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Die Zeitbestie

Titel: Die Zeitbestie
Autoren: Asher Neal
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etwas Ernsteres gegangen sein, als nur ein paar läppische Terrorschüler in der Landschaft zu verschmieren. Aber das ergab keinen Sinn. Warum war er hierhergekommen, zu ihr, und hatte dieses … Ding an ihr befestigt? Auf einmal hatte sie eine Idee.
    »Muse: äh, ich möchte … dass du dich von mir entfernst«, sagte sie.
    Warte auf den Lösungscode.
    Das brachte also nichts. »Schalte auf stumm«, sagte sie.
    Schalte bis zu weiteren Instruktionen auf stumm.
    Kopfschüttelnd stand Polly auf, ging in die Kochnische hinüber, suchte ein Glas und kehrte damit zum Sofa zurück, nachdem sie es bis zum Rand mit Metaxa gefüllt hatte. Als sie die Hälfte davon getrunken hatte, dachte sie an die Pflaster im Geheimfach an der Rückseite der Hüfttasche. Auf einer anderen Ebene wusste sie, dass nichts von diesem fortwährenden Drogenkonsum dabei half, über ihre Probleme nachzudenken – sie gab das Denken vielmehr gänzlich auf.
    Polly, es wird Zeit für Rock ‘n’ Roll.
    »Ich dachte, ich hätte dir gesagt, du solltest auf stumm schalten«, sagte sie verärgert. Dann wurde ihr klar, was sie gerade gehört hatte. »Nandru?«
    Yeah, dein dich ewig Liebender. Du hast doch nicht geglaubt, ich würde dich mit Hardware im Wert von 40 Riesen aufpeppen, nur damit du hübsch aussiehst? Diese Übermittlung ist völlig abhörsicher. Alles andere, und sie hätten mich in Sekunden genullt.
    »Wovon zum Teufel redest du, Nandru?«
    Innerhalb der nächsten Stunde werden dich einige echte Mistkerle besuchen. Siehst du, deine Muse gehörte vorher mir und ist verwanzt, und überzeugt davon, mir auf der Spur zu sein, werden sie dich finden. Eine Schande, dass ich das nicht auch mit dem Monster so machen kann, aber zumindest erhalte ich Gelegenheit, etwas Scheiße aufzuwischen.
    »Du hast das wegen Marjae gemacht«, behauptete Polly. Dann kippte sie den restlichen Brandy herunter, steckte die Zigarettenzutaten in die Hüfttasche und ging zur Tür – falls üble Gesellen sie finden würden, dann wollte sie lieber im Freien sein und sichtbar für jede Menge Zeugen.
    In diesem Punkt irrst du dich, mein kleiner Münzautomat. Du bist mein Lautsprecher und mein Lockvogel. Wenn sie dich gefunden haben, werden sie dich fragen, wo ich stecke und wo ich die beschissene Schuppe versteckt habe, die sie so dringend zurückhaben möchten. Du wirst ihnen die Wahrheit sagen und sie zu unserem alten Platz führen, und durch dich rede ich mit ihnen.
    Redete er da wieder verrückte Sachen? Schuppe? Sie war schon halb die Treppe hinunter, als sie ihn fragte: »Und was wird aus mir, wenn du ihnen gegeben hast, was sie möchten?«
    Mach dir keine Sorgen, du wirst überleben, falls du genau das tust, was ich sage. Im Grunde hast du auch kein großes Mitspracherecht in dieser Sache: Du kannst die Muse nicht entfernen, also wird man dich finden. Und falls du den Anweisungen nicht Folge leistest, bringt man dich weg und schält dir das Gehirn, bis nichts mehr übrig ist.
    Draußen im flammenden Licht des Nachmittags schirmte Polly die Augen ab und ging über die Straße zu der Kneipe, sobald sich eine Lücke im Strom der Wasserstoffautos auftat. Das Lokal stand im Ruf, ein bisschen retromäßig drauf zu sein. Darauf war auch die finstere Ausstrahlung vieler Gäste zurückzuführen, die mit ihren verspiegelten Sonnenbrillen und Wickelröcken im Freien saßen. Polly suchte sich einen Plastikstuhl, der unter einen der Tische draußen geschoben worden war und ihr deshalb nicht den Hintern verbrannte, als sie sich setzte. Sie bezog Stellung mit dem Rücken zum Tafelglasfenster und auf einem Platz, wo ihr andere Gäste etwas Deckung boten und sie trotzdem freie Sicht auf die Straße hatte. Kaum hatte sie sich gesetzt, da zeigte die Tischplatte auch schon ein durchlaufendes Display mit Bierflaschen und sonstigen Spirituosen. Sie tippte auf eine Flasche Stella, als diese unter ihrer Hand vorbeiwanderte, und anschließend auf den Rand des Displays, um es abzustellen. Der Tisch wechselte wieder zu seinem gewohnten Granitfinish.
    Die Kellnerin, die ihr das Bier brachte, musterte sie zweifelnd. »Wissen Sie, wir gestatten nicht …«, begann das Mädchen verlegen.
    »Ist schon okay«, sagte Polly und warf einen Fünf-Euro-Schein aufs Tablett. »Ich bin nur des Biers wegen hier.«
    Der erste Schluck war in der staubigen Hitze das reine Vergnügen. Auch der leichte Wind, der plötzlich einsetzte, war richtig nett. Polly legte den Kopf in den Nacken, um ihn zu genießen, und
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