sie in nördlicher Richtung und mietete sich in einem Motel am Vernon Circle ein. Als Ausweis benützte er wiederum, wie es in diesen Tagen üblich war, seinen Führerschein, der den Namen Roger M. Burrington trug und seine Adresse als 209 Meadow Lane, New Haven, angab. Von seinem Motelzimmer aus führte er ein erstes Telephongespräch. Schon zuvor hatte er sich an einem Telephonhäuschen die Nummer herausgesucht: Danbury, Elmer S., 588 Porter St., 643–6963.
    Es klingelte. Dann ein Knacksen, der Echorest eines Hustens und eine männliche Stimme:
    »Hallo …?«
    Daraufhin Paul, polternd:
    »Elmer, alter Junge! Wie geht’s dir? Und was macht Nancy?«
    Ein kurzes Zögern am anderen Ende.
    »Wer ist das?«
    Paul gab ein dröhnendes Lachen von sich.
    »Hab’ ich dich überrascht, wie? Burrington, Roger Burrington hier! Erinnerst du dich noch? B-Kompanie, Erster Zug. Pusan. Na …?«
    Erleichtertes Erkennen auf der anderen Seite.
    »Roger! Menschenskind! Wo steckst du, alte Rübe?«
    »Auf der Durchreise durch Connecticut«, antwortete Paul. »Dachte mir, von hier aus ist’s billiger, da rufst du mal deinen alten Kumpel an.«
    »Mensch, das ist richtig nett von dir.« Man hörte, wie Elmer S. Danbury sich
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