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Die Zeitreisenden in Callahans Saloon

Titel: Die Zeitreisenden in Callahans Saloon
Autoren: Spider Robinson
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Heinlein verfaßt, stellt sich heraus, daß sie meist nicht ausgewogen und symmetrisch sind. Stimmt. Die Ereignisse scheinen irgendwie hin- und herzuschweifen, wie es im Leben oft der Fall ist, und wenn man am Ende das Ziel erreicht hatte, zu dem einen der Autor führen wollte, blickt man auf seine Spuren zurück und entdeckt in ihnen kein mathematisches Muster und keine regelmäßige geometrische Form. Doch wenn man genauer hinsieht, stellt man fest, daß man auf der kürzest möglichen Strecke hingelangt ist, so direkt, wie es das Gelände eben erlaubt hat. Und daß man sich beeilt hat.
    Daß die Ereignisse nicht durch eine einfache Gleichung umschrieben werden können, ist ein Zeichen für Heinleins Talent, nicht für seine Schwäche!
    6. »Heinlein kann keine Sexszenen schreiben.«
    Das führt für gewöhnlich zu einer unterhaltsamen Stunde, in der man versucht, eine »gute Sexszene« zu definieren. Hier sind erfahrungsgemäß alle verschiedener Meinung, aber die meisten Menschen, mit denen ich gesprochen habe, begnügen sich mit folgenden vier Erfordernissen: eine »gute« Sexszene sollte glaubwürdig sein, unter allgemeiner Zustimmung (der Beteiligten) erfolgen, der natürlichen Weiterentwicklung der Erzählung dienen und kein aufgesetzter Effekt sein und den Leser hoffentlich sexuell erregen. Der Reihe nach: Heinlein hat nie eine sexuelle Aktivität beschrieben, die bei Masters oder Johnson auch nur die leiseste Überraschung auslösen würde. In zweiundvierzig Büchern erinnere ich mich an eine einzige Szene einer versuchten Vergewaltigung (die leider erfolglos verläuft), und an zwei Schilderungen sehr sanfter Prügel. Ich habe keine ungerechtfertigte Sexszene gefunden, die nur eingeführt wird, um eine langweilige Geschichte zu würzen, und ich fordere alle auf, mir das Gegenteil zu beweisen.
    Zum letzten Punkt: falls Sie jemals einen Pornoladen betreten haben (wenn nicht, warum? Interessieren Sie sich denn überhaupt nicht für Menschen?), dann werden Sie festgestellt haben, daß höchstens fünf bis zehn Prozent der vorhandenen Artikel die Kunden erregt. Und doch wird alles verkauft – sonst würde es nicht geführt werden. Was dem einen seine Eule, ist dem anderen seine Nachtigall. Vielleicht benehmen sich Heinleins Gestalten im Bett tatsächlich nicht so wie Sie – na und?
    Einige Leute behaupten, daß »Heinlein plötzlich begonnen hat, über Sex zu schreiben, nachdem er jahrelang keine Notiz von ihm genommen hat ...« Sie beschweren sich darüber, daß alle frühen Helden Heinleins sich mindestens wie Pfadfinder benehmen. Bitte untersuchen Sie eine beliebige vollständige Bibliographie des frühen Heinlein – am Ende von »HEINLEIN IN DIMENSION« befindet sich eine, die vollkommen genügt. Wenn Sie folgende Werke ausklammern: (a) Jugendromane, in die Heinlein genausowenig eine Sexszene aufnehmen konnte wie jeder andere Autor von Jugendbüchern in den vierziger und fünfziger Jahren; (b) Erzählungen, die er an John Campbell verkauft hat und aus denen Kay Tarrant alle Anspielungen auf Sex herausgeschnitten hat, ganz gleich, wer der Autor war; (c) Erzählungen, die an »ehrbare«, vornehme, Nicht-SF-Abnehmer verkauft wurden, die bereits alle möglichen Tabus brachen, indem sie überhaupt Science Fiction kauften; (d) Erzählungen, in denen eine Sex-Nebenhandlung nicht in die Geschichte paßte; und (e) Erzählungen für »Boy‘s Life«, dessen Leser tatsächlich Pfadfinder waren – dann bleiben bis 1961 zwei Romane und zwei Erzählungen übrig, die alle vor Sex strotzen. Verlassen Sie sich nicht auf mich, schlagen Sie es selbst nach. Als 1961 »STRANGER IN A STRANGE LAND« erschien, war Heinlein einer der ersten SF-Autoren, der endlich offen über Sex sprach, und dabei blieb. (Anmerkung für die Historiker: Ich weiß, daß Farmers »THE LOVERS«   neun Jahre früher erschienen ist – aber beachten Sie, daß diese Erzählung erst 1961 in Buchform erschienen ist, dem gleichen Jahr wie »STRANGER IN A STRANGE LAND« und ein Jahr nach Sturgeons »VENUS PLUS X« . Ich kenne verschwindend wenig Siebzigjährige, deren Ansichten über Sex halb so liberal und aufgeschlossen sind wie die Heinleins – und leider auch in anderen Altersstufen nur verdammt wenige derartige Leute.
    7. »Heinlein spielt sich als Moralapostel auf.« »Moralapostel: der dazu neigt zu predigen.« »Predigen: schriftlich oder mündlich darlegen; auf Anerkennung oder Befolgung von (bestimmten religiösen oder moralischen) Grundsätzen
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