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Die Zeitbestie

Titel: Die Zeitbestie
Autoren: Asher Neal
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wenn wir sie schließlich freigeben. Wir könnten auch temporale Verschiebungen zwischen den Ringen durchführen, aber das würde den Einsatzzeitraum um weniger als ein Hundertstel verkürzen und dazu über vier Fünftel des Erdnetz-Energieausstoßes verschlingen.«
    »Und der Einsatzzeitraum ist wie lange?«
    Carloon unterdrückte seinen Ärger: Maxell wusste das alles. Statt zu antworten, stellte er fest: »Die Sonde startet.«
    Beide wandten sich wieder der geostationären Plattform zu, wo die Treibstofftürme gerade zurückgefahren wurden, umgeben von einem Dunstschleier aus schwerem Wasser. Dann erhellte das grelle Licht der Fusionsmaschinen diesen Dunst, und die Sonde begann auf zwei Speeren aus weißen Flammen ihren Aufstieg zu den beiden Gestalten am Himmel. Hinter ihr glühten und flackerten die Konstruktionen auf der Plattform im Rückstoß. Das war ein Alles-oder-nichts-Unternehmen. Carloon stellte fest, dass er sich am ganzen Körper anspannte und der Mund trocken wurde, während die Sonde rasch beschleunigte. Innerhalb einer Minute war sie dicht heran; dann passierte sie in gespenstischer Lautlosigkeit mit 5.000 km/h den Verschiebungsring. Er verfolgte, wie sie weiter anstieg und in Richtung auf den zweiten Ring beschleunigte. Als sie fast schon unsichtbar war, gingen die Fusionsflammen aus.
    Nachdem Carloon einen Schluck aus dem Helmschlauch getrunken hatte, sagte er: »Sie beschleunigt jetzt nur noch mit Antigravitation.«
    »Wie lange bis zur ersten Verschiebung?«, wollte Maxell wissen.
    »Nur noch Minuten, aber wir werden nicht viel davon zu sehen bekommen.«
    »Und wie lange bis zum Zielort?«
    »Sechzehn Jahre bis Proxima Centauri. Aber bis wir endlich Ergebnisse erhalten …« Carloon zuckte die Achseln.
    Minuten später erreichte die Sonde den zweiten Verschiebungsring, tausend Kilometer weiter draußen. Der Raum verzerrte sich in dem Ring, und die Sonde verschwand einfach. Sofort tauchte sie im ersten Ring wieder auf und beschleunigte weiter – wobei die AG-Motoren gegen die Erdschwerkraft arbeiteten. Ein ums andere Mal absolvierte die Sonde diesen Zyklus und fütterten die Mikrowellensender in den Verschiebungsringen sie mit Energie, mit genug Energie, um eine solare Zivilisation auf Jahre hinaus zu versorgen. Endlich gab diese Zivilisation sie frei. Die Sonde nahm Kurs hinaus in die Dunkelheit, um eine Theorie über die Existenz von Leben auf der Erde zu bestätigen oder zu widerlegen.

Kapitel 2
    Astolere:
    Der Bodenangriff auf die Callisto-Anlage war ein Akt der Verzweiflung, und einer, für den die Umbrathan teuer bezahlt haben. Wir hingegen müssen erst noch die volle Höhe des Preises erfahren, den wir womöglich für den Gebrauch dieser jungen Technik zu entrichten haben werden. Wir wussten, dass der Vorstoß meines Bruders Saphothere in die Vergangenheit, den er mit Hilfe eines der Biokonstrukte unternahm, selbst schon zu unvorhergesehenen Konsequenzen führen würde. Wir wussten, dass es alles nur schlimmer machen würde, wenn er eine Atomwaffe mitnahm, um sie an der Stelle zu platzieren, wo die Angriffsstreitmacht auftauchen würde. Achttausend Soldaten kamen in der Gluthölle ums Leben – und was wurde aus uns anderen? Wir verfügen jetzt über alle Erinnerungen an zwei parallele Ereignisse, obwohl wir in einer Zukunft leben, die auf nur einem dieser Ereignisse basiert. Und wir alle wissen jetzt, dass eine derartige Manipulation von Ereignissen, die uns auf der Zeitachse so nahe liegen, uns von der Hauptlinie geschoben hat und wir einen Schritt näher an der Vernichtung stehen.
    Tack war von Natur aus unmoralisch. Er war im Hinblick auf eine unmoralische Haltung gezüchtet und ausgebildet worden. Er kannte die Regeln, kannte sie alle, und er verstand sich darauf, sie mit einer Gründlichkeit zu brechen, die erschreckend war. Die Regel, die er am wirkungsvollsten brechen konnte, lautete ›du sollst nicht töten‹ oder irgendeine rechtschinesische Variante von ihr.
    Tack hatte weder Mutter noch Vater im üblichen Sinn. Man hatte ihn aus dem Gewebe eines besonders tüchtigen CIA-Killers geklont und im Labor herangezüchtet, zweihundert Jahre, nachdem besagter Killer im Verbrennungsofen eines Krematoriums gelandet war, ohne dabei den Vorteil zu genießen, schon tot zu sein. Genmaterial hatte man dem verbrannten Killer schon Jahre zuvor entnommen, im Rahmen eines der hochgeheimen und verrückten Projekte jener Zeit. Tacks beschleunigte Erziehung bestand tagsüber aus einem
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