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Die Zauberer 01 - Die Zauberer

Die Zauberer 01 - Die Zauberer

Titel: Die Zauberer 01 - Die Zauberer
Autoren: Michael Peinkofer
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widerfährt, die Welt durch die Augen ihres Kindes zu sehen und auf diese Weise noch einmal zu erleben, was ihnen selbst vor langer Zeit zuteilwurde? Nie zuvor war ich stolzer als in diesem Augenblick.« »Danke, nahad«, erwiderte Aldur und senkte wieder den Blick. »Ihr wählt Worte, die ich nicht verdiene. Ich habe nur stets versucht, Euch ein guter Schüler zu sein.«
    »Du bist weit mehr als das gewesen, Aldur. In mancher Weise sehe ich mich in dir, und ich erinnere mich, wie ich selbst einst an dieser Stelle kniete, um aus den Händen meines Vaters die Krone der Volljährigkeit zu empfangen. Auch ich war begierig darauf zu erfahren, was sich jenseits dieses Hains befindet, und zugleich voller Furcht vor dem, was mich erwartete. Und ich hatte auch allen Grund dazu. Denn ich verfügte nicht annähernd über deine Kräfte, Sohn, und meine Gabe, die sich darauf beschränkt, das Grün der Bäume und Gräser wachsen zu lassen, lässt sich mit der deinen nicht vergleichen. Ich habe es dir schon einmal gesagt, und ich sage es dir wieder: Du, Aldur, könntest dereinst der größte und mächtigste aller Magier Erdwelts werden!«
    Die Versammelten spendeten Beifall, indem sie die Handflächen gegeneinander rieben. Es klang wie das Rauschen des Waldes und mischte sich unter das Rascheln des Windes in den Bäumen.
    »Wisse«, fuhr Alduran fort, »dass ich nie zuvor in meinem Leben einen strahlenderen Jüngling erblickte. Nie zuvor hatte ich einen Schüler, der meinen Lehren so gehorsam folgte und der auch nur annähernd so begabt war im Umgang mit den Kräften, die ihm die Vorsehung schenkte. Auf Schultern wie den deinen ruhen in diesen unruhigen Zeiten die Hoffnungen unseres Volks.«
    Erneut bekundeten die Anwesenden ihr Wohlwollen und ihre Zustimmung, indem sie die Handflächen aneinander rieben. Auf ein Zeichen Aldurans hin setzte der Beifall schlagartig aus, und ein Augenblick der Stille trat ein. Selbst der Wind schien den Atem anzuhalten. Aldur wusste, dass der bedeutsame Moment gekommen war. Er schloss die Augen - dann spürte er das kühle Silber der Krone auf seiner Stirn.
    »Erhebe dich, Sohn«, sagte Alduran, »als vollwertiges Mitglied deines Volkes, um deinen Platz in der Geschichte Erdwelts einzunehmen.«
    Aldur stand auf. Erst dann öffnete er die Augen und blickte in das Gesicht seines Vaters, das vor Stolz strahlte. Aldur erwiderte das Lächeln, wenn auch nicht aus innerer Freude, sondern aus Pflichtgefühl und Gehorsam. Er wandte sich den Anwesenden zu, um ihren Beifall und ihre Glückwünsche entgegenzunehmen, und in diesem Moment war ihm, als wandte er nicht nur seinem Vater den Rücken zu, sondern auch dem Leben, das er bislang geführt hatte, fernab vom Weltgeschehen und umgeben vom Immergrün der Bäume. Sein Leben, so schien es ihm plötzlich, hatte gerade erst begonnen, und eine ganze Welt wartete darauf, von ihm erobert zu werden.
    »Aldur«, sagte sein Vater, nachdem der Applaus auf der Lichtung verklungen war, »vergiss niemals, wer du bist. In deinen Adern fließt das Blut von Königen - erweise dich dessen würdig.«
    »Das werde ich, nahad«, versprach Aldur.
    »So wirst du Aldurans Hain nun verlassen und dich auf den Weg nach Norden begeben. Meine Diener werden dich nach Shakara begleiten, danach jedoch wirst du auf dich allein gestellt sein.«
    »Ich weiß, nahad.«
    »Nur drei Dinge nimm mit dir: dieses Empfehlungsschreiben, das ich aufgesetzt habe und mit dem ich meinen besten Schüler der Obhut des Ordensmeisters Semias empfehle« - er überreichte Aldur einen schmalen Köcher aus Leder, der das Schriftstück enthielt - »sowie die Gabe, die dir verliehen wurde. Gebrauche sie weise, zum Ruhm deines Geschlechts und zum Wohle ganz Erdwelts. Willst du das schwören?«
    »Ich schwöre es, nahad«, erwiderte Aldur ohne Zögern, dessen Gedanken den Ereignissen bereits vorauseilten. In seiner Vorstellung hatte er den väterlichen Hort bereits verlassen und den Schutz der Wälder, hatte die Straße nach Norden eingeschlagen, wo sein Schicksal auf ihn wartete. Ein innerer Drang, wie er ihn nie zuvor verspürt hatte, erfüllte ihn mit einem Mal, und er wollte nur noch fort, das Blütentor durchreiten und die Enge des Hains hinter sich lassen, um großen Abenteuern und Taten entgegenzueilen.
    Entsprechend steif stand er da, als Alduran ihn umarmte und ihn zunächst auf die Wangen, dann auf die gekrönte Stirn küsste. Noch einmal applaudierten die Gäste. Ihre Reihen teilten sich, und der Zug der
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