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Die Zauberer 01 - Die Zauberer

Die Zauberer 01 - Die Zauberer

Titel: Die Zauberer 01 - Die Zauberer
Autoren: Michael Peinkofer
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und an diesem Morgen stand er der Verwirklichung dieses Traumes näher denn je zuvor in seinem noch jungen Leben. Der Elfenfürst blinzelte. Leiser Wind zupfte ein Lindenblatt vom Baum und wehte es geradewegs auf seine Schulter. Ein weiteres gutes Zeichen. Das Schicksal war ihm gewogen. Es hieß seinen Aufbruch gut und wollte ihn segnen.
    Zugleich war es ein Abschiedsgruß.
    Wie lange, fragte sich Aldur wehmütig, würde es dauern, bis er wieder einen Lindenbaum zu sehen bekam? Oder bis er wieder den wärmenden Schein der Sonne in seinem Gesicht spüren durfte? In Shakara, so hieß es, gab es nur den kalten Schein der Kristalle, der die Flure und Gänge der Ordensburg erhellte. »Sohn«, erklang plötzlich eine sanfte Stimme und holte ihn zurück aus seinen Gedanken.
    Aldur blickte auf.
    Er war so in sich selbst versunken gewesen, dass er vergessen hatte, dass er am Boden kniete, das Haupt gesenkt, und dass er keineswegs allein war. Zahlreiche Gestalten hatten sich in einem weiten Kreis um ihn versammelt, die die bunten Gewänder des anry- than trugen. Sie erwiesen ihm die Ehre, ihn zu verabschieden.
    »Nahad«, erwiderte er leise.
    Vor ihm stand Alduran, der zugleich sein Vater war und sein Lehrmeister. Von dem Augenblick an, da offenbar geworden war, dass das Schicksal Aldur mit einer Gabe bedacht hatte, war der junge Elf den magischen Pfaden gefolgt. Er war Aldurans Schüler gewesen und von diesem in der Zauberkunst unterwiesen worden. Er hatte die ersten Prüfungen abgelegt und sich seiner Gabe als würdig erwiesen. Nun sollte er den letzten Schritt tun, die letzte Etappe der Reise antreten, an deren Ende er jene Ehren erlangen würde, die auch schon seinem Vater zuteilgeworden waren.
    »Die Stunde des Abschieds ist gekommen«, sagte Alduran, dessen blassen, von blondem Haar umwehten Zügen die vielen Jahre, die er schon lebte, nicht anzumerken waren, denn alle Mitglieder des Elfenvolkes hörten zu altern auf, sobald sie das Erwachsenenalter erreicht hatten; dass manche Elfen älter aussahen als andere, hing mit ihrem Seelenleben zusammen und mit dem Grad ihrer inneren Reife. Faktisch jedoch waren sie vom Tage ihrer Volljährigkeit an anmarwa, was bedeutete, dass ihre Existenz in der sterblichen Welt nicht enden würde - es sei denn, sie fanden ein gewaltsames Ende oder entschlossen sich, der Welt zu entsagen und nach den Fernen Gestaden zu reisen, dem Ursprung und dem Ziel allen elfischen Strebens.
    Aber so weit war Alduran noch lange nicht...
    Aldur schluckte, als er seinen Vater vor sich stehen sah, den silbernen Reif in Händen, mit dem er seinen Sohn krönen und damit seine Volljährigkeit für alle erkennbar machen würde. Aldurs Gestalt straffte sich. Wie oft in den letzten Jahren hatte er diesen Augenblick herbeigesehnt, wie hart dafür gearbeitet - und nun, da er gekommen war, wünschte er sich fast, er wäre noch nicht gekommen. Er wollte sein Heim verlassen, wollte hinausziehen in die Fremde, um Ruhm und Ehre zu erwerben und das Erbe seines Vaters anzutreten - aber zugleich gab es auch etwas in ihm, das sich bereits zurücksehnte in die Geborgenheit jener Wände, die ihm während der vergangenen knapp zwei Jahrzehnte Schutz und Zuflucht gewesen waren, Heimat und Trost.
    Aldur hatte seine Mutter nie kennengelernt. Unmittelbar nach seiner Geburt hatte sie Erdwelt verlassen und sich zu den Fernen Gestaden begeben. Sein Vater jedoch war geblieben und der beste Lehrherr gewesen, den sich ein Junge, dem reghas zuteilgeworden war, nur wünschen konnte. Niemals hatte es Alduran an Aufmerksamkeit oder Härte fehlen lassen, sodass aus dem Halbwüchsigen mit der außergewöhnlichen Begabung ein junger Mann geworden war, der seine Fähigkeit wohl zu gebrauchen wusste. Sie sinnvoll einzusetzen und mit den Gaben anderer Magier zu vereinen, war das nächste Ziel, aber dies konnte nicht innerhalb des väterlichen Horts erreicht werden, sondern nur an einem weit entfernten Ort, der jenseits des Großen Gebirges lag und umgeben war von der eisigen Kälte des yngaia.
    Die Ordensburg von Shakara ...
    Dort, im spirituellen Zentrum des Elfenreichs, in der geistigen Heimat aller Zauberer, würde er seinen Weg zu Ende gehen. Aldur hatte immer gewusst, dass dieser Tag kommen würde.
    »Sohn«, sagte Alduran noch einmal, und seine Stimme bebte dabei wie das Laub im Wind, »wie viele Väter wie mich gibt es auf dieser Welt? Wie viele, die sich rühmen dürfen, einen Sohn wie dich zu haben? Wie viele, denen das Glück
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