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Die Zaehmung

Titel: Die Zaehmung
Autoren: Jude Deveraux
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sie weniger romantisch und mehr realistisch an sein Vorhaben dachte, wurde ihr angst und bang. Wenn er nun dabei ertappt wurde? Oliver Howard würde Rogan auf der Stelle töten. Sie setzte sich aufs Bett, die Hände fest ineinander verschränkt, und die Angst, die nun durch ihren Körper zu kreisen begann, machte alle ihre Glieder steif.
    Als die Sonne am Horizont zu versinken begann, setzte sich die Angst in ihren Knochen fest, bis sie das Gefühl hatte, sie würde sich selbst aus der Entfernung betrachten. Langsam erhob sie sich vom Bett und zog das seidene Gewand aus, das Jeanne ihr geliehen hatte, und legte dafür die Bauernkleider an, die sie getragen hatte, als Oliver Howard sie gefangennahm. Dann zog sie sich den Seidenmantel über die Bauernkleider wieder an und setzte sich erneut aufs Bett, um zu warten.
    Alle Muskeln in ihrem Körper waren angespannt, während sie still dasaß und zur Tür blickte. Sie hörte, wie es draußen auf den Burghöfen still wurde, als die Arbeiter ihre Werkzeuge weglegten und sich zu Bett begaben. Eine Dienerin brachte ihr Abendessen auf einem Tablett und zündete eine Kerze an; aber Liana rührte das Essen nicht an. Sie wartete statt dessen auf die Dunkelheit, die Rogan zu ihr bringen mußte.
    So gegen Mitternacht öffnete sich, sehr langsam, ihre Zimmertür, und Liana stand mit geweiteten Augen vom Bett auf.
    Jeanne kam ins Zimmer, den Blick aufs Bett gerichtet. Sie erschrak, als sie Liana im Zimmer stehen sah. »Ich dachte, Ihr würdet schon schlafen.«
    »Was ist passiert?« fragte Liana im Flüsterton.
    »Ich weiß nicht. Oliver ist sehr zornig und hat den ganzen Abend hindurch getrunken. Ich hörte zufällig . . .« Sie blickte Liana an. Sie wollte ihr nicht sagen, was sie zufällig gehört hatte.
    In allen Belangen — bis auf einen — war ihr Gatte ein vernünftiger Mann; doch sobald es um die Peregrines ging, verlor er alles Gefühl für Proportionen, Schicklichkeit und Ehre. Heute hatte sie zufällig gehört, wie Oliver sagte, er beabsichtigte, Liana zu töten und Rogan ihre Leiche zuzustellen. »Ihr müßt mit mir kommen«, sagte Jeanne. »Ich muß euch verstecken.«
    »Ich kann nicht«, erwiderte Liana. »Ich muß hier warten auf . . .«
    »Warten auf was?« fragte Jeanne. »Oder wartet Ihr gar auf jemanden?«
    »Auf niemanden«, erwiderte Liana rasch. »Niemand weiß doch, daß ich hier bin, oder? Wie könnte ich da auf jemanden warten. Ich habe hier nur so dagesessen, das ist alles.« Dann schloß sie wieder den Mund. Sie konnte
    Jeanne unmöglich sagen, daß Rogan sie hier abholen wollte. Jeanne würde diese Auskunft an Oliver weitergeben.
    Aber wenn sie in ein anderes Zimmer umzog — würde Rogan sie dann wiederfinden? »Dieses Zimmer ist so bequem«, sagte Liana. »Ich möcht lieber hierbleiben, statt es gegen ein anderes zu vertauschen. Ich glaube nicht, daß ich jetzt einen kalten Raum ertragen könnte.«
    »Es ist jetzt nicht der richtige Moment, an Bequemlichkeit zu denken. Ich mache mir Sorgen um Eure Leben. Wenn Ihr Euch und Euer Baby retten wollt, müßt Ihr sofort mit mir kommen.«
    Liana wußte, daß sie keine andere Wahl hatte. Schweren Herzens folgte sie Jeanne die vom Fackellicht beleuchteten Stufen hinunter. Sie folgte ihr aus dem Turm, über einen Innenhof und dann eine steile steinerne Treppe in einen Keller hinunter, der sich unter einem der Tortürme befand. Hier standen mächtige, mit Getreide gefüllte Säcke, an manchen Stellen fast bis an die Decke hinauf gestapelt. Es war ein dunkler, muffig riechender und feuchtkalter Ort, und das einzige Fenster in diesem Gewölb4e war ein Mauerschlitz für Pfeilschützen an der Decke.
    »Es kann doch nicht Euer Ernst sein, daß ich in diesem Keller bleiben soll.«
    »Es ist der einzige Ort, wo man Euch nicht suchen wird. Das hier gelagerte Getreide wird erst im nächsten Frühjahr benötigt; also kommt auch niemand in diesen Keller. Ich habe hier Wolldecken für Euch bereitgelegt und einen Nachttopf in eine Ecke gestellt.«
    »Wer wird ihn ausleeren?« fragte Liana. »Der alte Mann, der mein Zimmer säuberte, scheint so verblödet zu sein, daß ich vor ihm nichts zu befürchten habe.«
    »Diesmal ist die Gefahr zu groß. Ich werde morgen abend selbst kommen. Ich traue keinem außer mir
    selbst.« Jeanne fürchtete, daß Oliver eine Belohnung aussetzen würde, sobald er erfuhr, daß Liana nicht mehr in ihrem Zimmer eingesperrt war, und in diesem Fall würde wohl jeder Lianas Versteck dem Burgherrn
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