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Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)
Autoren: Kim Kestner
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Nerven ein wenig. Eine Gänsehaut überzieht meinen Körper, die nackte Haut meiner Arme fühlt sich klamm an. Der Himmel ist sternenklar und ich kann in der Ferne die gläsernen Türme des Industriebezirks sehen. Wie ein Wahrzeichen ragen sie empor, an der Stadtgrenze, kurz bevor das Niemandsland beginnt. Ich muss den Blick abwenden, denn ich will nicht an früher erinnert werden. An meine Zeit in der Wächterschule, in den fensterlosen Trainingshallen.
    Mali läuft mir ein paar Schritte voraus, sie hat die Ohren aufgestellt, aber sie knurrt nicht mehr. Immerhin. Vielleicht habe ich Glück und sie hat grundlos angeschlagen.
    Immer wieder drehe ich mich um und sehe zurück zum Hauptportal. Das ganze Gebäude liegt still und friedlich da. Die Mädchen und Jungen schlummern hinter den dicken, mit Zinnen und Türmchen verzierten Mauern und träumen. Ein Luxus, der mir meistens verwehrt bleibt. Ich muss nicht schlafen, also tue ich es auch nicht. Mein Körper braucht nur dann Zeit, sich zu regenerieren, wenn ich verletzt werde. Ansonsten bin ich stets wach – stets wachsam .
    Ich spaziere mit Mali die Pfade entlang und sehe den Motten dabei zu, wie sie sich um die bunten Lampions scharen. Irgendwo im Unterholz höre ich Frösche quaken, laut und fordernd. Ansonsten ist alles ruhig, keine Füchse oder Marder huschen durchs Gehölz, kein Käuzchen ruft oder flattert aufgeregt davon. Innerhalb der Stadtgrenzen gibt es außer den Haus- und Nutztieren nur die Spezies, die sich durch die Lücken im Zaun quetschen können; alle anderen wurden vor langer Zeit ausgesperrt. Der Elektrozaun, der die Stadt bisher vom Niemandsland abschirmte, wird nun durch eine hohe Mauer ersetzt – bald werden es also nur noch Vögel nach London schaffen. Die meisten Tiere kenne ich durch meine Ausbildung. Man weiß schließlich nie, ob man die Sicherheit der Stadt irgendwann einmal verlassen muss und von wem oder was man dann angegriffen wird.
    Ich beschließe, meine Runde bis zum Haupttor zu machen, das in eine Mauer eingelassen ist und das Internatsgebäude vom Rest der Stadt trennt, dann werde ich wieder reingehen. Morgen will ich noch einmal mit Patience reden. Seit einiger Zeit ist es gar nicht mehr so einfach, mit ihr zurecht zu kommen. Damals, als ich bereits siebzehn und sie noch ein Kleinkind war, hatten wir keine Probleme. Und auch später, als sie zehn oder elf und ich immer noch älter war, hat sie auf mich gehört. Doch jetzt, wo uns nur noch ein Jahr trennt, fängt sie an, die Dinge zu hinterfragen und ich spüre, dass ihr dieser goldene Käfig zu eng wird.
    In Gedanken versunken trotte ich weiter. Geradewegs auf einen schmalen Weg zu, der in völliger Schwärze liegt. Ich runzle die Stirn, als Mali wieder mit ihrem kehligen Grollen beginnt. In diesem Teil des Parks sind alle Lampions ausgepustet worden. Kleine Rauchschwaden kringeln sich in die Luft.
    Es dauert einen Moment, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben und ich etwas schneller gehen kann. Ich lege meine Hand auf das Messer, das ich immer bei mir trage und schleiche weiter. Gerne hätte ich eine effektivere Waffe, doch Pistolen gibt es bei uns nicht mehr seit dem weltweiten Aufstand der Arbeiter vor dreißig Jahren. Seitdem sind die meisten Waffen verboten, doch es gibt immer wieder Menschen und Häscher, die trotzdem an welche herankommen. Ich muss mit einem einfachen Messer vorliebnehmen und selbst das habe ich mir hart erkämpfen müssen.
    Schritt für Schritt gehe ich weiter. Die Büsche werden dichter, der Pfad wird schmaler. Hinter einer Ansammlung hoher Schilfhalme befindet sich ein Teich mit riesigen Seerosenblättern darauf. Dahinter stehen einige Bänke, an den Bäumen hängen Schaukeln, die sich sanft im Wind bewegen. Auf einer dieser Gartenschaukeln sitzt eine Gestalt mit langem Haar. Sie hat den Kopf von mir abgewandt, zu ihren Füßen liegt ein kräftiger, grauer Hund.
    »Mali«, zische ich, aber zu spät. Meine Hündin ist bereits über die Teichbrücke gewetzt und kläfft den anderen Hund an. Dieser ist aufgestanden, hat die Lefzen gehoben und lenkt mich für einen Augenblick ab.
    Gerade noch rechtzeitig sehe ich den Pfeil auf mich zuschießen und werfe mich auf den Boden, bevor er hinter mir in den Stamm eines Baumes saust. Holz splittert und rieselt auf mich herunter. Ich krieche schnell ein Stück vorwärts und verstecke mich zwischen den Sträuchern. Auf der anderen Seite des Teiches höre ich Mali bellen, dann ein Winseln. Ich kann
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